Eine Frau läuft durch eine Winterlandschaft.
Immer mehr Menschen in Deutschland fühlen sich einsam. Bildrechte: IMAGO / Rene Traut

Appell Patientenschützer: Einsamkeit "die größte Volkskrankheit"

24. Dezember 2022, 22:01 Uhr

Schon ein kurzer Gruß, ein kurzes Gespräch im Treppenhaus oder auf dem Gehweg - die Stiftung Patientenschutz appelliert an alle Menschen, anderen aus der Einsamkeit zu helfen. Diese ist laut Stiftungsvorstand Brysch die größte Volkskrankheit in Deutschland. Noch oft werde das Leiden an Einsamkeit in der Gesellschaft unterschätzt.

Einsamkeit ist nach Einschätzung der Stiftung Patientenschutz die größte Volkskrankheit in Deutschland. Vorstand Eugen Brysch sagte, betroffen seien nicht mehr nur hochbetagte Menschen. "Im Gegensatz zu den letzten Jahren berichten auch immer mehr 60- bis 70-Jährige, dass sie sich einsam fühlen", sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz.

Einsamkeit in Deutschland nimmt zu

Gerade die Weihnachtsfeiertage seien dabei eine besonders schmerzliche Zeit. Es greife zu kurz, wenn Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) an Betroffene appelliere, sich aus eigenem Antrieb Hilfe zu suchen und Angebote wie die Telefonseelsorge zu nutzen, kritisierte Brysch. So könnten Maßnahmen gegen die wachsende Einsamkeit in der Gesellschaft nicht nur institutionellen Anbietern überlassen werden. "Viel wichtiger ist es, dass sich jeder von uns für dieses Volksleiden sensibilisiert."

Brysch rät bereits zu einfachen Gesten und Handlungen, um Menschen zu helfen. Schon ein kurzer Gruß, ein kurzes Gespräch im Treppenhaus oder auf dem Gehweg könne hilfreich sein, erklärte Brysch. Auch ein Besucht beim Nachbarn während der Festtage könne unterstützen. "Drücken wir den Klingelknopf. Das kann der Schlüssel zu einer Verbindung von Mensch zu Mensch sein."

Telefonseelsorge: Jeder vierte Anruf handelt von Einsamkeit

Bei der Telefonseelsorge haben 2022 insgesamt rund 1,2 Millionen Menschen angerufen. Jeder vierte Anruf dreht sich dabei um Einsamkeit, sagte der Vorsitzende der bundesweiten Telefonseelsorge-Arbeitsgruppe Statistik, Ludger Storch. Die rund 7.700 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beantworteten zudem rund 43.000 Mails und 37.000 Chats.

Insbesondere habe die Corona-Pandemie die Situation verschlimmert. "Viele Anrufer berichten uns nun, dass sie Schwierigkeiten hätten, mit anderen Menschen wieder in Kontakt zu kommen", so Storch. Demnach seien lockere Beziehungen im Laufe der Corona-Zeit weggebrochen.

Aktiv gegen Einsamkeit: Tipps gegen das Alleinsein

Trotz aller Schwierigkeiten gibt ein paar Dinge, die Betroffene auch selbst tun können, um aus der Einsamkeit herauszufinden. Folgende Tipps des amerikanischen Psychologen John Cacioppo können dabei helfen, sich weniger einsam zu fühlen.

  • 1. Den Aktionsradius erweitern: in kleinen Schritten wieder auf Menschen zugehen. Mit einfachen Gesprächen am Gartenzaun, einem Lächeln an der Supermarktkasse. Positive Reaktionen spüren und daraus Mut schöpfen.
  • 2. Aktiv werden: sich einen Verein suchen, ein Ehrenamt übernehmen und erleben, dass man gebraucht wird und etwas bewegen kann.
  • 3. Selektieren: lieber wenige, aber dafür wichtige und intensivere Kontakte pflegen. Dranbleiben und auch mal wieder etwas investieren.
  • 4. Das Beste erwarten: positiv denken, Hoffnung haben, Wertschätzung erleben.

Die Nummer gegen Einsamkeit

Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800 1110111 und 0800 1110222. Der Anruf bei der Telefonseelsorge ist nicht nur kostenfrei, er taucht auch nicht auf der Telefonrechnung auf, ebenso nicht im Einzelverbindungsnachweis. Die Mitarbeiter der Telefonseelsorge sind außerdem via Chat oder E-Mail erreichbar.

MDR (lmb), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 24. Dezember 2022 | 16:00 Uhr

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