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GastbeitragLeichtsinn und Dummheit erschweren Feuerwehrarbeit

30. Juli 2022, 05:00 Uhr

In Mitteldeutschland gibt es immer wieder Waldbrände. Viele von ihnen ausgelöst durch Fahrlässigkeit oder sogar vorsätzliche Brandstiftung. Der Leipziger Feuerwehrmann Jörg Färber ärgert sich sehr über den Leichtsinn und fordert mehr Respekt für Feuerwehrarbeit.

"Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt": Wer kennt es nicht, dieses wunderschöne Kinderbuch aus dem Jahre 1969? Der Titel nimmt es bereits vorweg: Es ist Kaffeepause bei der Feuerwehr. Der Kaffee ist gekocht und die Becher stehen bereit. Die Pause haben sich die Kameraden redlich verdient. Aber da klingelt das Telefon. Alarm! Es brennt, und zwar bei Oma Eierschecke in der Kaffeestraße. Blitzschnell geht es über die Rutschstange zum Löschauto. Das Martinshorn ruft: "Tatütata!"  

Jörg Färber von der Feuerwehr Leipzig Bildrechte: MDR/Tom Schulze

Unzählige Male haben mir meine Eltern dieses Buch vorgelesen, und ebenso oft habe ich es meinen Kindern vorgelesen. Lustige Episoden aus dem Leben von Feuerwehrleuten, die unseren Kindern auf lustige Art und Weise vermitteln, nicht leichtsinnig mit Feuer umzugehen. 

Vor 53 Jahren wurde dieses Buch geschrieben. Würde es heute neu geschrieben, hieße der Buchtitel "Bei der Feuerwehr wird der Kaffee nicht mehr kalt". Warum? Weil es keine Pausen mehr gibt. Die Kameradinnen und Kameraden müssen täglich Katastrophen bewältigen oder wie seit mehreren Wochen immer größere Waldbrände löschen.

Ursache für Feuerwehreinsätze oft Leichtsinn und Dummheit

Ein unhaltbarer Zustand, der leicht zu beheben wäre. Denn statistisch gesehen sind die meisten Einsätze auf Menschen gemachte Ursachen zurückzuführen. Auf Leichtsinn, Dummheit, Respektlosigkeit. Erst in der Nacht zum Mittwoch wurden in der Dresdner Heide 30 Leute angetroffen, die eine verbotene Party feierten. Sie hatten einen benzinbetriebenen Generator für den Betrieb ihrer Musikanlage dabei und waren teils mit Autos ins Naturschutzgebiet gefahren. Trotz der aktuellen Waldbrandgefahr fand man dort frische Zigarettenkippen auf dem Waldboden und drei Benzinkanister.

Immer und immer wieder werden wir und auch Polizeieinsätzkräfte alarmiert, um die Bürgerinnen und Bürger darauf hinzuweisen, solche Aktionen zu unterlassen. Widerwillig, mit viel Unverständnis räumen die meisten zusammen. Verständnis begegnet uns selten, Beleidigungen und Androhungen körperlicher Gewalt sind dagegen keine Seltenheit mehr. 

Das ist Jörg FärberJörg Färber, 47, ist Hauptbrandmeister und Notfallsanitäter bei der Leipziger Berufsfeuerwehr. Angefangen allerdings hat er als Koch. Ausgebildet in der Hotelgastronomie arbeitete er jahrelang in Spitzenrestaurants in Hamburg, Italien, Kanada, Mallorca und Hawaii, bevor er den Beruf wechselte.

Der Zwei-Meter-Mann ist 13-facher Weltmeister der "World Police&Fire Games" – die nach den Olympischen Spielen zweitgrößte Sportveranstaltung der Welt. Er war bei mehreren Ironman und Ultramarathons dabei und ist mehrfacher Deutscher Meister im Retten und Schwimmen.

Bei der Mitmachaktion #fitwiediefeuerwehr von MDR NACHMITTAG und JUMP war er auch dieses Jahr wieder als Moderator dabei und live bei den Wettkämpfen der mitteldeutschen Freiwilligen Feuerwehren vor Ort.

Stundenlang löschen – ehrenamtlich und ohne Bezahlung

Dass in Deutschland der Brandschutz zu 90 Prozent durch Freiwillige Feuerwehren abgedeckt wird, verstehen die Angesprochenen oft nicht. Dabei machen die Kameradinnen und Kameraden ihre Einsätze ehrenamtlich, in ihrer Freizeit –  ohne Bezahlung. Sie bringen sich bei Einsätzen wie denen aktuell in der Sächsischen Schweiz in große Gefahr; löschen stundenlang bei großer Hitze die immer wieder aufflammenden Brände und sind tagelang kaum zu Hause bei ihren Familien. Das will keiner hören.

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Ich wünsche mir, dass die Gesellschaft wieder mehr nachdenkt. Dass jeder einzelne auf sich und seine Mitbürgerinnen achtet. Keiner muss im Hochsommer im Wald grillen oder womöglich ein Lagerfeuer entfachen, niemand muss im Wald campen und dabei eine rauchen, keiner muss mit dem Pkw mitten in den Wald fahren, um zu chillen. Mit mehr Eigenverantwortung wären Betretungsverbote wie zuletzt in Dresden und Umgebung ausgesprochen, gar nicht nötig.

Schützen Sie die Wälder und vor allem, schützen Sie die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren. Dann wäre vielleicht auch mal wieder eine Kaffeepause drin.

Aktueller Waldbrand-Ticker

Waldbrände in der Sächsischen Schweiz

Aktion: Fit wie die Feuerwehr

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 29. Juli 2022 | 06:00 Uhr