Zugchaos Staatsschutz ermittelt zur Bahn-Sabotage – hybride Bedrohung nicht ausgeschlossen

09. Oktober 2022, 18:56 Uhr

Nach der Sabotage bei der Deutschen Bahn hat der Berliner Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. Laut Landeskriminalamt wird in alle Richtungen ermittelt. Ein hybrider Angriff auf die Infrastruktur ist nicht ausgeschlossen.

Im Fall der folgenschweren Sabotage des Bahnverkehrs hat der Staatsschutz beim Berliner Landeskriminalamt die Ermittlungen übernommen. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass es einen politischen Hintergrund gebe, ermittelt werde aber in alle Richtungen, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag.

Zu den möglichen Tätern und Motiven gibt es bislang keine offiziellen Aussagen. Dass es ein gezielter Angriff war, scheint aber gesichert. "Wir haben einen Tatort in Berlin-Hohenschönhausen", sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin. "Ein weiterer befindet sich in Nordrhein-Westfalen." Aus Sicherheitskreisen hieß es, es seien in Berlin und in Herne in NRW vorsätzlich sogenannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen.

Politik verlangt Anpassung der Sicherheitskonzepte

Nach den Zerstörungen und dem daraus folgenden Chaos fordern nun erste Politiker Konsequenzen. SPD-Fraktionsvize Detlef Müller sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND), zur kritischen Infrastruktur gehörten nicht nur Schienen und Züge, sondern auch digitale Leit- und Sicherungstechnik. Diese Technik müsse zugriffssicherer verbaut werden.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, mahnte eine grundsätzliche Anpassung der Sicherheitskonzepte an und verwies dabei auf neue Formen hybrider Kriegsführung. Zuvor hatten bereits die Grünen einen besseren Schutz der kritischen Infrastruktur gefordert.

Was ist hybride Kriegsführung? In modernen Konflikten arbeiten Angreifer nicht mehr nur mit klassischen Militäreinsätzen. Hinzu kommen etwa Computerangriffe und verdeckte Propaganda in den sozialen Medien. Diese "hybride Kriegsführung" (hybrid = gemischt) verwischt die Grenzen zwischen Krieg und Frieden. Sie hat auch das Ziel, Gesellschaften zu destabiliseren und zu verunsichern: Dafür verschleiern die Angreifer oft ihre Beteiligung. Ein typisches Beispiel hierfür ist der verdeckte Einsatz russischer Truppen ohne Hoheitszeichen auf der Krim nach der russischen Annexion 2014. Quellen: Bundesministerium der Verteidigung, Stiftung Wissenschaft und Politik (jan)

Die Gewerkschaft der Polizei geht davon aus, dass es sich womöglich "um terrorartige Strukturen auf Seiten der Täter" handelt. Der Vorsitzende im Bereich Bundespolizei und Zoll, Andreas Roßkopf, sagte dem RND, bei der Bahn sei solch eine Sabotage immer wieder möglich, "weil auch die Kabelleitungen häufig auch auf offener Strecke liegen und diese nicht vollständig überwacht sind".

Warnung vor Angriff auf Infrastruktur

Mit Blick auf die allgemeine geopolitische Lage seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine warnt auch Bundeswehr-General Carsten Breuer vor zunehmenden Angriffen auf die Infrastruktur in Deutschland.

"Jede Umspannstation, jedes Kraftwerk, jede Pipeline kann attackiert werden, kann ein mögliches Ziel sein", sagte der Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr der "Bild am Sonntag". Man stelle sich im Kommando vor allem auf hybride Bedrohungen ein.

dpa

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 09. Oktober 2022 | 12:30 Uhr

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