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Ein Ende des „Wildwest im Internet“Ein neues Urheberrecht für die EU

von Katharina Pritzkow und Sina Reeder

14. Februar 2019, 17:20 Uhr

Vertreter der EU-Institutionen haben sich vorläufig auf die umstrittene Reform zum Urheberrecht geeinigt. Damit soll das bisherige Urheberrecht an das digitale Zeitalter angepasst werden. Für Kritiker ist die Reform ein Einknicken gegenüber großen Lobbyverbänden, andere sehen ein Ende des „Wildwest im Internet“.

Auf welchen Kompromiss hat sich die EU aktuell geeinigt?

Dem aktuellen Kompromiss zufolge müssen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten in ihren Suchergebnissen künftig Geld an die Verlage zahlen. Neben der Einführung des Leistungsschutzrechts nimmt die Einigung in Artikel 13 auch Plattformen wie YouTube stärker in die Pflicht. Sie müssen künftig alles ihnen Mögliche tun, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern. Geschützte Werke müssten demnach lizenziert werden, bevor sie auf den Plattformen landen oder dürften nicht hochgeladen werden. Davon sollen Unternehmen ausgenommen sein, die unter zehn Millionen Euro Jahresumsatz und fünf Millionen Nutzer im Monat haben sowie erst weniger als drei Jahre am Markt sind.

Welche kritischen Punkte gibt es?

GrundlagenWas ist das Urheberrecht?

mit Video

Über die geplante Urheberrechtsrichtlinie wurde schon im Voraus heftig gestritten, denn nicht alle Akteure sind zufrieden mit den neuen Regelungen. Große Technologiekonzerne wie Google und Facebook aber auch Startups hatten vor einer Annahme des Entwurfs gewarnt. Sie befürchten unter anderem eine Gefahr für das „freie Internet“ und warnen vor einer Zensur von Inhalten. Vertreter der Verlags- und der Musikbranche begrüßten das Votum hingegen. Besonders umstritten sind Artikel 11 und 13 der geplanten Richtlinie.

Im Artikel 11 geht es um die Einführung eines EU-weiten Leistungsschutzrechts. Es soll dafür sorgen, dass beispielsweise große Online-Plattformen wie Google für die Verwendung von bereits veröffentlichten, frei zugänglichen Online-Artikeln zahlen müssen. Es soll sie zur Entlohnung der Verlage zwingen.

Artikel 13 betrifft Dienste wie YouTube oder Instagram, die in Zukunft stärker in die Pflicht genommen werden bzw. haften sollen, wenn ihre Nutzer urheberrechtlich geschütztes Material hochladen. Das würde aus Sicht der Kritiker automatische Filter nötig machen, die auch anderes Material aussondern. Damit würde einer Zensur Tür und Tor geöffnet.

Warum ist ein neues Urheberrecht notwendig?

Ein Urheberrecht in Deutschland gibt es schon seit Ende des 19. Jahrhunderts – seitdem wurde es immer wieder verändert und angepasst. Die aktuelle Urheberrechtsrichtlinie auf EU-Ebene gibt es seit 2001. Doch in den vergangenen 18 Jahren hat sich vor allem in der digitalen Welt viel getan, erklärt Junior-Professorin für Urheber- und Medienrecht an der TU Dresden, Anne Lauber-Rönsberg: "Zum Beispiel gab es 2001 noch keine großen Plattformen wie Facebook oder Youtube – die waren sehr viel weniger verbreitet als jetzt." Deshalb, so die Überlegung, sollte das aktuelle Recht an die neuen Herausforderungen und technischen Entwicklungen angepasst werden.

Was hat das EU-Parlament im September beschlossen?

Am 12. September 2018 haben die Abgeordneten des Europa-Parlaments einen neuen Gesetzentwurf für das Urheberrecht auf EU-Ebene gebilligt. Der Entwurf wurde mit 438 Stimmen bei 226 Gegenstimmen und 39 Enthaltungen angenommen. Möglich war das nur, weil zuvor zahlreiche Änderungen eines ursprünglichen Entwurfs vom Juni beschlossen wurden. Denn der erste Plan zur Copyright-Reform war im Juli im Parlament gescheitert.

Wichtig zu wissen ist aber: Das EU-Parlament ist auf Ebene der Europäischen Union nicht der alleinige Gesetzgeber, erklärt Juristin Lauber-Rönsberg: "Gesetze entstehen durch den Rat, durch das Parlament und die europäische Kommission. Insofern ging es im September nur darum, dass das EU-Parlament sich selbst auf eine Verhandlungsposition verständigt hat."

Wo liegen Unterschiede zum bisherigen Urheberrecht?

Der aktuelle Entwurf geht in einigen Punkten viel weiter als die bisherige Urheberrechts-Richtlinie – zum Beispiel beim Einsatz von urheberrechtlich geschützten Werken im Bereich der Lehre, wie an Schulen und Hochschulen. Es geht auch um die Auswertung von großen Text- und Datenmengen und eine weitergehende Vergütung für Urheber.

Wie lange dauert die Umsetzung noch?

Die Reform soll vor den Europawahlen im Mai verabschiedet werden. Europa Parlament und Europäischer Rat müssen zuvor noch zustimmen. Für die Umsetzung der Richtlinie haben die EU-Mitgliedstaaten dann zwei Jahre Zeit.

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