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Freie Mitarbeiter im öffentlich-rechtlichen RundfunkKongress der freien Mitarbeiter von ARD und ZDF startet in Leipzig

von Steffen Grimberg

26. März 2019, 10:07 Uhr

Bereits zum vierten Mal treffen sich die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ARD und des ZDF – 2019 beim MDR in Leipzig. Auf dem Programm ihres Kongresses am 5. und 6. April stehen Themen wie "Sparen bei den Freien? – ARD-Finanzierung und Strukturreform 2021-2024" und die Frage nach der Wertschätzung für die Arbeit der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Anstalten.

Dazu kommen praktische Themen wie Unterstützung und Rückendeckung bei Recherchen, die Umwandlung von freien in feste Arbeitsverhältnisse und zurück sowie Fragen zur Altersversorgung. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gibt sich die Ehre, MDR-Intendantin Karola Wille wird die Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen und später wird MDR-Verwaltungsdirektor Ralf Ludwig mit ihnen diskutieren.

Freienvertretung steht im rbb-Staatsvertrag

Der Kongress wird von den Freienvertretungen der ARD-Landesrundfunkanstalten organisiert. Allerdings gibt es noch nicht in allen Häusern solche Vertretungen - und ihre Spielräume sind von Anstalt zu Anstalt unterschiedlich groß. Beim MDR und beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) gibt es besonders aktive Freienvertretungen. Beim rbb ist die Freienvertretung sogar im rbb-Staatsvertrag geregelt und verfügt über Freistellungen und ein Sekretariat. Trotzdem haben die Freienvertretungen nicht den gleichen Stellenwert wie die Personalräte für die festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sendern. Im Anschluss an den Kongress will sich daher der ARD-Freienrat in Leipzig treffen, um hier das weitere Vorgehen zu beraten.

Fast die Hälfte arbeitet frei

Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spielen bei allen Medien eine wichtige Rolle. Von etwa 42.000 Beschäftigten bei ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutscher Welle machen sie mit 19.000 fast die Hälfte aus. Die ARD betont auf MEDIEN360G-Anfrage, wie wichtig freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Sender sind. Daher sei "der Status der freien Mitarbeiter nirgendwo so gut geregelt wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk". Für alle arbeitnehmerähnlichen Freien gebe es tarifvertragliche Regelungen zur Honorierung und oft auch zum Bestandsschutz.

ARD-Specher: Freie sind umfassend abgesichert

"Zum Vergleich kann man die Situation in vielen Zeitungsverlagen heranziehen: Hier sind viele gar nicht erst tarifgebunden", sagt ein ARD-Sprecher. "Die Absicherung der Freien beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk hingegen ist im Branchenvergleich der Medienwirtschaft sehr gut. Das gilt für das Einkommensniveau genauso wie für die Beschäftigungssicherheit." Mit der Pensionskasse Rundfunk sowie dem Versorgungswerk der Presse wurden zudem Instrumente geschaffen, um freie Mitarbeiter auch für das Alter abzusichern. Die Anstalten zahlen hier jeweils vier bis sieben Prozent der Honorarsumme als Zuschüsse in die jeweilige Kasse ein, sofern sich die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort vertraglich absichern. Die so genannten arbeitnehmerähnlichen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen Sonderstatus und werden auch "feste Freie" genannt. Was sich zunächst nach einem Widerspruch anhört, ist sogar durch ein Verfassungsgerichtsurteil aus dem Jahr 1982  festgeschrieben.

Garanten der Programmvielfalt

Darin heißt es: "Die Rundfunkanstalten sehen in dem Institut der freien Mitarbeit eine Grundvoraussetzung der Bewältigung ihrer Aufgabe, Programmvielfalt und umfassende Information zu bieten und die Programme zugleich auf möglichst hohem Niveau zu halten. Die Heranziehung freier Mitarbeiter ermögliche es, in den Rundfunksendungen ein wesentlich größeres Feld politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Lebens, des Sports oder der Unterhaltung darzustellen, als ein gleichbleibender und fester Stamm von Mitarbeitern dies vermöchte. Sie ermögliche es ferner, wechselnden Bedürfnissen gerecht zu werden. Sie biete den Anstalten zugleich die Chance, auf ein größeres Potential an Phantasie, Einfallsreichtum, Fachkunde und Fähigkeiten zurückzugreifen und damit qualitativ bessere Programme anzubieten. Wird davon ausgegangen, dann setzt dies ein nicht unerhebliches Maß an Flexibilität und Fluktuation im Personalbereich voraus: Die Anstalten können sich nicht auf Dauer an jeden Mitarbeiter binden."

Sonderform "feste freie" Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine gewisse Absicherung zu bieten, die zwar einerseits "frei" arbeiten, dies aber regelmäßig für eine bestimmte Redaktion oder einen bestimmten Sender tun, gibt es die Sonderform der "festen Freien". Wer beispielsweise beim MDR mehr als 72 Tage im Jahr so beschäftigt ist, muss sich nicht selber um seine Steuern und Sozialversicherung kümmern - Einkommenssteuern und Beiträge zu Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung usw. werden wie bei Festangestellten vom Sender abgeführt. Außerdem gibt es einen gewissen Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die konkrete Ausgestaltung des Status der festen Freien ist aber von öffentlich-rechtlicher Anstalt zu öffentlich-rechtlicher Anstalt höchst unterschiedlich. Eines ist bei allen gleich: Feste Freie genießen keinen vergleichbaren Kündigungsschutz wie Festangestellte. Nach Angaben der ARD-Freienvertretungen gibt es aktuell mehr als 13.000 solcher arbeitnehmerähnlich beschäftigen festen Freien, deren Honorare auch in entsprechenden Tarifverträgen geregelt sind.

Besser als im privaten Rundfunk

Generell geht es den freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk deutlich besser als beispielsweise ihren Kolleginnen und Kollegen bei den privaten Medien. Auch im privaten Rundfunk genießen freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht dieselbe Absicherung wie bei ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutscher Welle.

Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung ist nicht repräsentativ

Viele Freie sehen sich trotzdem als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zweiter Klasse. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls eine Studie der Bundestagsfraktion Die Linke und der ihr nahestehenden Rosa-Luxemburg-Stiftung. Diese Untersuchung ist allerdings nicht repräsentativ, vielmehr basieren ihre Zahlen auf freiwilligen und zufälligen Meldungen freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dadurch sind beispielsweise einzelne ARD-Anstalten wie der MDR und der rbb deutlich überrepräsentiert, da sich aus ihren Kreisen deutlich mehr freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt haben als aus anderen Anstalten.

Freie fühlen sich trotzdem benachteiligt

Laut Studie fühlen sich 94 Prozent der Teilnehmer gegenüber Festangestellten benachteiligt. 70 Prozent der Befragten würden lieber fest für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeiten. Zwei von drei Freien, behauptet die Studie, erhalten für die gleiche Arbeit weniger Geld als ihre festangestellten Kolleginnen und Kollegen. Die Studie bemängelt außerdem, dass es über die "ganz freien"  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die keinen "fest-freien" Status genießen, bei den Anstalten keine aussagekräftigen Zahlen gibt.

Allerdings muss man dabei berücksichtigen, dass es ganz unterschiedliche Gruppen von freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Einige der Spitzenverdiener bei ARD und ZDF sind freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zum Beispiel Moderatorinnen und Moderatoren oder Sportexpertinnen und -experten.

Einkommen der Freien liegt über dem Bundes-Durchschnitt

Wie die Studie selbst zugibt, liegen die Durchschnittsverdienste gar nicht so schlecht: Mit 3.913 Euro übersteigt das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen der freiberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von in Vollzeit beschäftigten festangestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland – 2017 waren das 3.771 Euro – um 142 Euro im Monat. Damit liegen sie sogar über dem Einstiegsgehalt für Redakteurinnen und Redakteure, das im ARD-Durchschnitt lediglich 3.598 Euro beträgt.

Unterschiede bei der Bezahlung zwischen den Anstalten bei Festen und Freien

Laut Studie bestehen allerdings große Unterschiede in den Beschäftigungs- und Vergütungsbedingungen für freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zwischen den einzelnen Rundfunkanstalten. Deutschlandweit gäbe es derzeit über 30 Tarifverträge und über zwölf Honorarrahmen-Verträge. Dies ist im historisch gewachsenen, föderalen System der öffentlich-rechtlichen Anstalten aber nichts Ungewöhnliches. Ähnliche Unterschiede zwischen den Sendern gibt es auch bei den Festangestellten.