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Die Deutsche Bahn muss massenhaft Betonschwellen austauschen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Markus Scholz

Gefährliche BetonschwellenKritik an Informationspolitik der Deutschen Bahn

08. September 2022, 13:58 Uhr

Fünf Menschen starben Anfang Juni bei einem Zugunglück in Garmisch-Patenkirchen. Mögliche Ursache könnten mangelhafte Betonschwellen im Gleisbett gewesen sein. Die Deutsche Bahn tauscht nun bundesweit zahlreiche Betonschwellen aus. Besonders betroffen sind Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Fahrgäste müssen sich auf Verspätungen und Zugausfälle einstellen. Die Politik fühlt sich nicht rechtzeitig informiert.

  • Die Deutsche Bahn habe mit ihrem Vorhaben nicht genügend Vorlauf gegeben, kritisiert Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüskens.
  • Der Fahrgastverband Pro Bahn befürchtet, dass Fahrgäste veärgert werden und den ÖPNV auch in Zukunft meiden könnten.
  • Eine Langsamfahrstelle kann helfen, um den Verkehr aufrechtzuerhalten.

Betonschwellen – das sind die grauen, länglichen Steine, an denen die Schiene befestigt ist. Seit Juni hatte die Deutschen Bahn ihre Betonschwellen untersucht. Das Ergebnis: 137.000 von ihnen müssen ausgetauscht werden, zum Beispiel auf der Strecke Berlin – Halle oder Halle – Cottbus. Das führt zu Fahrplanänderungen und Streckensperrungen.

Infrastrukturministerin kritisiert fehlenden Vorlauf

Die Nachricht traf die Infrastrukturministerin aus Sachsen-Anhalt, Lydia Hüskens, unerwartet. Im Gespräch mit MDR AKTUELL erzählt sie: "Für mich wäre das Wichtigste gewesen, dass man uns frühzeitig informiert hätte und uns frühzeitig einbindet in entsprechende Maßnahmen, sodass wir einen Ersatzverkehr organisieren können. Das braucht immer einen gewissen Vorlauf. Und auf diesen Vorlauf hat die Deutsche Bahn in diesem Kontext nicht geachtet." Die Baumaßnahme sei zwar unausweichlich – gerade vor dem Hintergrund des Unfalls in Bayern. Für die Fahrgäste hofft Hüskens nun aber auf ein schnelles Ende der Bauarbeiten.

Auch im Thüringer Infrastrukturministerium gibt es Unmut über die Kommunikation der Deutschen Bahn. Ein Sprecher teilt MDR AKTUELL schriftlich mit: "Im Sinne der Sicherheit der Fahrgäste sind diese Maßnahmen notwendig und verständlich. Leider sind wir mit der Fahrgastinformation der DB nicht zufrieden. Mit einer frühzeitigeren und umfassenderen Informationsweitergabe hätte viel Frust bei den Fahrgästen vermieden werden können."

Pro Bahn: Fahrgäste könnten abwandern

Die Bahn verspricht, die Bauarbeiten so schnell wie möglich abzuschließen, sodass Reisende nicht unter dem Herstellerfehler leiden müssen. Beim Thüringer Landesverband vom Fahrgastverband Pro Bahn ist sich Bernd Schlosser aber sicher, dass die Bauarbeiten Konsequenzen haben werden: "Die sicherste Methode, Fahrgäste zu vertreiben, ist, sie zu verärgern. Der Schaden wird schon groß sein unter den Fahrgästen. Da werden nicht alle abspringen, viele können es ja nicht. Aber die, die die Alternative haben, werden sich gut überlegen, ob sie weiterhin auf den öffentlichen Verkehr setzen."

Plädoyer für Langsamfahrstellen

Das Auswechseln der Betonschwellen sei technisch notwendig, sagt Schlosser. Das stehe außer Frage. Er kritisiert jedoch den Umgang damit: Die Schwellen liegen schon seit Jahren da rum, und die Züge sind in voller Geschwindigkeit drübergefahren. Und wenn man jetzt an diesen Stellen eine Langsamfahrstelle einrichtet, dass die Züge also langsam mit 20 oder 30 Stundenkilometer über diese Abschnitte fahren, dann ist der Verkehr wenigstens aufrechterhalten."

Diese Langsamfahrstellen könnten tagsüber gelten, damit zu den Pendlerzeiten keine Züge ausfallen müssen. Nachts könne dann am Gleisbett gebaut werden, denn da würden im ländlichen Raum ohnehin keine Züge fahren.

DB: Streckensperrungen nicht zu vermeiden

Die Deutsche Bahn teilt MDR AKTUELL schriftlich mit, dass die Züge tatsächlich mit geringerer Geschwindigkeit über die betroffenen Stellen fahren sollen. Streckensperrungen bis in das kommende Jahr hinein seien dennoch nicht zu vermeiden.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 08. September 2022 | 06:12 Uhr