Nele Mäder
Nele Mäder lebt im Kohlerevier und macht sich Sorgen um den Klimawandel. Bildrechte: MDR/Isabel Theis

"Tschüss Kohle, hallo Zukunft" – 2022 Das Mädchen und der Ort auf Kohlen

07. März 2022, 05:00 Uhr

Die 14-jährige Nele Mäder, lebt im Mitteldeutschen Kohlerevier. Erst hat die Kohle ihr Leben geprägt, jetzt ist es der Ausstieg, der sie beeinflusst. Und dabei noch noch die Sorgen um die Umwelt.

In Michlitz ist auch zur Hauptverkehrszeit um 16 Uhr wenig los. Durch das Dorf unweit von Lützen rauscht höchstens alle fünf Minuten mal ein Auto. Nele Mäder lebt mit ihrer Familie hier. Fragt man die 14-Jährige, was Michlitz alles zu bieten hat, sagt sie: "Es gibt nix". Gemeinsam schauen wir uns dieses Nichts genauer an.

Nele Mäder, Gymnasiastin Michlitz 10 min
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Nele Mäder ist 14 und wohnt in Michlitz im Mitteldeutschen Braunkohlerevier. Das Landleben findet sie zwar langweilig, aber Michlitz ist ihr wichtig. Das Dorf soll nicht abgebaggert werden - auch wegen des Klimawandels.

MDR AKTUELL Mo 07.03.2022 05:30Uhr 09:55 min

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Nele spaziert los. Zierliche Gestalt, Daunenjacke, die schwarzgefärbten Haare trägt sie zu einem lockeren Zopf gebunden. Die ländliche Umgebung, die ihre Eltern hierhergezogen hat, findet Nele gerade hauptsächlich langweilig. Trotzdem ist Michlitz ein Ort, der ihr wichtig ist. Schön und schützenswert. "Das wäre jetzt nicht so cool, wenn ich eines Tages in einem Land lebe, das unheimlich betroffen ist vom Klimawandel."

Die Kohle-Serie und der Ukraine-Krieg Seit dem Angriff der russischen Armee auf die Ukraine wird wieder über den Kohleausstieg diskutiert. Die Bundesregierung prüft, ob ein vorgezogener Ausstieg bis 2030 überhaupt möglich ist, sollten Russlands Gaslieferungen ausbleiben. Die Interviews mit den Protagonisten unserer Serie fanden alle vor Beginn des Krieges statt.

Der Klimawandel treibt sie um. Das ist nicht die Regel in ihrem Umfeld. Weder in ihrem Freundeskreis noch in der Familie mache sich jemand darüber viele Gedanken. "Die beschäftigen sich wahrscheinlich eher mit anderem. Aber eben nicht mit Kohleabbau und Klimawandel. Und hier ist auch wirklich nichts, was irgendwie kritisch ist oder animiert, überhaupt darüber nachzudenken."

Michlitz im Burgenlandkreis
Michlitz im Burgenlandkreis Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Das liegt vermutlich auch daran, dass Michlitz noch zum mitteldeutschen Braunkohlerevier gehört. Noch immer leben viele Menschen hier von und mit der Kohle. Das Kohleunternehmen Mibrag sponsert Schulen und Vereine. Der nächste Tagebau, Profen, ist rund zehn Kilometer entfernt.

Unterm Dorf liegt die Kohle

Nele versorgt sich im Internet mit Infos zu Klimathemen. "Da sieht man schon mal öfter etwas, wo es heißt: Hier unterschreib mal gegen Kohleabbau, gegen Klimawandel." Auch Wissenschaftliches liest sie. Schließlich fand Nele heraus, dass auch unter ihrem Dorf Kohle liegt.

Nele Mäder trifft ihre Nachbarin Dorothee Berthold
Nele Mäder trifft ihre Nachbarin Dorothee Berthold. Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Ihr Interesse daran teilt sie mit einer Nachbarin. Dorothee Berthold öffnet das Tor zu ihrem Grundstück und bittet zum Plausch. Trotz beschlossenem Kohleausstieg hat die Rentnerin Angst, dass auch Michlitz noch abgebaggert wird. Denn auf dem Papier liegt das Dorf in einem sogenannten Braunkohlevorranggebiet. "Und das ist natürlich überhaupt kein gutes Zeichen für uns. Wir sind also unsere Angst weiterhin nicht los", sagt Berthold.

Ein Sprecher aus dem Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt versichert, es gebe absolut keinen Bedarf mehr an der Kohle aus dem Lützener Becken. Auch Falko Grube, Vize-Fraktionschef der SPD im Landtag, geht davon aus, dass der Raumordnungsplan noch in dieser Legislaturperiode überarbeitet wird. Heißt: bis spätestens 2026.

Doch Berthold traut dem nicht. Sie hat schon einmal ihre Heimat verloren. Vom Haus ihrer Kindheit stehen nur noch die Grundmauern. Die Kohle darunter soll noch gefördert werden. "Das ist traurig und schlimm", findet Berthold. Nele hört sich das ohne erkennbare Reaktion an. Doch dann platzt es aus ihr heraus. "Ich werde da richtig aggressiv. Das regt mich so auf. Ich meine, die sollen uns in Ruhe lassen, die sollen Windräder bauen, anstatt hier irgendwas aufzubaggern. Das bringt doch einen Scheißdreck. Entschuldigung für die Wortwahl."

Ich werde da richtig aggressiv. Die sollen Windräder bauen, anstatt hier irgendwas aufzubaggern.

Nele Mäder

Den Kohleausstieg sieht Nele durchweg positiv. Durch Windräder und den Bau von Solaranlagen könnten neue Jobs entstehen. Und sie selbst hat auch schon einen klaren Plan für ihre eigene Zukunft: Chirurgin, Herzchirurgin.

Das geht natürlich nicht in Michlitz. Aber die Möglichkeit, für einen Besuch zurückzukommen, will sie trotzdem auch in zehn Jahren noch haben.

Hier können Sie sich alle Folgen der Serie anhören:

Tschüss Kohle, hallo Zukunft!

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