Ein braunes Laubblatt liegt im ausgetrockneten Flussbett der Ilm
Trockenheit macht nicht nur der Landwirtschaft zu schaffen - steigende Temperaturen stellen auch das Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen. Bildrechte: IMAGO / photo2000

RKI-Bericht Klimawandel erhöht Risiko für Infektionskrankheiten

01. Juni 2023, 12:48 Uhr

Klimaschutz ist Gesundheitsschutz, bilanzieren Forscherinnen und Forscher in einem aktuellen Sachstandsbericht des RKI. Vor allem Infektionskrankheiten könnten sich demnach mit steigenden Temperaturen auch in Deutschland immer weiter ausbreiten.

Wegen des Klimawandels müssen sich die Menschen in Deutschland auch auf eine stärkere Verbreitung von Infektionskrankheiten einstellen. Zu dem Ergebnis kommt der erste Teil des dreiteiligen Sachstandsbericht "Klimawandel und Gesundheit" unter Koordination des Robert Koch-Instituts in Berlin. "Wir stehen vor einer wirklich großen Herausforderung, auch für unser Gesundheitssystem", sagte die Medizinerin und Mitautorin Elke Hertig bei der Vorstellung der Ergebnisse.

Mehr Zecken und Mücken durch Klimaerwärmung

Dem Bericht zufolge könnten sich durch die Erwärmung Erreger von Tropenkrankheiten oder Überträger von Infektionskrankheiten wie Mücken und Zecken besser in Deutschland ausbreiten. Bereits 2019 gab es demnach in Deutschland die ersten Fälle von West-Nil-Fieber bei Menschen, die sich durch den Stich heimischer Mücken angesteckt hatten. Im schlimmsten Fall kann das West-Nil-Virus zu einer Schädigung des Nervensystems oder Gehirns führen.

Auch Zecken, die etwa Hirnhautentzündungen und Borreliose übertragen, dringen in immer mehr Regionen Deutschlands vor. Gestiegene Temperaturen begünstigen laut Epidemiologe und Mitautor Klaus Stark zudem eine Verbreitung der Hyalomma-Zecke, die bakterielle Erreger von Fleckfieber übertragen kann. Weitere Risiken bilden den Forschenden zufolge unter anderem ein Anstieg von bakteriellen Resistenzen und die Vermehrung von Vibrionen im Wasser.

Das Bakterium Vibrio vulnificus vermehrt sich bei Temperaturen ab circa 20 Grad und dringt schon durch sehr kleine Wunden in die Haut ein. Insbesondere bei älteren Personen oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem können diese Infektionen Stark zufolge zu schwersten Wundinfektionen oder Blutvergiftungen führen - ohne unmittelbare Behandlung könne das zum Tod führen.

Hertig: "Klimaschutz ist der effektivste Gesundheitsschutz"

Insgesamt sind dem Bericht zufolge nahezu zwei Drittel der in Europa vorkommenden Erreger von Infektionskrankheiten klimasensibel. Vermehrte Hitzewellen oder Überflutungen begünstigen damit ihre Entwicklung oder Ausbreitung. Co-Autorin Hertig betont, seit dem ersten Bericht 2010 habe man zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen.

Um die Gesundheitsrisiken möglichst gering zu halten, plädieren die Autorinnen und Autoren unter anderem zu verstärkten Maßnahmen, um die Treibhausgasemissionen zu vermindern. Klimaschutz sei aktiver Gesundheitsschutz, heißt es. Zudem fordern sie Überwachungssysteme, um die Ausbreitung von Krankheitsüberträgern wie Mücken und Zecken sowie Ausbrüche von Infektionskrankheiten zu dokumentieren. Auch brauche es Programme zur Stechmückenbekämpfung wie in Ländern des Mittelmeerraums oder des globalen Südens. Gezielte Aus- und Weiterbildungen für Ärzte sollen zudem dafür sorgen, dass mögliche Infektionen schnell erkannt und richtig behandelt werden.

Für den Bericht trugen mehr als 90 Autorinnen und Autoren aus rund 30 Forschungseinrichtungen und Bundesbehörden Erkenntnisse zur Auswirkung der Klimaveränderungen auf Krankheiten zusammen. Zudem nahmen sie Gesundheitsfolgen durch Hitzewellen, Wassermangel, Waldbrände oder Ernteausfälle unter die Lupe.

MDR, dpa, epd, KNA (rnm)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 01. Juni 2023 | 11:00 Uhr

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