Konzept zur Wahlberichterstattung des MDR Wahlberichterstattung! Aber bitte unparteiisch.

21. August 2019, 14:37 Uhr

Als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ist der MDR dazu verpflichtet, unparteiisch und transparent zu berichten. In Wahlkampfzeiten ist das nicht ganz einfach, denn jede Art von Berichterstattung ist auch Werbung für die Parteien – sowohl im positiven, als auch im negativen Sinne. Das Konzept zur Wahlberichterstattung gilt als Leitlinie für den MDR. Neben journalistischen Kriterien kommt dabei das Prinzip der abgestuften Chancengleichheit zum Einsatz.

Auf einem blauem Hintergrund ist ein Kamera-Icon abgebildet. Darauf steht in weißer Schrift: MDR Wahlkonzept zur Landtagswahl. 3 min
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Fr 26.07.2019 10:50Uhr 02:37 min

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Wahlkampfzeiten sind Hochzeiten für Journalistinnen und Journalisten. Das gilt auch für die politische Berichterstattung im MDR. Schließlich stehen in diesem Herbst die Landtagswahlen in Sachsen (1. September 2019) und Thüringen (27. Oktober 2019) an. Die Redaktionen des MDR berichten vom Wahlkampf, am Wahltag selbst und natürlich nach der Wahl in unzähligen Sendungen, Formaten und Angeboten. Denn die Wahlen sind nicht nur relevant für die Bundesländer, in denen über die Politik in den kommenden Jahren entschieden wird, sondern es geht auch um die Auswirkungen auf die Bundespolitik. Beteiligt an der Berichterstattung ist beim MDR nahezu das ganze Haus: Natürlich die Journalistinnen und Journalisten in den Landesfunkhäusern Sachsen und Thüringen, die Redaktionen der Hauptredaktion Information der Programmdirektion Leipzig und Redaktionen der Programmdirektion Halle.

Auf der rechten Seite ist ein Portrait von Prof. Dr. Jens-Ole Schröder abgebildet (graue Haare, schwarzer Anzug, gelb-braun gestreifter Schlips). Auf der linken Seite ist ein Kamera-Symbol zu sehen. Darüber steht: im Gespräch mit Prof. Dr. Jens-Ole Schröder. 9 min
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Auf der rechten Seite ist ein Portrait von Jens Hänisch abgebildet (braune Haare, schwarzer Anzug, Brille). Auf der linken Seite ist ein Kamera-Symbol zu sehen. Darüber steht: im Gespräch mit Jens Hänisch. 6 min
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MDR-Wahlkonzept zur Landtagswahl Sachsen 2019

Was der MDR genau plant, hat er jetzt in seinem Wahlkonzept für die Wahl in Sachsen im Internet veröffentlicht. Das entsprechende Wahlkonzept für die Landtagswahl in Thüringen folgt Ende August, wenn der Landeswahlleiter veröffentlicht, welche Parteien zur Landtagswahl zugelassen sind. Der MDR ist bislang die einzige öffentlich-rechtliche Anstalt, die diese Wahlkonzepte seit einigen Jahren im Detail veröffentlicht und so für jede und jeden transparent macht.

Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelten in der politischen Berichterstattung – und bei Wahlen ganz besonders – bestimmte Spielregeln. Natürlich bleiben die journalistischen Kriterien, was berichtenswert ist, erhalten. Der MDR darf aber nicht – wie zum Beispiel Zeitungen oder andere Medien – „Partei“ ergreifen und sich beispielsweise für eine bestimmte politische Gruppierung oder ihre Kandidatinnen und Kandidaten aussprechen. Er muss vielmehr ausgewogen und unparteiisch über alle Ereignisse im Zusammenhang mit den anstehenden Wahlen berichten. Dabei muss er die einzelnen Parteien und ihre Vertreterinnen und Vertreter fair und angemessen behandeln.

Prinzip der abgestuften Chancengleichheit

Hierzu gibt es das Prinzip der „abgestuften Chancengleichheit“. Es besagt, dass man die Parteien nicht alle völlig gleich behandeln muss. Man muss aber miteinander vergleichbare Parteien ähnlich behandeln. Dazu schaut man sich maßgeblich die Erfolge der Parteien bei vorangegangenen Wahlen auf Bundes- und Landesebene an. Entsprechend werden allen Parteien dann zwei Gruppen bzw. Kategorien zugeordnet. Nach der Faustregel sind in der ersten Gruppe die „größeren“ Parteien, die schon in den Parlamenten vertreten sind. Für das MDR-Wahlkonzept sind das also CDU, SPD, FDP, B90/Grüne, Die Linke und die AfD.

Wenn es dann zum Beispiel eine sogenannte „Elefantenrunde“ im Fernsehen zur besten Sendezeit mit den Spitzenkandidatinnen und -kandidaten gibt, müssen alle Parteien der ersten Kategorie eingeladen werden. In der zweiten Gruppe finden sich die zumeist kleineren Parteien wieder. Auch hier gilt: Über sie und ihre Kandidatinnen und Kandidaten muss vergleichbar berichtet werden. Sie kommen aber nicht so detailliert im Programm vor wie die Parteien der ersten Gruppe, da die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Hürde ins Parlament nehmen, weniger hoch ist als bei den Parteien, die das schon auf Bundes- und Landesebene unter Beweis gestellt haben.

Das Wahlkonzept gilt für alle Ausspielwege, also für Radio, Fernsehen und Online. Gerade im Onlinebereich gibt es 2019 im Vergleich zu früheren Landtagswahlen viele neue Angebote. So werden im „Kandidatencheck“ alle Kandidatinnen und Kandidaten für den sächsischen Landtag in mehrminütigen Videos vorgestellt und ihre Haltung zu bestimmten politischen Fragen dokumentiert. So können sich alle Bürgerinnen und Bürger ein gutes Bild darüber machen, wer in ihrem Wahlkreis antritt.  

Leitlinien für die Wahlberichterstattung

Der MDR hat für seine Wahlberichterstattung außerdem konkrete Leitlinien beschlossen. Dazu gehört die ausgewogene und unparteiische Berichterstattung. Gleichzeitig ordnen die Redaktionen die Aussagen und Parteiziele journalistisch ein und bewerten sie unabhängig und frei. Somit kann der MDR seine Programmautonomie und das Neutralitätsgebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks garantieren.

Die Veröffentlichung des ausführlichen Wahlkonzepts ist bisher so nur beim MDR üblich. Zum ersten Mal hat das der Sender bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt 2016 umgesetzt und seitdem sowohl bei den Wahlen zum Bundestag als auch zur Europawahl.

Wahlkonzepte in anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten

Auch, wenn die Veröffentlichungsstrategie durchaus unterschiedlich ist, spielt die „abgestufte Chancengleichheit“ bei den Wahlkonzepten aller öffentlich-rechtlicher Sender eine wichtige Rolle und alle Häuser beziehen sich darauf bei der Ankündigung ihrer Sendeformate zu den Wahlen:  

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) hat Mitte August seine Planungen zur Landtagswahl in Brandenburg, die am gleichen Sonntag wie die Wahl in Sachsen stattfindet, veröffentlicht. Hierbei handelt es sich zwar nicht um ein Wahlkonzept in allen Einzelheiten wie beim MDR. Es gibt aber einen detaillierten Überblick über die geplanten Sendungen. Der Bayerische Rundfunk (BR) veröffentlicht mit großem zeitlichen Vorlauf zum Wahltag per Pressemitteilung eine Übersicht zu den Sendungen und Online-Angeboten inklusive der jeweils eingeladenen Parteien. „In den jeweiligen Sendungen wird dann noch einmal – wo nötig – kurz erläutert, wie und warum diese entsprechend konzipiert wurden“, so der BR. Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) veröffentlicht keine detaillierten Konzepte zur Wahlberichterstattung, diese dienen allein der internen Planung. Der Sender informiert aber natürlich auf seinen Websites und über Pressemeldungen über die geplante Berichterstattung, genau so verfährt der Norddeutsche Rundfunk (NDR). „Die redaktionellen Konzepte und Planungen veröffentlicht der Norddeutsche Rundfunk nicht“, so der NDR auf MEDIEN360G-Anfrage. Auch beim Hessischen Rundfunk (HR) gab es für die hessische Landtagswahl 2018 kein veröffentlichtes Konzept nach MDR-Art. Der Sender hat das MDR-Konzept aber als Anregung an sein Landtagsstudio weiter gegeben.

Beim Deutschlandradio (DLF) und dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) heißt es, man plane für die drei anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen eine ausführliche Wahlberichterstattung über alle Ausspielwege hinweg. Die Veröffentlichung eines „Wahlkonzepts“ analog zum MDR sei dabei allerdings nicht geplant.