Beginn des ÄrztestreiksTausende Arztpraxen zwischen den Feiertagen geschlossen
Wer zwischen den Feiertagen zum Arzt muss, könnte es diesmal noch schwerer haben als sonst. Denn niedergelassene Praxen sind zum Streik aufgerufen, der Virchowbund klagt über zu viel Bürokratie und mangelnde Kostenerstattung. Patientenschützer und Kassen haben wenig Verständnis für die Aktion.
- Der Vorsitzende des Virchowbunds beklagt eine "überbordende Demokratie" in den Arztpraxen
- An der Aktion beteiligen sich bundesweit zehntausende Arztpraxen
- Kritik kommt unter anderem von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
Aus Protest gegen die Gesundheitspolitik von Minister Karl Lauterbach (SPD) sind am Mittwoch tausende Arztpraxen in Deutschland geschlossen geblieben. Der Bundesvorsitzende des Virchowbunds, Dirk Heinrich, rechtfertigte die Praxisschließungen damit, dass Lauterbach "auf bisherige Protestmaßnahmen nicht reagiert hat".
Protest gegen "überbordende Bürokratie"
Heinrich beklagte am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin" überbordende Bürokratie. "Hier muss endlich mal der Gordische Knoten durchschlagen werden, damit die Praxen entlastet werden von Dingen, die uns von den Patienten abhalten", sagte Heinrich. "Denn unsere vordringlichste Aufgabe ist natürlich, sich um die Menschen zu kümmern. Und dafür brauchen wir mehr Zeit und weniger Zeit für Papier."
Kritik an der Aktion kam von der Stiftung Patientenschutz und dem GKV-Spitzenverband. Ärzteverbände haben dazu aufgerufen, Hausarzt- und Facharztpraxen bundesweit zwischen den Jahren geschlossen zu halten.
Zehntausende Praxen bundesweit beteiligt
Die für Mittwoch bis Freitag geplante Aktion ist Teil der Kampagne "Praxis in Not", die von mehr als 20 Verbänden unterstützt wird. Der Virchowbund der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte konnte am Mittwoch keine Angaben zur Zahl der beteiligten Praxen machen, weil der Streik dezentral organisiert werde. Man rechne aber mit bundesweit mehreren Zehntausend geschlossenen Praxen, erklärte eine Sprecherin.
Gestreikt wurde am Mittwoch unter anderem in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg und Bremen, aber auch in kleineren Städten und auf dem Land. Da nach dem Protest das Wochenende und der Neujahrstag folgen, dürften die Praxen erst am 2. Januar wieder öffnen.
Die Praxen waren dazu aufgerufen worden, ihre Patienten über die Schließung zu informieren, auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu verweisen und für Vertretung für dringende Notfälle zu sorgen. In vielen Praxen gebe es einen Aufnahmestopp, weil das Geld zur Behandlung fehle, erklärte Heinrich. Viele Ärzte gingen deswegen früher als geplant in Rente.
Kritik von der Stiftung Patientenschutz und Lauterbach
Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, warnte vor Belastungen für Betroffene. Der ärztliche Bereitschaftsdienst sei in diesen Wochen stark eingeschränkt, da die Kassenärztlichen Vereinigungen die Verträge mit den Poolärzten gekündigt hätten.
Lauterbach hatte vor Weihnachten die Praxisschließungen kritisiert. Er habe Verständnis für die Proteste, aber nicht dafür, dass über die Feiertage gestreikt werde, sagte er dem RBB. Der Minister verwies darauf, dass derzeit jeder Zehnte krank sei und die Menschen die Versorgung bräuchten. Er will sich mit den Hausärzten im Januar zu einem Krisengipfel treffen, um über die beklagte Überlastung und die viele Bürokratie in den Praxen zu beraten.
dpa/AFP (yvo)
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 27. Dezember 2023 | 12:00 Uhr