Eine moderne Blitzersäule steht an einer Straße.
Höhere Bußgelder scheinen viele Autofahrer in Deutschland nicht vom zu schnellen Fahren abzuhalten – die Kommunen profitieren. Bildrechte: IMAGO / Becker&Bredel

Neuer Bußgeldkatalog Mehr Verkehrsdelikte trotz höherer Strafen

28. Mai 2023, 15:09 Uhr

Um den Verkehr sicherer zu machen, sind im November 2021 die Bußgelder für Verkehrsdelikte drastisch erhöht worden. Eine Mitte Mai veröffentlichte Studie zeigt nun jedoch: So richtig schreckt es die Autofahrerinnen und Autofahrer nicht ab, gegen die Regeln zu verstoßen. Davon profitieren wiederum die Städte und Gemeinden.

Manche Deutsche rasen gern – koste was es wolle. So könnte man das Ergebnis einer Erhebung der Tankstellenkette HEM zusammenfassen. Dafür wurden 1.216 Erwachsene unter anderem nach ihren Verkehrssünden befragt. Trotz höherer Bußgelder zeigt sich für 2022, dass der häufigste Grund für eine Geldstrafe das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit war. Demnach mussten 55 Prozent der Befragten schon für zu schnelles Fahren "tief ins Portemonnaie greifen".

Falschparken und zu schnelles Fahren teurer

Ähnlich verhält es sich beim Falschparken. Dabei wurden auch die Bußgelder dafür im neuen Bußgeldkatalog deutlich erhöht. Zwischen 10 und 110 Euro müssen Verkehrssünder für Halte- und Parkverstöße blechen.

Für die Kommunen wiederum zahlen sich Verstöße quasi aus. Matthias Nowak, Pressesprecher der Stadt Chemnitz sagt: "Mit der Einführung des neuen Bußgeldkatalogs haben sich die Einnahmen erhöht, aber auch die Anzahl der Ordnungswidrigkeiten, vor allem im Blitzerbereich."

Hatte die sächsische Stadt im Jahr 2021 rund 5,7 Millionen Euro durch Verkehrsverstöße eingenommen, sind es im Jahr darauf ganze 8,7 Millionen Euro gewesen. Doch auch das kleinere Gera in Thüringen steigerte seine Einnahmen kräftig – um knapp 400.000 auf fast 1,4 Millionen Euro. Und das, obwohl hier die Zahl der Delikte leicht gesunken ist.

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Spitzenreiter ist allerdings Halle in Sachsen-Anhalt. Dort lassen Raser, Falschparkerinnen & Co. die Haushaltskasse so gut klingeln, dass sich die Einnahmen durch Verkehrsdelikte sogar mehr als verdoppelt haben. Insgesamt rund 8,3 Millionen Euro waren es vergangenes Jahr. Auch, weil es mit 148.000 Delikten fast 10.000 Verstöße mehr gab als im Jahr zuvor.

Abschreckungseffekt verpufft?

Hat die straffe Reform des Bußgeldkatalogs für Verkehrsdelikte also kaum etwas gebracht? Ist der gewollte Abschreckungseffekt verpufft? Jens Schade, Verkehrspsychologe an der TU Dresden sagt: "Die Strafhöhe alleine ist natürlich nicht das Entscheidende, auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Delikt überhaupt entdeckt wird." Auch in der aktuellen HEM-Befragung gab nur etwa jeder Dritte an, wegen unrechtmäßigen Parkens bereits ein Bußgeldbescheid erhalten zu haben.

Ein anderes Problem sei, dass sicheres, regelkonformes Fahren in der Regel nicht belohnt werde, meint Schade. So werde bestraft, wer große Abstände halte: "Da kommen andere und schnippen da rein." Und wer frühzeitig an einer Ampel halte, werde noch überholt. Trotzdem sei der reformierte Bußgeldkatalog ein wichtiges Signal, findet der Psychologe: Denn die Höhe der Strafe zeige auch, wie sehr der Verstoß gesellschaftlich nicht erwünscht sei.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 28. Mai 2023 | 08:05 Uhr

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