Corona-Daten-Newsletter | Mittwoch, 3. August 2022 Neue Corona-Regeln für den Herbst

03. August 2022, 20:00 Uhr

Im multimedialen Corona-Daten-Update: Die Bundesregierung hat das neue Infektionsschutzgesetz vorgestellt. Darin festgehalten sind Regeln für Masken- und Testpflicht, Schulen und den öffentlichen Nahverkehr. Außerdem: Der Blick auf die aktuellen Corona-Zahlen.

Eine junge Frau lächelt in die Kamera
Bildrechte: Sarah-Maria Köpf

Guten Abend liebe Abonnentinnen und Abonnenten,

während wir den Sommer gerade in vollen Zügen genießen und die Fallzahlen erstmals wieder leicht zurückgehen, hat sich die Politik heute auf ein neues Infektionsschutzgesetz geeinigt. Die aktuellen Corona-Regeln laufen am 23. September aus, weshalb ein Plan für den Herbst nötig ist. Darin vorgesehen sind unter anderem neue Beschlüsse zum Thema Masken- und Testpflicht, Regeln für Schulen und den öffentlichen Nahverkehr. Alle Infos bekommen Sie gleich hier im Update.

Triggerwarnung: Im folgenden Abschnitt geht es um das Thema Suizid. Bei Gedanken an Suizid und in persönlichen Krisen finden Sie rund um die Uhr Hilfe bei der Telefonseelsorge unter folgenden Nummern: 08001110111 und 08001110222. Der Anruf ist anonym und taucht nicht im Einzelverbindungs-Nachweis auf. Weitere Hilfsangebote finden Sie auf der Website der Telefonseelsorge.

Außerdem soll es um ein weiteres Thema gehen, das aktuell die Diskussionen rund um Corona bestimmt: der steigende Hass im Netz. Die Konsequenzen werden gerade wieder durch den Fall der österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr deutlich, die aufgrund von massiven Bedrohungen und Hassbotschaften Suizid beging. Die Medizinerin setzte sich in den vergangenen Monaten medienwirksam für die Corona-Impfung ein. In Wien nahmen zahlreiche Menschen Anteil und zeigten sich bestürzt über den Vorfall:

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Neue Regeln: Das gilt im Herbst 2022

Eine erneute Corona-Welle im Herbst eindämmen – das ist das Ziel des neuen Infektionsschutzgesetzes. Der Entwurf dazu wurde heute von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) vorgestellt. Erste Vorschläge gab es bereits vor einigen Wochen, doch finale Beschlüsse ließen auf sich warten, denn die Diskussionen zogen sich hin. Uneinigkeiten gab es in der Ampelkoalition vor allem zwischen SPD und FDP. Laut Berichten des Spiegels herrschte zwar Einigkeit über eine Maskenpflicht in Innenräumen und eine Vermeidung von Schulschließungen, Streit hätte es aber über die Abschaffung der Isolationspflicht für Infizierte gegeben, wie sie gerade auch in Österreich beschlossen wurde.

Mit den neuen Regeln im Infektionsschutzgesetz sieht Lauterbach das Land gut für den Herbst gerüstet. "Es schützt uns gleichzeitig vor einer Überlastung durch zu viele Covid-Patienten und einer kritischen Lage durch Personalausfälle", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Auf Twitter schrieb er:

Diese neuen Regeln sollen vom 1. Oktober 2022 bis 7. April 2023 gelten:

  • Maskenpflicht: In Bus, Bahn und Flugzeugen soll eine Maske getragen werden. Kinder unter sechs Jahren sowie Menschen mit bestimmten Erkrankungen sind davon ausgenommen. Die Bundesländer können darüber hinaus selbst entscheiden, ob sie in öffentlich zugänglichen Innenräumen ebenfalls Masken vorschreiben.
  • Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen: Zusätzlich zur Maske wird beim Betreten von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ein Test verlangt. Ausnahmen gelten für frisch geimpfte und genesene Personen sowie für Personen, die in den jeweiligen Einrichtungen behandelt, betreut oder gepflegt werden.
  • Schulen & Kitas: Die Länder können Testungen sowie eine Maskenpflicht in Schulen und sonstigen Ausbildungseinrichtungen anordnen, wenn der Präsenzunterricht gefärdet ist. Das gilt aber nur für Schülerinnen und Schüler ab dem fünften Schuljahr. Schulschließungen soll es nicht geben. 
  • Test statt Maske: Bei Freizeit- und Sportveranstaltungen, beim Besuch in Bars, Clubs oder Restaurants kann in einer ersten Phase alternativ zur Maske auch ein Test oder ein Genesenen- oder Impfnachweis vorgelegt werden, der nicht älter als drei Monate ist. Sollte sich die Infektionslage zuspitzen, könnten Masken in Bars und Restaurants aber verpflichtend werden. Das entscheiden die Bundesländer.
  • Epidemische Lage: Sollten härtere Regeln durch steigende Infektionszahlen notwendig werden, muss der Bundestag dafür zunächst wieder eine "epidemische Lage nationaler Tragweite" feststellen. Dann könnten Länder Maßnahmen wie Abstandsgebote im öffentlichen Raum, 2G oder 3G-Regelungen, Verbote von Großveranstaltungen oder Einschränkungen in der Gastronomie, in Geschäften oder bei Übernachtungsmöglichkeiten ergreifen. Lockdowns und Ausgangssperren soll es aber nicht geben.

Zur Beurteilung der Pandemie sollen künftig auch flächendeckende Abwasseranalysen auf das Virus durchgeführt werden. Außerdem soll der Zugang zum Corona-Medikament Paxlovid erleichtert werden, indem die Abgabe ab Mitte August neu geregelt wird. So könnten Risikopatienten bei einer Infektion besser behandelt werden. 

Insgesamt erscheinen die Maßnahmen wie ein Mittelweg zwischen den harten Beschränkungen aus dem Vorjahr und den Lockerungen des Sommers. Vieles bleibt jedoch ungewiss und ist abhängig von der Entwicklung des Pandemiegeschehens. Lauterbach warnte in diesem Zuge erneut vor einem "schwierigen Herbst" durch die neuen Omikron-Varianten, die sich auch über Impfungen und überstandene Infektionen hinwegsetzen würden.

Wie durch Corona der Hass im Netz zunimmt

Die Nachricht macht auch heute noch fassungslos: Die österreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die in den sozialen Medien über das Coronavirus und die Impfstoffe aufklärte, hat sich vergangenen Freitag das Leben genommen. In den Monaten zuvor wurde sie massiv von Pandemieleugnern und Impfgegnern bedroht und beschimpft, machte die Anfeindungen immer wieder öffentlich und forderte Personenschutz ein. Passiert ist jedoch wenig. Am Ende ist die 36-Jährige am Kampf gegen den Hass zerbrochen – das legen ihre in den Medien veröffentlichten Abschiedsbriefe nah.

Viele Menschen zeigen sich nun betroffen, denn Kellermayrs Schicksal steht exemplarisch für eine Entwicklung, die nicht nur die dunkelsten Seiten des Internets zum Vorschein bringt, sondern auch eine gesellschaftliche Radikalisierung aufzeigt. Hass im Netz ist nichts Neues, doch die Pandemie katapultiert das Ausmaß in ganz neue Dimensionen. Impfteams wurden angegriffen, Ärzte, Politiker und Journalisten bedroht. Viele Taten wurden zur Anzeige gebracht, oft jedoch ohne weitere Konsequenzen. 

In den letzten zwei Jahren ist ein massiver Anstieg an Hass-Kommentaren im Internet festgestellt wurden, das zeigt unter anderem die forsa-Studie der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen. Obwohl es gesetzliche Regelungen auf nationaler und EU-Ebene gibt, ist die Situation nicht unter Kontrolle. Die Nachverfolgung der oft anonymen Kommentatoren ist mühselig.

Auch viele Mediziner und Medizinerinnen in Deutschland leben seit Monaten in Angst. Natalie Grams-Nobmann, Ärztin und Autorin, löschte nach dem Suizid ihrer Kollegin ihren Twitteraccount. Zuvor klärte auch sie dort sieben Jahre lang über Medizin-Themen auf und bekam regelmäßig Drohungen. "Ich ertrage es nicht mehr in diese Hölle zu blicken. Natürlich hat mir das auch Angst gemacht. Ich denke, mein Tod würde genauso gefeiert werden und das finde ich einfach menschlich furchtbar erschreckend", erzählt sie im Interview mit MDR AKTUELL. 

Sachsens Ärztekammer-Präsident Bodendieck ist derweil enttäuscht von Politik und Strafverfolgung und bemängelt fehlende Unterstützung. Auch Beschwerden bei den Internetplattformen laufen meist ins Leere. Das müsse sich ändern, fordert Grams-Nobmann. Schließlich sei das Internet kein rechtsfreier Raum.

Forderung nach Ende der Impfpflicht im Gesundheitswesen

Über die Impfpflicht im Gesundheitswesen wird aktuell wieder vermehrt diskutiert. Grund ist nicht nur der Personalmangel in den Kliniken, sondern auch die Wirksamkeit der Impfstoffe bei den Omikron-Varianten. Laut RKI sei die Schutzwirkung nach zwei Impfstoffdosen insgesamt nur gering und lasse mit der Zeit deutlich nach. Eine Auffrischungsimpfung könne den Schutz zwar verbessern, doch auch hier nehme die Wirkung ab. Vor schweren Erkrankungen bieten die Impfungen aber weiterhin einen guten Schutz, so das RKI. Auch in welchem Maße das Virus nach einer Impfung weitergegeben werden könne, sei bei der Omikron-Variante noch nicht endgültig geklärt.

In Sachsen hat jeder Zehnte im Gesundheitswesen keinen vollständigen Impfnachweis – bisher ohne berufliche Konsequenzen. Gesundheitsämter entscheiden häufig zugunsten des ohnehin großen Personalmangels und sehen meist von Beschäftigungsverboten ab, erklärt ein Sprecher der Diakonie Mitteldeutschland. Aus diesem Grund spricht sich auch das sächsische Sozialministerium nicht für eine Verlängerung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aus.

Die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht gehört auch nach Ansicht der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt auf den Prüfstand. Die Impfpflicht für Pflegepersonal sei nicht besonders zielführend, da sich die Mitarbeitenden regelmäßig testen und FFP2-Masken tragen, wenn sie an die Patienten herantreten, sagte Wolfgang Schütte, Vorsitzender der Gesellschaft. Ein festhalten an der Impfpflichtig würde zudem zu massiven Personalprobleme führen.

Auf einen Blick: Die aktuellen Zahlen

Dem Robert Koch-Institut (RKI) sind am Mittwoch, den 3. August 2022 bundesweit 87.681 neu positiv Getestete gemeldet worden (Stand 6:15 Uhr). 

Die meisten Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag gab es heute in Nordrhein-Westfalen (+18.866), Bayern (+14.695) und Baden-Württemberg (+11.009). Die niedrigsten Werte wurden aus Hamburg (+712) und Bremen (+849) gemeldet.

Die höchsten 7-Tage-Inzidenzen laut RKI verzeichnen das Saarland (620,1), Hessen (615,4) und Bayern (575,6). Bundesweit liegt die Inzidenz bei 477,9.

Im Folgenden nun die Zahlen nach Angaben der Ministerien, von Behörden und der Landkreise. Die Werte können von denen des RKI abweichen, da sie etwas aktueller sind, dadurch jedoch durch Nachmeldungen korrigiert werden können. 

Sachsen

  • Hospitalisierungsrate*: 5,15 (+0,52)
  • COVID-19-Intensivpatienten: 105, davon 25 beatmet, 70 freie COVID-19-Intensivbetten
  • Impfquote: 64,7 Prozent (vollständig geimpft)
  • 12-17 Jahre: 44,7 Prozent
  • 18-59 Jahre: 66,6 Prozent
  • 60+ Jahre: 84,3 Prozent
  • Auffrischungsimpfung: 49,7 Prozent

Thüringen

  • Hospitalisierungsrate*: 8,87 (-2,78)
  • COVID-19-Intensivpatienten: 41, davon 16 beatmet, 40 freie COVID-19-Intensivbetten
  • Impfquote: 69,8 Prozent (vollständig geimpft)
  • 12-17 Jahre: 52,6 Prozent
  • 18-59 Jahre: 71,6 Prozent
  • 60+ Jahre: 88,3 Prozent
  • Auffrischungsimpfung: 53,3 Prozent

Sachsen-Anhalt

  • Hospitalisierungsrate*: 8,94 (-1,15)
  • COVID-19-Intensivpatienten: 37, davon 13 beatmet, 31 freie COVID-19-Intensivbetten
  • Impfquote: 73,6 Prozent (vollständig geimpft)
  • 12-17 Jahre: 53,7 Prozent
  • 18-59 Jahre: 76,6 Prozent
  • 60+ Jahre: 91,3 Prozent
  • Auffrischungsimpfung: 57,3 Prozent

* Die Hospitalisierungsrate beschreibt die 7-Tage-Inzidenz der hospitalisierten COVID-19-Fälle. Durch Übermittlungsverzug wird die Rate in gewissem Maß unterschätzt werden, schreibt das RKI. Auch Recherchen der "Zeit" und des "Spiegel" zeigen das. Ein deutschlandweit gültiger Grenzwert dafür, welche Maßnahmen eine bestimmte Hospitalisierungsrate nach sich zieht, wurde nicht festgelegt. Die Bundesländer beziehen die Rate derzeit in komplexe Berechnungen ein (Sachsen und Thüringen) oder überlassen die Entscheidung über Maßnahmen den einzelnen Landkreisen (Sachsen-Anhalt). Warum die Hospitalisierungsrate in der jetzigen Form als neue Corona-Kennzahl untauglich ist, erklärt MDR-Datenjournalist Manuel Mohr in diesem Artikel.

(Quellen: Schätzung der aktiven Fälle: eigene Berechnung, LAV Sachsen-Anhalt, TMASGFF, Sozialministerium Sachsen | Hospitalisierungsrate: RKI, Sozialministerium Sachsen, TMASGFF | Intensivpatienten: Divi | Impfquote: RKI | Todesfälle: LAV Sachsen-Anhalt, TMASGFF, Sozialministerium Sachsen, RKI)

Alle Grafiken und weiteren Zahlen finden Sie hier in den Übersichten der Kolleginnen und Kollegen.

Zum Schluss ...

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, wie dieser Newsletter oder das MDR Programm für Radio, Fernsehen und Online eigentlich entstehen? Im Zeitraum vom 15. August bis 16. September können Sie es selbst herausfinden, denn die verschiedenen MDR-Redaktionen laden für jeweils einen Aktionstag zum Mitmachen ein. Bewerbungen sind über dieses Registrierungsformular möglich. Wann und wo die Aktion konkret stattfindet, erfahren Sie direkt im Formular oder auf den Seiten des jeweiligen Programms.

Ich drücke Ihnen die Daumen für die Bewerbung und wünsche Ihnen einen schönen Abend!

Viele Grüße

Sarah-Maria Köpf

P.S. Im folgenden Video stellt Ihnen MDR-Moderatorin Wiebke Binder die Aktion noch einmal genauer vor.

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Die Aktion Programmmachen 2022 soll vielen Menschen Einblicke in die Arbeit der MDR-Redaktionen ermöglichen. Ab 1. August können Sie sich online bewerben. MDR-Moderatorin Wiebke Binder stellt die Aktion vor.

Mi 13.07.2022 12:39Uhr 00:32 min

https://www.mdr.de/unternehmen/video-programmmachen-redaktionsbesuch-publikum-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 03. August 2022 | 19:30 Uhr

8 Kommentare

Haller am 04.08.2022

Nun da jede fünftausende Spritze schwere Nebenwirkungen erzielt ist mit der fünften Impfung ein guter statistischer Schnitt erreicht und jeder 1000. Impfling hat schwere Nebenwirkungen

MDR-Team am 04.08.2022

Hallo Reuter4774,

leider ist das nicht so einfach, wie wir es uns alle vielleicht wünschen würden. Den oft handelt es sich nicht nur um vereinzelte Nachrichten, sondern um geplante Aktionen, die eine Masse von Nachrichten produzieren. Zudem ist Hass im Netz ist ein großes Problem, das lange nicht als solches erkannt wurde. Bei Nachverfolgung im Netz gibt es nicht nur in diesem Bereich sehr große Defizite. Mehr dazu können Sie unter anderem auch hier nachlesen: https://www.mdr.de/brisant/hass-im-netz-122.html

Viele Grüße die MDR.de-Redaktion

Reuter4774 am 04.08.2022

Also jetzt alle 3 Monate impfen, auch Kinder ohne bisherige Boosterempehlung??? Sicher nicht! Diese Lokalitäten sehen mich und mein Geld nicht! Bin 3fach geimpft, aber irgendwo ist es nur noch übertrieben .

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