Interview mit Maria Furtwängler "Wir wollen einem dumpfen Bauchgefühl Fakten entgegensetzen."
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Die Schauspielerin und Mitbegründerin der MaLisa-Stiftung ist schockiert von den Ergebnissen der aktuellen Studie und wünscht sich mehr Meinung und Vielfalt von Frauen auf Youtube und Instagram. Im Interview mit MEDIEN360G spricht sie über ihre Beweggründe zur und Erkenntnisse aus der Studie.
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MEDIEN360G: Was hat Sie an den Studienergebnissen am meisten überrascht?
Maria Furtwängler: Die vielleicht größte Überraschung ist, dass das Missverhältnis, das wir schon in der Film- und TV-Studie gesehen haben, nämlich dass Frauen deutlich seltener vorkommen in diesen Medien, sich hier genauso durch diese Welt zieht - sprich durch die Welt der Musikvideos und auch durch die von Instagram und YouTube - wenn wir uns die erfolgreichsten Kanäle anschauen. Und das finde ich schon erstmal schockierend. Gerade in einem Raum, in dem es nicht darum geht, dass ein Sender das verhindert oder zu wenig Regisseurinnen, die da arbeiten dürfen zu wenig Schauspielerinnen zeigen. Sondern da ist es wirklich der ganz freie Raum, wo die jungen Menschen sich selbst präsentieren können und doch sind einfach mehr als doppelt so viel wieder Männer sichtbar.
Und natürlich, was mich schon beschäftigt, ist die Unterschiedlichkeit der Welten, in der Frauen und Männer sich darstellen. Bei Frauen ist es eben doch sehr klar in Richtung Selbstoptimierung im weitesten Sinne, wie Beauty, Fashion aber auch viele Tipps, also Basteln und Kochen gehört auch dazu. Das ist schon ein Themenfeld und es wird meistens deklariert als Hobby - es ist also mehr der Spirit oder ein Hobby von mir. Und ich mache das im privaten Raum, während männliche Youtuber oder auch Instagramer machen das auch als Beruf. Auch wenn sie dann Musik kommentieren oder Filme kommentieren oder Gaming oder so, dann haben sie eine professionelle Einstellung dazu. Und sie machen eben ein sehr viel vielfältigeres Bouquet und sie dürfen dick sein, sie dürfen dünn sein, sie dürfen doof, lustig, intelligent sein und bei Frauen ist eben der Korridor sehr viel schmaler und das finde ich schade, weil einfach genau da die Diversität flöten geht, an dem, was man sich für junge Mädchen an Vorbildern wünscht.
MEDIEN360G: Wie erklären Sie sich, dass auch die Selbstinszenierung in einem freien Raum wie Youtube oder Instagram so einseitig ist?
Maria Furtwängler: Ich denke, es gibt in uns ohne Frage eine Sehnsucht nach Schönheit, nach Idealen, nach Perfektion - der Prinzessinnen-Wunsch. Und das ist vielleicht so das Naheliegendste. Die Instagramerinnen und Youtuberinnen beschreiben eben auch ganz klar: Das ist der Raum, in dem sie sich am sichersten fühlen. Jeder kann ein bisschen schminken, jeder kann ein bisschen was mit Haare und da kriegen sie mit Abstand am wenigsten Hate ab. Wenn sie sich jetzt als Comedian oder als "ich baue jetzt mal eine Rakete oder so" darstellen würden, dann würden sie sehr schnell irrsinnig gedisst werden. Aber das ist so der Bereich, wo man sagt - gemeinhin denkt - ja, das ist ein Field, da kann man sich schon auskennen. Und es ist auch natürlich der Bereich, in dem am meisten Geld zu verdienen ist. Es ist der Bereich, wo die Werbekunden die Dm-Drogerieketten, das Modelabel oder Gucci sagt: Hey dürfen wir mit dir, willst du mit uns ein Label machen, willst du unsere Taschen zeigen und das spielt natürlich auch noch eine große Rolle: Der wirtschaftliche Druck.
MEDIEN360G: Nun konnte man auf der Grundlage der vorhergehenden Studie den Programmmachern Druck machen und konkret Menschen ansprechen, mit der Aufforderung, hier etwas an der Situation zu verändern. Das ist in diesem Fall eher schwierig, oder?
Maria Furtwängler: Ich glaube, das Herangehen unserer Stiftung, der MaLisa Stiftung, ist ja sehr stark geprägt dadurch, einem dumpfen Bauchgefühl erstmal Fakten gegenüber zu setzen - zu sagen okay, das sind die Fakten, das sind die Zahlen. Fakten führen zu Erkenntnissen und Erkenntnisse führen zu einem veränderten Bewusstsein. Und die Hoffnung ist, dass wir eine Diskussion lostreten. Eine Diskussion darüber, die die Eltern vielleicht aufweckt im Umgang mit ihren Kindern, ihren Teens, vielleicht noch mehr darüber zu sprechen, klarer zu machen, das ist alles Fake und das stimmt nicht.
Aber auch hier, wir wollten ja nicht über die Instagramer und Youtuberinnen reden, sondern wir wollten mit ihnen reden. Und ich glaube, dass auch bei denen jetzt da nochmal eine andere Sensibilität, ein anderes Bewusstsein da ist. Und insofern: Von oben und von unten Medienkompetenz schärfen, all solche Sachen wären glaube ich gut. Und alternative Modelle finanziell unterstützen. Das macht ja Funk mittlerweile schon sehr, sehr gut, die wirklich spannende andere Formate, wie auch Tarik Tesfu, mit unterstützen. Dass da eben auch Leute finanziert werden, die auch mal Meinungs-Geschichten machen oder mal was ganz anderes.