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Zwischen Meinungsfreiheit und KriminalitätWas Sie über das Darknet wissen sollten

17. Februar 2020, 17:43 Uhr

„Kriminell, abschalten, verbieten“, sagen Menschen auf der Straße über das Darknet. Konkretes Wissen über Aufbau und Funktionen dieses verborgenen Teils des Internets ist kaum vorhanden. Das beginnt schon damit, dass sich rein technisch das Darknet gar nicht abschalten oder verbieten ließe.

von Dagmar Weitbrecht und Peter Stawowy

Das Unwissen geht noch weiter: Häufig wird der Begriff Darknet synonym mit dem Tor-Browser verwendet. Der Tor-Browser ist aber nur eines der Netzwerke, die im Darknet aktiv sind. Sollte eine Überwachung oder gar ein Verbot drohen, würde innerhalb kürzester Zeit ein anderes Netzwerk entstehen, dass die Anonymität der Nutzer sichert.

Hinter dem Betrieb solcher Netzwerke stecken aber nicht Menschen mit kriminellen Absichten, sondern Netzaktivisten und Organisationen, denen der Schutz ihrer Daten und die Privatsphäre extrem wichtig sind.

Dafür nehmen sie auch hin, dass beispielsweise das Tor-Netzwerk eben nicht nur Informations- und Bürgerrechtstool ist, sondern auch als virtueller Marktplatz für Drogen, Waffen, Kinderpornografie und Schadsoftware genutzt wird.

Informations- und Bürgerrechtstool

Das Darknet hat in Ländern mit Regimen, die die Kommunikation der eigenen Bürger streng überwachen und zensieren, eine besondere Bedeutung. Für Menschen in diesen Regionen sind die Zugänge ins Darknet häufig die einzige Möglichkeit, an ungefilterte Informationen zu kommen oder zu kommunizieren.

Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) wie Reporter ohne Grenzen nutzen daher das Tor-Netzwerk, um Informationen auszutauschen. Im Darknet sind aber auch Greenpeace, amnesty international oder Freedom of the Press Foundation zu finden.

Medien: Informationen in beide Richtungen

Die Umgehung von Zensur und Kontrolle ist auch der Grund, warum BBC und Deutsche Welle seit Ende 2019 ihre Angebote ins Darknet stellen. Die Deutsche Welle hat dabei besonders China und den Iran im Visier. Als Erfolg werten die Verantwortlichen im Sender die Resonanz von Nutzern beispielsweise aus dem Iran.

Für die meisten Medien steht aber eine andere Funktion im Vordergrund: Weltweit hätten etwa 80 Medienunternehmen wie The Guardian, New York Times oder Le Monde Briefkästen im Darknet, sagt der Technologie-Journalist Stefan Mey im Gespräch mit MEDIEN360G. Sie ermöglichen Informanten, den Journalisten brisantes Material zuzuspielen.

In Deutschland ist das Angebot für sogenannte Whistleblower eher überschaubar. Neben taz und Süddeutscher Zeitung unterhalten der Heise-Verlag oder etwa der Sportjournalist Hajo Seppelt solche Briefkästen.

Die Rechercheredaktionen der SZ und taz geben auf Anfrage von MEDIEN360G nur wenige Informationen über die Nutzung der Briefkästen preis. Es wird auf das Prinzip der Verschwiegenheit verwiesen. Nur so viel ist zu erfahren: Es kommen tatsächlich ab und zu Informationen aus Behörden und Unternehmen an, die als Grundlage für weitere journalistische Recherchen dienen.

Kriminalität prägt Image

Die Anonymität eröffnet gleichzeitig Menschen mit kriminellen Absichten große Spielräume. So sind im Darknet auch virtuelle Marktplätze für Drogen, Waffen und Kinderpornografie zu finden. Die Strafverfolgung gestaltet sich entsprechend schwierig. Über den Umfang bzw. den Anteil der kriminellen Inhalte im Darknet gibt es aber faktisch keine konkreten Zahlen.

Dass das Darknet ein schlechtes Image hat, hat mehrere Gründe: Einer ist, dass Medien das Darknet überwiegend im Zusammenhang mit Kriminalität thematisieren. Der andere ist, dass in Deutschland keine Zensur herrscht und die Informations- und Meinungsfreiheit als hohe Güter gelten. Menschen, die Informationen suchen oder tauschen wollen, müssen nicht zwingend im Verborgenen agieren.

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