Missbrauchsskandal Marx will sich "nicht vom Acker machen"
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Nach dem Gutachten über Missbrauchsfälle im Erzbistum München und Freising und dem Umgang der katholischen Kirche damit hat Kardinal Reinhard Marx einen neuerlichen Rücktritt abgelehnt. Stattdessen forderte er Reformen.

- Kardinal Reinhard Marx lehnt einen Rücktritt von seinem Amt als Erzbischof ab.
- Marx fordert Reformen in der katholischen Kirche - u.a. soll Bekenntnis zur Homosexualität kein Hindernis für Priesteramt sein
- Marx vermeidet konkrete Aussage zum emeritierten Papst Benedikt
Kardinal Reinhard Marx will nach dem Gutachten über den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Erzbistum München und Freising vorerst im Amt bleiben. Der Erzbischof sagte, das würde sich für ihn so anfühlen wie: "Jetzt geht er einfach aus dem Feld und macht sich vom Acker." Zudem verwies er darauf, dass Papst Franziskus im vorigen Jahr sein Rücktrittsangebot abgelehnt und ihn mit der weiteren Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs betraut hatte.
Bitte um Entschuldigung bei Betroffen und Gläubigen
Marx bat Betroffene wie Gläubige erneut um Entschuldigung. Das Gutachten zeige ein Desaster. Er sei erschüttert und erschrocken, vor allem über das Leid der Betroffenen, aber auch über Täter und Beschuldigte und über das Verhalten von Verantwortlichen: "Wer jetzt noch systemische Ursachen leugnet und einer notwendigen Reform der Kirche in Haltungen und Strukturen entgegentritt, hat die Herausforderung nicht verstanden."
Marx: sexuelle Neigung keine Einschränkung für das Priesteramt
Marx forderte unter anderem, dass die sexuelle Neigung eines Menschen keine Einschränkung für das Priesteramt sein dürfe. Marx meinte, bislang hätten manche Bischöfe gesagt, Homosexuelle könnten nicht zum Priester geweiht werden: "Das finde ich nicht." Wenn jemand sich zu seiner Homosexualität bekenne, dann sei das zu respektieren und keine Einschränkung seiner Möglichkeit, etwa ein Priester zu werden.
Marx: Jeder soll selbst für sich Konsequenzen ziehen
Mit Blick auf den Missbrauch meinte Marx, jeder Verantwortliche solle selbst prüfen, wo er sich schuldig gemacht und welche Folgen er daraus zu ziehen habe. Auch er selbst hätte engagierter handeln können, gab Marx zu. Es sei für ihn persönlich unverzeihlich, die Betroffenen übersehen zu haben. Er klebe auch nicht an seinem Amt. Zum emeritierten Papst Benedikt XVI., der im Zusammenhang mit dem Gutachten eine Falschaussage eingeräumt hatte, äußerte Marx sich ausweichend.
Gutachten listet Hunderte Fälle auf
Ein vom Erzbistum München und Freising in Auftrag gegebenes Gutachten war zu dem Ergebnis gekommen, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden waren. Die Gutachter werfen auch den ehemaligen Erzbischöfen Friedrich Wetter und Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., konkret und persönlich Fehlverhalten in mehreren Fällen vor. Insgesamt sprechen die Gutachter von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern, sie gehen aber von einem deutlich größeren Dunkelfeld aus.
Marx hofft auf Abschluss aller Altfälle in diesem Jahr
Marx hofft, dass bei den Anerkennungsleistungen für Missbrauchsbetroffene der katholischen Kirche in Deutschland alle "Altfälle" noch in diesem Jahr "großzügig abgeschlossen" werden. Auch die Diskussion über die Höhe dieser Zahlungen sei noch nicht zu Ende, sagte er Zugleich plädierte er weiter für eine gemeinsame Lösung aller deutschen Bistümer.
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