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BildungsberichtLesekompetenzen gesunken, Studienzeiten verlängert

23. Juni 2022, 14:00 Uhr

Bis zu fünf Monate Distanzunterricht, schlechtere Lesekompetenzen, fehlendes Lehrpersonal und weniger Hochschulabschlüsse – gut zwei Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie liegt eine erste umfassende Bildungsbilanz vor.

Im ersten Lockdown während der Corona-Pandemie hatten nur 38 Prozent der Lehrkräfte nach eigenen Angaben mit allen oder fast allen Schülerinnen und Schülern regelmäßigen Kontakt. Das geht aus dem aktuellen Bericht "Bildung in Deutschland 2022" hervor. Demnach wurden einerseits digitale Bildungsangebote stark ausgebaut. Andererseits sorgte der Wegfall von Präsenzformaten teils für erhebliche Lücken.

Kai Maaz, Direktor des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation, sagte, die Corona-Pandemie habe den Blick für viele bereits bestehende Trends und Problemlagen verschärft. Die Folgen seien noch nicht vollständig absehbar. Die Systematik des Bildungsberichts erlaube aber eine erste übergreifende Bilanz. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben für den alle zwei Jahre veröffentlichten Bericht amtliche Statistiken, sozialwissenschaftliche Daten und Studien ausgewertet.

Unsicherheiten bei Übergängen im Bildungssystem

Allein bis Juni 2021 häuften sich an den Schulen vier bis fünf Monate Distanzunterricht an. Unter anderem die Lesekompetenzen in vierten Klassen ging im Vergleich zum Jahr 2016 zurück. Den Forschenden zufolge ist die Pandemie aber nicht der einzige Grund dafür. Auch für weitere fachspezifische Leistungen gebe es Hinweise auf ein gesunkenes Niveau, es brauche aber noch mehr belastbare Daten.

Markante Veränderungen zeigt der Bericht auch für die Übergangsphasen im Bildungssystem. So starteten vergangenes Jahr sieben Prozent weniger Jugendliche eine berufliche Ausbildung als noch im Jahr 2019. Ähnlich ging die Zahl der Hochschulabschlüsse von 2019 auf 2020 um sechs Prozent zurück.

Beim Aus- und Weiterbildungsangebot beobachtete das Forschungsteam einen Rückgang, der mit den Folgen der Finanzkrise 2008 vergleichbar sei. Dabei nahm pädagogisches Personal überdurchschnittlich häufig an Fortbildungen teil: mit einer Quote von 33 Prozent waren es fast doppelt so viele wie im Gesamtschnitt aller Erwerbstätigen (17 Prozent).

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Deutlich mehr Personal in Kitas, trotzdem Engpässe

Seit 2010 ist dem Bildungsbericht zufolge das Personal an Kitas, Schulen und Hochschulen teils deutlich gestiegen. Allerdings wurde auch erst im Sommer 2013 der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren eingeführt. Trotz 75 Prozent mehr Beschäftigten in der Frühen Bildung im Vergleich zu 2010 hat sich die Betreuungssituation kaum verbessert. Bis zum Jahr 2025 rechnen die Forschenden mit bis zu 72.500 fehlenden Fachkräften.

Für die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern erwarten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bis 2029/30 einen zusätzlichen Bedarf von 65.600 Fachkräften. An allgemeinbildenden Schulen dürften demnach bis 2030 mindestens 17.300 Lehrkräfte fehlen.

Fazit: Mehr Abstimmungen und gezielte Weiterbildungen

Handlungsbedarf sieht Kai Maaz als Sprecher des Forschungsteams etwa bei der Anpassung von Bildungschancen. Hier gebe es noch hohe soziale Ungleichheiten. Zu den zentralen Ansatzpunkten des Bildungsberichts zählt etwa, die Infrastruktur für digitale Bildungsangebote auszubauen und Beschäftigte entsprechend fortzubilden. Auch darüber hinaus gelte es, die Fortbildungsstruktur und -kultur weiterzuentwickeln.

Insgesamt plädieren die Forschenden dafür, dass sich die verschiedenen Akteure im Bildungswesen verbindlich und bereichsübergreifend abstimmen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 23. Juni 2022 | 14:00 Uhr

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