Geschäftsbericht 2021
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MDR Geschäftsbericht 2021 Mehr Transparenz wagen!

Eine Fragen-Antwort-Kolumne von Steffen Grimberg

14. Oktober 2022, 18:09 Uhr

Der MDR ist auch ein Unternehmen, deshalb gibt es jedes Jahr einen Geschäftsbericht. Der wird zuerst dem Rundfunkrat als oberstem Gremium des MDR vorgestellt und von diesem beschlossen. Am 10. Oktober war es wieder soweit. Der Geschäftsbericht enthält vor allem Angaben zu den Finanzen und den Beschäftigten des MDR, aber auch Informationen, wie die Menschen in Mitteldeutschland die MDR-Angebote nutzen. Ein wichtiges Thema im Geschäftsbericht 2021 ist Transparenz.

Der MDR hat einen neuen Geschäftsbericht für 2021 veröffentlicht. Es heißt, er mache sich da so richtig naksch, wer wie viel verdient und was der MDR so bezahlt. Ist da was dran?

Im Prinzip ja. Im neuen Geschäftsbericht werden zum Beispiel erstmals die einzelnen Gehälter und Zulagen auf Direktionsebene haarklein aufgeschlüsselt und direkt den Direktorinnen und Direktoren namentlich zugeordnet. Bislang hat der MDR nur das Gehalt der Intendantin direkt angegeben und die Direktionsebene zusammengefasst.

Und wer liegt vorn?

Bei den Direktoren Verwaltungschef Ralf Ludwig mit 254.629 Euro im Jahr, gefolgt von Betriebsdirektor Ulrich Liebenow mit 243.998 Euro. Die sind aber auch schon ne ganze Weile in ihren Jobs und haben die ein oder andere Gehaltserhöhung bekommen. Bei beiden sind in diesen Zahlen auch noch Funktionszulagen für zusätzliche Aufgaben enthalten, z.B. wenn sie für die ARD übergeordnete Arbeitsgemeinschaften wie die AG Digitalradio leiten. Wie hoch die sind, steht da aber leider nicht.

Ist das im deutschlandweiten ARD-Vergleich viel oder wenig?

Der MDR ist ja für Mitteldeutschland da. Deshalb - kleiner Scherz - liegen die Gehälter sowohl der Intendantin als auch der Direktorinnen und Direktoren eher so mittel, genauer gesagt im unteren Mittelfeld der ARD. Niedriger liegen eigentlich nur der Saarländische Rundfunk und Radio Bremen.

Gibt es beim MDR auch so ein Bonus-System, wie es beim rbb der Fall war?

Nein, der MDR hat aus gutem Grund darauf verzichtet. In der nüchternen Sprache des Geschäftsberichts heißt das: "Es werden keine erfolgsabhängigen Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung gewährt". Und dann folgt ein Satz, der so lustig wie missverständlich ist: "Die Vergütung der Mitglieder der Geschäftsleitung ist erfolgsunabhängig".

Und wie sieht es mit der Altersversorgung aus? Da heißt es doch immer, das wäre für die Sender so teuer.

Diese Angaben gibt es auf Direktionsebene jetzt auch personalisiert. Die Zahlen sind aber eigentlich gar kein irres Geheimnis, sie ergeben sich ja aus den Gehältern, die in der aktiven Dienstzeit gezahlt werden. MDR-Intendantin Karola Wille hatte das als erste Intendantin der ARD überhaupt übrigens schon 2016 mal öffentlich in der Bild am Sonntag vorgerechnet und gemeint: Das kann eigentlich jeder ausrechnen, da braucht man bloß einen Taschenrechner.

Warum ist das dann für die Sender ein Problem?

Sie müssen dafür recht hohe Rücklagen bilden. So hat der MDR allein für das Geschäftsjahr 2021 rund 2,7 Millionen Euro für die Altersversorgung der Intendantin und der Direktorinnen und Direktoren zurückgestellt - also auf die hohe Kante gelegt. Auch wenn die vollen Summen im Regelfall gar nicht ausgezahlt werden, weil darauf ab dem Zeitpunkt des gesetzlichen Renteneintritts 50 Prozent der gesetzlichen Rente und alle sonstigen privaten Rentenversicherungen angerechnet werden. Da wird also noch etwas abgezogen.

Das ist aber trotzdem ne Menge Geld. Und im Bericht steht ja auch, dass Intendantin Karola Wille was die Altersversorgung angeht schon alleine über vier Millionen Euro schwer ist!

Ja, das stimmt. Aber die Zahlen sind so genannte Barwerte und das ist höhere Versicherungsmathematik. Da wird einberechnet wie lange wer im Unternehmen arbeitet, wie hoch die Lebenserwartung für diese Altersgruppe ist, wie es mit der Verzinsung weitergeht usw. Am Ende wird, wie schon gesagt, noch ne Menge davon wieder abgezogen. Aber natürlich kriegt wie im öffentlichen Dienst jemand, der in seinem Job in einer so herausgehobenen Spitzenposition ne Menge verdient hat, auch ne entsprechend hohe Betriebsrente.

Steht auch drin, was andere Führungskräfte verdienen, z.B die Chefredakteurin oder der Marketing-Leiter?

Jein. Alle diese Zahlen gibt der MDR in der öffentlichen Version des Geschäftsberichts "geclustert" an. Da lassen sich dann keine einzelnen Personen oder Funktionen zuordnen. Es gibt zum Beispiel nur eine summarische Darstellung der außertariflichen Vergütung, also Gehältern, die über dem üblichen MDR-Tarifschlüssel liegen. Da steht dann zum Beispiel, dass den aktuell 37 AT-Beschäftigten des MDR in der niedrigsten Gruppe AT-1 seit April 2021 bis zu 9.966 Euro und in der höchsten Gruppe AT-4 bis zu 12.444 Euro im Monat gezahlt werden. Interessanterweise steht auch nicht dabei, wie viele Stellen überhaupt nach diesen AT-Tabellen bezahlt werden. Und die normalen Tarifgehälter, die im Rahmen von Tarifverhandlungen ausgehandelt werde, sind ja eh längst bekannt und werden auch von den Gewerkschaften veröffentlicht.

Handeln die auch die Gehälter von Intendantin und Direktorinnen und Direktoren aus?

Nein, dass macht der Verwaltungsrat. Er muss auch bei den AT-Gehältern zustimmen. Er muss laut MDR-Staatsvertrag darauf achten, "dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen einer Anstalt des öffentlichen Rechts stehen".

Hört sich nach einem ziemlichen Gummiparagrafen an. Kriegen die ehrenamtlichen Verwaltungsratsmitglieder eigentlich auch Geld?

Ja, auch darüber gibt der neue Geschäftsbericht jetzt erstmals ganz detailliert Auskunft. Da gibt es für jedes Mitglied 711,18 Euro pro Monat und dazu noch 59,29 Euro pro Sitzungstag. Die Mitglieder des Rundfunkrats bekommen übrigens das Gleiche. Und für die Vorsitzenden gibt es noch etwas mehr, nämlich 1027,43 Euro im Monat und 118,58 Euro pro Sitzung - aber nur, wenn sie diese auch leiten.

Der MDR sagt ja immer, er steht für Transparenz. Gibt er das deshalb jetzt alles an?

Ja - und weil er muss. Diese Angaben sind laut dem seit Juni 2021 geltenden MDR-Staatsvertrag Pflicht - und noch ein paar mehr. Der MDR muss z.B. jetzt auch angeben, mit welchen  "Dritten" - also zum Beispiel Produktionsfirmen und anderen Dienstleistern zusammen gearbeitet wird.

Und das steht da jetzt alles haarklein drin?

Ja, alles ab einem Wert von 150.000 Euro pro Auftrag - aber wieder geclustert nach Bereichen wie IT-Dienstleistungen oder Produktion oder Technik. Da steht dann z.B. "Auftrags-, Lizenz- und sonstige Produktionen" an 69 Personen in einem Gesamtwert von rund 57,5 Millionen Euro.

Da kann aber doch keiner genau draus ablesen, wer was bekommen hat!

Na ja, das würde auch schwierig. Schließlich geht's hier um die berühmten Geschäftsgeheimnisse. Wenn alle Anbieter wüssten, was die Konkurrenz verlangt, würde das den Wettbewerb ja schon ziemlich verzerren. Und der MDR sagt, das könnte für ihn und damit auch für die Beitragszahler ins Auge gehen. Denn wenn veröffentlicht würde, zu exakt welchen Konditionen der MDR von wem welche Leistung erhält, würde das dazu führen, dass niemand mehr unter diesem Preis bleiben würde und es ergo immer teurer würde.

Wird der MDR-Geschäftsbericht eigentlich auch von so einem "Dritten" produziert?

Nee, das ist eine MDR-Eigenproduktion aus der Hauptabteilung Kommunikation.

Infos zum Autor Steffen Grimberg ist Autor bei MEDIEN360G und arbeitet als freier Medienjournalist auch für weitere Medienredaktionen. Steffen Grimberg ist Vorsitzender des DJV Berlin-Brandenburg.