
Verluste trotz eigener Dienste Ärzte kritisieren, dass sie Bereitschaftsdienste finanzieren müssen
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22. Januar 2025, 12:46 Uhr
Der Beitrag zum Bereitschaftsdienst führt bei manchen Kassenärzten zu einem Minusgeschäft. Eine betroffene Hausarztpraxis in Dresden hat daher folgende Frage gestellt: "Warum müssen Ärzte in Sachsen einen hohen dreistelligen Betrag für den Bereitschaftsdienst bezahlen und werden folgend noch gezwungen, Bereitschaftsdienste selbst zu besetzen?" Die Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert genau aus diesem Grund eine andere Finanzierung. Die Politik hält dagegen.
- Bei den Abgaben für Bereitschaftsdienste müssen manche Kassenärzte zuzahlen.
- Das liegt an der Reform der Abgaben, die Ärzten auf den Land jedoch helfen soll.
- Die Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert daher finanzielle Unterstützung durch Steuern oder von den Krankenkassen.
Alle niedergelassenen Ärzte in Deutschland müssen am Bereitschaftsdienst teilnehmen. So steht es im Sozialgesetzbuch. Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen ihn organisieren und auch bezahlen. In Sachsen läuft das über eine Umlage: Jede Praxis zahlt pro Quartal 250 Euro sowie einen Betrag, der abhängig ist von den abgerechneten Leistungen. Manche machen da Verlust, sagt Sylvia Krug von der KV Sachsen. "Das ist richtig, dem muss ich zustimmen. Da müsste man sagen: Wenn ich jetzt wenigstens ungefähr bei null rausgehen möchte, dann muss ich mehr an Diensten teilnehmen."
System der Vergütung gut für Landärzte
Pro Stunde Bereitschaftsdienst gibt es 50 Euro. Aus Zahlen unseres Hörers geht hervor: Ein Minus ergab sich, wenn seine Praxis sieben Stunden Dienst oder weniger im Quartal übernahm. Florian Braunseis, Hausarzt in Oschatz, macht im selben Zeitraum zwar deutlich mehr. Doch auch er ist nicht durchweg zufrieden. Um die Vorgaben zu erfüllen, leiste man durch die Zwangsabgabe etwa jeden dritten 12-Stunden-Dienst unentgeltlich. "Vor der Reform war das nicht notwendig: Wir konnten unsere eigenen Praxisräume nutzen und sind selbst zu den Hausbesuchen gefahren", sagt Braunseins.
Inzwischen nutzen Ärzte eine zentrale Bereitschaftspraxis, meist in einer Klinik, und werden von medizinisch ausgebildeten Fahrern begleitet. Mit der Reform führte die KV Sachsen auch die jetzige Vergütung ein. Vorständin Sylvia Krug betont, es gebe nicht nur Kritik daran. "Zehn Stunden wären 500 Euro, die man garantiert mindestens bekommt, wenn man einige Einsätze fährt oder gar keine Einsätze fährt. Gerade im Ländlichen wird das positiv gesehen, weil die einfach nicht so viele Einsätze haben", argumentiert Krug.
Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert Entlastung der Ärzte bei Abgabe
Sylvia Krug verteidigt jedoch nur, wie Sachsen die deutschlandweiten Vorgaben umsetzt. Eine Ebene höher, bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und ihrem Sprecher Roland Stahl, geht es ums Grundsätzliche. Die Aufgaben seien gewaltig gewachsen, sagt er. "Vor diesem Hintergrund ist es nicht zumutbar, dass diese Dienste ausschließlich von den Niedergelassenen finanziert werden. Deshalb ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, unter Umständen über die Steuern." Mindestens aber sollten die Krankenkassen hier stärker in die Finanzierung mit einbezogen werden, fordert Stahl.
Das fordert auch unser Hörer aus der Dresdner Hausarztpraxis. Doch am Sozialgesetzbuch kann nur die Bundespolitik etwas ändern. Von dort kommen widersprüchliche Signale. SPD-Gesundheitspolitikerin Tina Rudolph lehnt den Vorstoß der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ab. Die KV verhandele selber, wie viel Budget sie bekomme, und daraus finanziere sie sowohl das eigentliche Wirken in den Praxen als auch den Bereitschaftsdienst. "Das jetzt rauszulösen halte ich nicht unbedingt für eine Lösung, wenn nicht damit einhergeht, dass wir strukturell was ändern und dass wir sagen, damit wird auch die Versorgung besser", sagt Rudolph.
Und Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, kritisiert SPD-Minister Karl Lauterbach. Er habe es nicht geschafft, eine Reform der Notfallversorgung und damit des Bereitschaftsdienstes umzusetzen. Das werde nun Aufgabe einer neuen Bundesregierung sein.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. Januar 2025 | 06:17 Uhr
pwsksk vor 2 Wochen
@Alex, nicht ganz. Lauterbach hat das/die Probleme noch verschärft. Fragen sie mal ihren "Arzt des Vertrauens". Er fing unter U. Schmidt erst richtig an zu Ökonomisieren und hatte bis heute nicht aufgehört. Die Ergebnisse im Gesundheitswesen zu den vielen Nichteinzahlern dürften hinlänglich bekannt sein.
D.L. vor 2 Wochen
Bereitschaft heißt idR nicht "rumsitzen", sondern unterwegs und aktiv sein. Im ländlichen Raum gerne mal 20 Minuten Anfahrt etc. Und das zusätzlich zum normalen Dienst.
Es gibt eben auch unterschiedliche Bereitschaften; in der Notfallpraxis gibt's kaum eine Minute Ruhe...
Arbeitende Rentnerin vor 2 Wochen
Genau die vielen Nichteinzahler sind das Problem, sollte man endlich angehen, unser Gesundheitssystem ist relativ gut aber auch teuer, also muss jeder seinen Beitrag leisten anderenfalls steigen die Beiträge immer mehr was der Wirtschaft schadet und die Renten schmälert. Eigentlich logisch und allen bekannt, stattdessen schürt man Neiddiskussionen auf Ärzte. Wollen wir froh sein, dass es sie noch gibt. Danke an alle und natürlich auch an das Pflegepersonal und das übrige medizinische Personal.