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Eine Abstimmung – Viel KritikDas neue Urheberrecht für die EU kommt

von Michaela Reith und Steffen Grimberg

29. März 2019, 11:49 Uhr

Die EU-Abgeordneten stimmten trotz zahlreicher Proteste und öffentlicher Kritik der Urheberrechtsreform zu. 348 Abgeordnete stimmten am Dienstag mit Ja, 274 votierten dagegen. Die ersten Reaktionen auf die Verabschiedung kamen prompt.

Erste Reaktionen

Markus Beckedahl ist Chefredakteur des Nachrichtenblogs netzpolitik.org. Er kritisiert, dass Urheber aus eher traditionellen Branchen wie Musik-, Zeitungs-, Zeitschriftenverlagen und dem Buchhandel gegen "viele neue professionelle Urheber" wie Youtuber mit der EU-Richtlinie ausgespielt werden. "Die Reform des EU-Urheberrechts bietet falsche Antworten für eine veränderte digitale Welt", findet Beckedahl.

Tabea Rößner, Mitglied des Bundestages für Bündnis 90/Die Grünen und Sprecherin für netzpolitik.org, befürchtet, dass die EU-Richtlinie bei kleineren Plattformen für Rechtsunsicherheit sorge. "Plattformen werden eher rigoros löschen, bevor sie das Risiko eines Gerichtsprozesses auf sich nehmen", so Rößner. Bei größeren Anbietern sieht sie aufgrund der Marktmacht jedoch keine Probleme. Sie vermutet, dass diese Filtertechnologien als neues Geschäftsmodell nutzen.

Die Piratenpartei spricht sogar vom "Ende des freien Internets". Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl, Patrick Breyer, sagt: "Heute wurde ein Stück unserer digitalen Meinungsfreiheit zum Profit der Contentindustrie verkauft."

Auch im Netz wird die EU-Richtlinie heftig kritisiert. Der Youtuber LeFloid hatte die Reform und ihre Befürworter mehrfach öffentlich angezweifelt. Er konstatiert auf Twitter: "Gut gekämpft Freunde. Das ist ein Tritt ins Gesicht unserer Grundrechte." Video-Blogger Felix von der Laden tweetete kurz nach der Verabschiedung der Reform: "Die Freiheit hat verloren. Aber am 26. Mai sind Europawahlen und wir werden nicht vergessen, wer für #Artikel13 abgestimmt hat. Geht wählen!" Beide Webvideoproduzenten haben je eine Fangemeinde von über drei Millionen Abonnenten.

Doch die Stimmen zur neuen EU-Richtlinie sind auch positiv. Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) begrüßen die Entscheidung des Europäischen Parlaments als "wichtige Voraussetzung für die Zukunft des freien und unabhängigen Journalismus in der digitalen Ära". Auch der Musikrechteverwerter Gema ist zufrieden. "Die neue Richtlinie stärkt und schützt die Kreativschaffenden in vielen Bereichen", so Harald Heker, Vorsitzender der Gema. Musiker, Schriftsteller und Co. hatten sich vorab mit der #Yes2Copyright-Kampagne zu einer Stärkung der Urheberrechte bekannt.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hingegen sieht die Abstimmung gespalten. Zwar sei die Reform überfällig, jedoch bedaure sie sehr, dass "das Europäische Parlament sich heute nicht gegen Uploadfilter positioniert hat. Sie sind der falsche Weg".

Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU) sieht in der EU-Urheberrechtsreform hingegen einen "hart erkämpften und echten Erfolg" und führt als Argument an, dass Kreativschaffende so besser bezahlt werden können. "Große Plattformen leben zu einem erheblichen Teil von der kreativen Leistung und vom geistigen Eigentum ihrer Schöpfer und erzielen hohe Umsätze durch Werbung damit." Sie müssten deshalb stärker in die Verantwortung genommen werden, so Grütters.

(K)Ein knappes Ergebnis

Bei 348 Ja- gegen 274 Nein-Stimmen und 36 Enthaltungen lagen Befürworter und Kritiker der Urheberrechtsreform nah beieinander. Deutlich knapper war davor die Abstimmung ausgefallen, ob noch Änderungen bei einzelnen Artikeln der neuen EU-Richtlinie zugelassen werden sollten. Besonders umstritten waren dabei zwei Artikel: Artikel 11 legt die Einführung eines europaweiten Leistungsschutzrechts fest. Es soll dafür sorgen, dass Online-Plattformen wie Google für die Verwendung von bereits veröffentlichten Online-Artikeln zahlen müssen. Artikel 13, der in der aktuellen Version der Richtlinie mittlerweile Artikel 17 heißt, schreibt allen Plattformanbietern  vor, dass sie von sich aus Urheberrechtsverletzungen verhindern und daher alle – auch von Nutzerinnen und Nutzern - hochgeladenen Inhalte überprüfen müssen. Hier fürchten Kritiker künftig einen weitreichenden Einsatz so genannter Uploadfilter, auch wenn das Wort selbst im Text der Richtlinie gar nicht auftaucht.

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