
Depression Arbeitsunfähig wegen psychischer Erkrankungen – Pflegebranche besonders stark betroffen
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23. Juli 2024, 13:59 Uhr
Immer häufiger fallen Menschen im Job wegen psychischer Erkrankungen aus. Nach einer Auswertung der Krankenkasse DAK ist die Zahl der Fehltage wegen psychischer Krankheiten im ersten Halbjahr um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen. Immer mehr Arbeitgeber rücken die psychische Gesundheit ihrer Beschäftigten deswegen in den Mittelpunkt und versuchen gegenzusteuern. Doch manchmal ist das nur schwer umsetzbar.
- Arbeitgeber gehen sensibler mit psychischen Erkrankungen um, aber in vielen Institutionen ist es noch ein Tabuthema.
- Es gibt Projekte, die das Auftreten psychischer Erkrankungen erfassen und Arbeitgeber sensibilisieren sollen.
- Laut der Diakonie gibt es zu wenig psychologisch geschultes Personal, das Hilfe anbieten kann.
Die immer häufiger festgestellten psychischen Erkrankungen verwundern bei der Deutschen Depressionshilfe niemanden. Diesen Trend nach oben beobachte man schon seit Jahren, sagt Juliane Tiefensee. Sie arbeitet für die Depressionshilfe im Bereich Arbeit und Depression und berät dort unter anderem Unternehmen, mit diesem Problemfeld umzugehen.
Laut Tiefensee gehen Arbeitgeber mittlerweile sensibler mit Depressionen um: "Es gibt eine Hinwendung zu diesem Thema. Wir bekommen mehr Anfragen, dass dieses Thema in das Unternehmen integriert werden soll. Aber es ist auf der anderen Seite auch so, dass viele Betroffene sich nach wie vor allein gelassen fühlen. Es gibt viele Institutionen, wo es nach wie vor ein Tabuthema ist."
In der Teeküche spreche man etwa wie selbstverständlich über einen Bandscheibenvorfall, sagt Tiefensee. Von einer erlebten depressiven Episode höre man dagegen selten. Dennoch: Es tut sich etwas.
Viele Ausfälle in der Pflegebranche
Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMV) etwa leistet sich einen Expertenkreis Gesundheit, der Mitglieder des Verbands beratend zur Seite steht. Vorsitzender ist Uwe Nixdorf, Professor aus Düsseldorf. Er sagt, man sei am Beginn solcher betrieblichen Gesundheitsmanagement-Verfahren: "Wir sind in der Evaluierungsphase. Das heißt, wir haben Fragebögen entwickelt, die auch im Mittelstand publiziert werden. Das ist die Verbandszeitschrift des BVMW. Wir fordern die mittelständischen Mitglieder auf, Rede und Antwort zu stehen. Wir wollen das statistisch auswerten und werden agieren."
Besonders von den psychisch bedingten Ausfällen betroffen ist allerdings die Pflegebranche. Großer Arbeitgeber hier ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Sachsen. Sprecher Kai Kranich: "Tatsächlich müssen wir es leider auch bestätigen. Ja, die psychischen Erkrankungen bei den Mitarbeitenden haben zugenommen."
Das DRK versucht gegenzusteuern und arbeitet dafür unter anderem mit einer heimischen Krankenkasse zusammen und hat Pilotprojekte gestartet. Zentraler Bestandteil ist, Führungskräften wertschätzende Kommunikation mit den Beschäftigten zu vermitteln: "Da kann man sich als attraktiver Arbeitgeber zertifizieren lassen", sagt Kranich. Ein Pflegeheim vom DRK in Dippoldiswalde habe das gemacht.
Um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, muss man nach Angaben von Kranich Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit umsetzen: "Das wird dann auch geprüft und zertifiziert. Es gibt die Assistenzsysteme drumherum, die das erkannt haben und damit hat man auch Vorteile."
Fachkräftemangel verschärft Situation
Soll heißen: Der Arbeitsmarkt ist umkämpft, gutes Personal ist schwer zu finden. Oder: Die Fachkräfte sind knapp.
Laut Frieder Weigmann ist dies das zentrale Problem im Kampf gegen psychische Erkrankungen. Es sei verrückt, sagt er. Die Diakonie als Institution biete professionelle Hilfe für Menschen mit psychischen Erkrankungen: "Und jetzt werden die Helfer krank. Dieser Trend verstärkt sich. Das beobachten wir mit Sorge, und wir haben keine Lösung, weil wir keinen Ersatz haben. Das ist das Problem."
Die Diakonie habe psychologisch geschultes Personal, Seelsorger, habe ein betriebliches Gesundheitsmanagement etabliert. Aber all das ersetze keine krankgeschriebene Pflegekraft auf Station.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. Juli 2024 | 06:05 Uhr
Wagner vor 29 Wochen
Richtig,Menschen sind keine Maschinen.Davon habe ich auch nicht gesprochen —also richtig lesen und dann urteilen. Ich sage ,dass das Anspruchsdenken der Gesellschaft (jung,flott,dynamisch usw.) nicht zur erlebten Arbeitswelt passt und das dieser Widerspruch zu den Problemen führt. Das ist vollkommen empathiefrei eingeschätzt.
Wagner vor 29 Wochen
Ja,aber ,was wollen Sie da sagen. ??? Soll jeder Patient an jedem Bettende eine Schwester stehen haben ??? Wäre dann der Druck weg ? Ich glaube kaum. Meine Theorie ist noch die beste: das Anspruchsdenken aus der Gesellschaft (jung,flott,dynamisch usw.) passt nicht zur erlebten Arbeitswelt und dies führt zu Belastungen.
part vor 29 Wochen
Geiz war schon immer geil, besonders wenn die Führungsriege ab der PDL aufwärts den Dienstwagen nutz zum Einpendeln im Bereich von 30 Km. Probearbeitsverhältnisse, heuern und feuern und Pflegehilfskräfte, die die Arbeit von Fachkräften ausführen müssen. Irgendwo muss ja gespart werden, um die Vorgaben aus der Konzernleitung umzusetzen. MDK, Krankenkassen und Landesverwaltungsamt geben sich unschuldig bei dauernden Engpässen, die so gewollt sind. Es fehlt eine weitere Pflegereform, grundlegend und das System der Gewinnmaschinerie begrenzend. Dass die Betroffenen, Pfleger wie auch Klientel dabei psychisch immer mehr leiden dürfte jedem klar sein.