Schlesinger-Affäre ARD entzieht RBB-Geschäftsleitung das Vertrauen

20. August 2022, 22:43 Uhr

Die Intendanten der ARD haben der amtierenden Geschäftsleitung des RBB das Vertrauen entzogen. Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow erklärte, man wolle damit den Sender stabilisieren. Buhrow zollte gleichzeitig der kurz zuvor zurückgetretenen Rundfunkratsvorsitzenden von Kirchbach Respekt. Auch der Redaktionsausschuss fordert mittlerweile den Rücktritt der Geschäftsführung.

Die ARD-Intendantinnen und -intendanten haben das Vertrauen in die amtierende Geschäftsleitung des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) in der Aufarbeitung der Affäre um die abberufene Senderchefin Patricia Schlesinger verloren. "Wir, die Intendantinnen und Intendanten der ARD, haben kein Vertrauen mehr, dass der geschäftsführenden Leitung des Senders die Aufarbeitung der diversen Vorfälle zügig genug gelingt", teilte ARD-Chef Tom Buhrow mit.

Buhrow: Intendanten erfahren Vorwürfe aus der Presse

Buhrow kritisierte, nach wie vor erführen seine Kolleginnen und Kollegen immer neue Vorwürfe ausschließlich aus der Presse. Man wolle helfen, den Sender zu stabilisieren: "Wir sind der Überzeugung, dass es mit dieser Geschäftsleitung immer unruhiger wird." Buhrow ergänzte: "Es scheint so instabil, dass man sagen kann, es besteht die Gefahr, dass sich die Strukturen des RBB anfangen aufzulösen." Mit Buhrows Erklärung wächst der Druck auf das Führungsteam rund um den geschäftsführenden Intendanten Hagen Brandstäter, die Ämter niederzulegen.

Nach der ARD-Erklärung forderte auch der Redaktionsausschuss des RBB die Geschäftsleitung zum Rücktritt auf. In einer Erklärung hieß es: "Die RBB-Geschäftsleitung genießt kein Vertrauen mehr - weder in der ARD noch im eigenen Haus. Deshalb muss sie unverzüglich zurücktreten. Auch wir als Vertretung der Journalistinnen und Journalisten im RBB vertrauen nicht mehr darauf, dass mit dieser Geschäftsführung eine lückenlose Aufklärung möglich ist."

Rundfunkrats-Chefin Kirchbach zurückgetreten

Kurz zuvor war die Vorsitzende des RBB-Rundfunkrats, Friederike von Kirchbach, angesichts der Krise des Senders zurückgetreten. Kirchbach teilte mit, der Sender RBB stehe vor einem Neuanfang. Nach zehn Jahren Tätigkeit stelle sie daher ihr Amt zur Verfügung. Kirchbach betonte, in der aktuellen Debatte um den RBB und das öffentlich-rechtliche System solle es nicht um Personen gehen, sondern um die Sache. Dazu gehöre "die selbstkritische Betrachtung unserer Arbeit im Rundfunkrat".

Der stellvertretende Rundfunkratsvorsitzende Dieter Pienkny soll die Amtsgeschäfte laut RBB vorerst kommissarisch übernehmen. Die evangelische Theologin Kirchbach hatte dem Rundfunkrat seit 2013 vorgestanden. In Medienberichten zum RBB war thematisiert worden, dass Kirchbach als Pfarrerin zwei Frauen aus der Senderspitze getraut haben soll. Kirchbach erklärte, sie sei nicht bereit, ihre "berufliche Integrität als Pfarrerin und Seelsorgerin infrage stellen zu lassen". In seiner Erklärung zollte Buhrow Kirchbach ausdrücklich Respekt.

Vorwürfe gegen Intendantin Schlesinger und Kontrolleur Wolf

Gegen die entlassene RBB-Intendantin Schlesinger läuft derzeit ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsnahme. Die Krise beim RBB dreht sich um Vorwürfe der Vetternwirtschaft und des Filzes gegen Schlesinger sowie den zurückgetretenen Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf.

Unter anderem soll es Absprachen zwischen Schlesinger und Wolf zum Gehalt Schlesingers gegeben haben; das genaue Gehalt ist bislang nicht in Gänze offengelegt worden. Für Unmut sorgte auch der Umbau der Chefetage des Senders für 1,4 Millionen Euro und angebliche Spesenabrechnungen für private Abendessen. Mitarbeiter sind wütend, weil zugleich im RBB-Programm gespart wurde, insbesondere auf dem Rücken freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

AFP/dpa/epd (jan)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. August 2022 | 15:30 Uhr

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