ARD-Themenwoche: Gerechtigkeit It’s a man’s world

Dass Frauen oft weniger als Männer verdienen, ist ein alter Hut. In vielen Staaten sollen Gesetze dafür sorgen, dass sich diese geschlechtsspezifische Lohn-Lücke, der „Gender Pay Gap“, schließt. Hauptmittel für mehr Durchblick: Transparenz. Deshalb startet MEDIEN360G in der ARD-Themenwoche Gerechtigkeit eine Abfrage bei den relevanten deutschen Medienunternehmen, wie es dort um den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ bestellt ist – natürlich inklusive ARD, ZDF und Deutschlandradio.

Zwei Säulen: Auf der höheren sitzt eine Mann und schaut auf eine Frau, die auf der niedrigeren Säule steht. Dazwischen klafft eine Lücke.
Bildrechte: MEDIEN360G

In Deutschland gibt es immerhin das so genannte Entgelttransparenzgesetz. Danach haben Angestellte seit Anfang 2018 das Recht, bei ihrem Arbeitgeber Auskunft zu verlangen, ob sie für ihre Arbeit auch das gleiche Gehalt bekommen, wie die jeweils anderen Geschlechter.

Das Gesetz gilt natürlich auch für Medienunternehmen. Doch bei denen, berichtet das Branchenmagazin „Der Journalist“, hat sich noch nicht viel geregt: Laut „Journalist“, der auch Mitgliedsmagazin des Deutschen Journalistenverbands DJV ist,  hat es bei den großen Sendern und Verlagen in Deutschland erst wenige Anfragen von MitarbeiterInnen gegeben.

Transparenz the British way

In Großbritannien sieht das anders aus. Denn dort müssen sich die Beschäftigten nicht selbst um Auskunft bemühen und damit unter Umständen unbeliebt machen. Im Vereinigten Königreich verpflichtet schon seit 2017 ein Gesetz alle Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten, den Gender Pay Gap anzugeben – auch der „Royal Household“ der Queen ist davon nicht ausgenommen. Geliefert werden müssen dabei Angaben auf der Grundlage des Stundenlohns. Wer keine oder unrichtige Zahlen liefert, kann zur Kasse gebeten werden. Somit liegen für Großbritannien auch die Zahlen für alle größeren Medienunternehmen vor.

Erhoben wurden die Abweichungen in zwei Varianten: Bei der Berechnung des ersten Kennwerts wurde der einfache Durchschnitt erhoben, wobei die Löhne nach Geschlechtern durch die jeweilige Zahl der MitarbeiterInnen geteilt wurde. Der zweite Kennwert vergleicht den so genannten Median. Hierbei werden alle Löhne vom niedrigsten bis zum höchsten Gehalt in eine Reihe gesetzt und jeweils der genau in der Mitte (= Median) liegende Wert miteinander verglichen.

Angaben der Medienunternehmen

Bei den wichtigen TV-Sendern liegt interessanterweise das Pay-TV-Unternehmen Sky vorn – hier verdienen Frauen „nur“ jeweils 5,2 Prozent (reiner Stundenlohn-Durchschnitt) bzw. 8 Prozent (Median) weniger als ihre männlichen Kollegen – das entspricht in etwa dem nationalen Durchschnitt in Großbritannien (4,7% bzw. Medien 10,6%). Bei allen anderen Medienunternehmen sind die Abweichungen zum Teil deutlich höher. So liegt die gebührenfinanzierte BBC bei 10,7 Prozent (reiner Stundenlohn-Durchschnitt) bzw. 8 Prozent (Median), der größte kommerzielle Senderverbund ITV bei 18 Prozent (reiner Stundenlohn-Durchschnitt) bzw. knapp 11 Prozent (Median) und der für seine kreativ-innovativen Ansätze bekannte werbefinanzierte Channel 4 sogar bei knapp 29 Prozent (reiner Stundenlohn-Durchschnitt) bzw. 24 Prozent (Median).

Bei den britischen Zeitungsverlagen ergibt sich ein sogar noch mäßigeres Bild. Die linksliberale Guardian Media Group (Guardian, Observer, Lokalzeitungen) meldet Werte knapp über 10 Prozent (11,3% bzw. 12,1 % Median), bei den Blätter der News UK-Gruppe des Medienmoguls Rupert Murdoch (Times, Sunday Times, Sun) verdienen Frauen 25 Prozent (reiner Stundenlohn-Durchschnitt) bzw. 20 Prozent (Median) weniger als ihre männlichen Kollegen, beim konservativen Daily Telegraph sind es sogar 35 Prozent (reiner Stundenlohn-Durchschnitt) bzw. 23 Prozent (Median).

Grafik - Gender Pay Gap
Bildrechte: MDR/MEDIEN360G
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Lückenvergleich im Königshaus

Bei der Queen und ihren AngestelltInnen gibt es übrigens einen ganz interessanten Gender Pay Gap: Auf den reinen Stundenlohn bezogen, verdienen hier Frauen gut 12 Prozent weniger als Männer. Der Median-Wert weist dagegen ein Plus von 8 Prozent  im Vergleich zu den männlichen Beschäftigten aus. Vielleicht hat man hier die Apanage der Queen einfach mitgezählt…

Abfrage Deutscher Medienunternehmen

Für Deutschland liegen bislang kaum derartige Vergleichszahlen aus dem Medienbereich vor. Das sollte sich ändern. Deshalb wird MEDIEN360G in den nächsten Wochen bei den relevanten deutschen Medienunternehmen – natürlich inklusive ARD, ZDF und Deutschlandradio – Anfragen und um Angaben nach dem britischen Modell bitten. Über die Rückmeldungen der deutschen Medienunternehmen wird MEDIEN360G natürlich hier berichten.