Menschen an einem Kältebus
Hilfe- und Kältebusse sind eine Möglichkeit, Obdachlosen im Winter zu helfen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Mohssen Assanimoghaddam

Sozialhilfe Wie kann man Obdachlosen im Winter am besten helfen?

09. Dezember 2022, 12:30 Uhr

Der Winter ist für obdachlose Menschen draußen kaum aushaltbar und kann im schlimmsten Fall mit dem Kältetod enden. Angebote wie der Hilfebus, der Schlafsäcke und heiße Suppe verteilt, sind jedoch nicht immer einsatzbereit. Eine AKTUELL-Nutzerin fragte deshalb: "Welche Hilfsangebote für wohnungslose Menschen gibt es noch und wie sollte man in Notsituationen am besten reagieren?"

Nass, kalt, Schneeregen. Der Winter ist für die meisten von uns einfach nur ungemütlich. Für Obdachlose kann der Winter lebensgefährlich sein. Sie sind der Kälte schutzlos ausgeliefert. Jedes Jahr erfrieren Obdachlose auf den Straßen.

Deshalb ist die Frage, wie man Obdachlosen helfen kann, gerade im Winter wichtig. Im Notfall sollte man immer den Rettungsdienst rufen, sagt Notfallsanitäter Christian Schöpf: "Ein Fall für den Rettungsdienst ist es immer, wenn die Personen nicht mehr reagieren. Wenn man sie anspricht, wenn man sie rüttelt und sie nicht munter werden. Wenn jemand mit unangepasster Kleidung bei kalten Temperaturen draußen ist oder wenn sich jemand verletzt hat, wenn jemand blutet."

Im Zweifel Notruf wählen

Auch wenn man sich unsicher ist, es sei immer sinnvoll, die 112 zu wählen. Die Sanitäter am anderen Ende der Leitung können die Lage einschätzen.

Aber egal, wie kalt es ist, auch die Sanitäter können nicht immer helfen, erklärt Schöpf: "Das Problem ist, dass der Rettungsdienst auf die Mitarbeit der Obdachlosen angewiesen ist. Solange sie noch wach und ansprechbar sind und dann sagen, dass sie nicht zum Arzt wollen, sind uns leider auch die Hände gebunden, und wir müssen wieder abfahren. Wir können sie leider nicht zwingen und einfach in eine Notaufnahme bringen."

Dazu käme ein weiteres Problem: Die Notaufnahmen sind nicht darauf ausgelegt, Obdachlose aufzupäppeln oder aufzuwärmen, erklärt der Sanitäter.

Verpflichtet, zu helfen

In solchen Fällen kann man auch die Polizei rufen, empfiehlt Sophie Wischnewski. Sie ist Sozialarbeiterin und leitet die Bahnhofsmission Leipzig. Es sei immer richtig, offizielle Behörden einzuschalten. Auch, um sich selbst zu schützen.

Wenn jemand hilflos, regungslos oder alkoholisiert am Boden liegt, ist man verpflichtet zu helfen. Ansonsten droht eine Strafe wegen unterlassener Hilfeleistung. Anders ist das alles, wenn die Menschen ansprechbar sind, sagt Wischnewski. Dann sollte man erstmal eins tun: "Die Person ganz respektvoll behandeln und fragen: Was brauchst du gerade? Magst du etwas zu essen oder zu trinken haben? Brauchst du vielleicht noch eine warme Decke oder sonst irgendwas?"

Man solle gerne auch fragen, ob der oder die Betroffene die Hilfseinrichtungen der Stadt Leipzig kennt, sagt die Sozialarbeiterin. "Häufig freut es auch die Menschen, wenn man sie ganz menschlich behandelt und weniger mitleidig. Einfach sagen: Ich sehe dich, ich nehme dich wahr, wollen wir zusammen irgendwo eine Unterkunft aufsuchen? Das hilft meistens ganz viel.“

Sozialamt gibt Überblick über Hilfsangebote

Beim Sozialamt kann man anrufen und nachfragen, wo die Person einen Schlafplatz finden kann, wie Tom Hübner vorschlägt. Er arbeitet beim Sozialamt Leipzig in der Abteilung für Wohnungsnotfallhilfe und erklärt: "Wir haben insgesamt vier Übernachtungshäuser, in denen wir obdachlose Personen notunterbringen können. Daneben stehen zwei Tagestreffs zur Verfügung. Es gibt zwei Streetwork-Dienste, die im Stadtgebiet unterwegs sind und die Leute tagsüber aufsuchen und zu den Hilfsangeboten, die zur Verfügung stehen, beraten. Und in den Abendstunden fährt der Hilfebus und sucht Menschen auf, die auf der Straße sind."

Der Hilfebus ist zwar nur von 18 bis 23 Uhr erreichbar. Man kann aber den ganzen Tag über anrufen und auf die Mailbox sprechen. Dort können Hinweise hinterlassen werden, wo sich Obdachlose aufhalten. Nach denen hält der Bus bei seiner Tour Ausschau.

Eine Übersicht über die Hilfsangebote der Stadt Leipzig findet man auf der Internetseite der Stadt. Was im Winter immer helfe, erklärt ein Mann, der selbst einige Winter ohne Wohnung auskommen musste: "Das Wichtigste sind warme Sachen wie Schlafsack und Isomatten. Heiße Getränke vorbeibringen oder Essen, das hält auch warm." Auch er erwähnt die Wohnungshilfe, weiß aber ebenso, dass das nicht jeder möchte. "Dann lieber doch einen Schlafsack kaufen für die Person oder was Warmes zu essen, das hilft den Leuten extrem", sagt der Mann.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 09. Dezember 2022 | 06:00 Uhr

6 Kommentare

Thommi Tulpe am 09.12.2022

Teil 2: Heutzutage genügt es, mit der Mietzahlung zwei Monate im Rückstand zu sein, um Gefahr zu Laufen, seine vier Wände gekündigt zu bekommen. Wie schnell kann das gerade derzeit wegen der galoppierenden Inflation passieren? Man muss folglich nicht mehr in der Lage sein, aufgrund z. B. familiärer Krisensituationen, (Sucht)-Krankheiten oder durch Sie offenbar anderes Gemeinte obdach-, wohnungslos zu werden. Es reicht "einfach", dass das Geld "einfach" nicht mehr zum Bezahlen von Miete und Strom reicht. Das ist nicht unbedingt von familiären Krisensituationen oder Krankheiten abhängig.
Sicher kann ein von Obdach-, Wohnungslosigkeit bedrohter Mensch Hilfe suchen. Bevor man aber bei Hilfe anbietenden Einrichtungen und Organisationen aber einen Termin zur Hilfe bekommt, sitzt man in der Regel längst auf der Straße.
Ihre Sichtweise ist meiner Meinung nach die einer naiven Unwissenden - mit Verlaub!

Thommi Tulpe am 09.12.2022

Jana. Ihre Betrachtungsweise spricht sicher dafür, dass Sie niemanden kennen, der obdach-, wohnungslos ist, und daher pauschal urteilen!?
"... dass Menschen nicht mehr in der Lage sind für sich die Hilfsangebote des Staates in Anspruch zu nehmen...", ist nur eine Seite der Problematik.
Viele haben auch resigniert, weil es nicht genügend Angebote gibt. Auch das ist ein Teil dieser Problematik.
Andere Länder bieten diesen bedauernswerten Menschen z. B. an, die Nacht in Passagen von Konsumtempeln zu verbringen. Hier geht das nicht? Hier "muss" man in vielen Städten (z. B. in Mannheim) solche Menschen mit Transporten weit weg des Stadtgeschehens verfrachten, damit sie unser "harmonisches" Stadtbild nicht stören? So so etwas gibt gibt es bedauerlicherweise. Und ich kann mir vorstellen, dass so mancher dieser Menschen auf dem Rückweg in die Stadt auch zu Schaden gekommen ist.

Jana am 09.12.2022

Du machst es dir ein wenig zu einfach mit der pauschalen Kritik an unserem Land.

Es gibt Gründe warum jemand obdachlos. In der Regel ist die Obdachlosigkeit darin begründet, dass Menschen nicht mehr in der Lage sind für sich die Hilfsangebote des Staates in Anspruch zu nehmen. Es liegt also erst einmal nicht daran, dass der Staat keine Hilfe anbietet, sondern eher daran, dass man diese nicht mehr wahrnehmen kann, weil man in einer persönlichen Krise steckt.

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