recap Karneval: Warum es immer noch "Blackfacing" und "Indianer"-Kostüme gibt

18. Februar 2023, 12:15 Uhr

Die Debatte um "Kulturelle Aneignung" und Rassismus zur Faschingszeit gibt es seit Jahren. Die einen verstehen nicht, was das Problem ist – andere fühlen sich diskriminiert. Was genau wird an den einzelnen Kostümen kritisiert und warum tragen Menschen sie immer noch?

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Bildrechte: MDR/Denis Ludwig/Franz-Paul Senftleben

Die Frage, welche Kostüme zu Fasching diskriminierend sind und welche nicht, wird seit Jahren diskutiert. Auch in letzter Zeit gab es immer wieder Fälle, die für Aufsehen sorgten. Ein Beispiel kommt aus Prossen in Sachsen, einem Ortsteil von Bad Schandau in der Sächsischen Schweiz. Dort war bei einem Faschingsumzug im Januar ein Wagen mit "Asyl-Ranch" betitelt. Ein Mann im Regenbogen-Outfit wurde an einen Marterpfahl gebunden. Für Gegenwind sorgte auch ein Foto aus der hessischen Staatskanzlei. Ministerpräsident Boris Rhein hatte sich mit einer Karnevalsdelegation fotografieren lassen – darunter auch ein Mann mit schwarz angemaltem Gesicht, sogenanntes "Blackfacing".

"Mit der Vergangenheit setzen sich viele nicht auseinander"

MDR recap hat mehrere Karnevalsvereine und -verbände angefragt, ob problematische Kostüme bei ihnen ein Thema sind und wie damit umgegangen wird. Viele Vereine haben nicht reagiert. Der "Verband Sächsischer Carneval" teilte jedoch mit, das Thema sei eher wenig auf dem Schirm. Man lehne alles ab, was rassistisch sei.

Die Kritik an "Indianer"-Kostümen kommt vor allem aus einem historischen Kontext. So wurden Millionen indigene Amerikaner auf dem Gebiet der heutigen USA vergewaltigt, vertrieben und ermordet. Das Ganze begann mit der Ankunft europäischer Siedler im 15. Jahrhundert.

Wenn du die Kultur der 'Native Americans' wirklich wertschätzen würdest, würdest du ihnen zuhören und nicht vorgeben, so zu sein wie sie.

Red Haircrow, Native American und Filmemacher

Im 19. Jahrhundert setzte die US-Regierung das Gesetz des "Indian Removal Act" um. Tausende Indigene wurden gezwungen, ihr Land zu tauschen oder zu verkaufen und mehr als 1.000 Kilometer in den Westen zu ziehen – der sogenannte "Pfad der Tränen". Die heutigen Kostüme würden jedoch nur ein romantisiertes Bild der indigenen Völker abbilden und das Negative ausblenden, kritisiert Red Haircrow, Psychologe, Filmemacher und selbst "Native American".

Kostüme bei Kindern sind Ausdruck ihrer eigenen Interessen

Doch nicht jeder, der ein "Indianer"-Kostüm trägt, hat böse Absichten. Manche sagen, sie würden sogar die Kultur bewundern. Helden aus Büchern und Filmen stehen gerade bei Kindern hoch im Kurs. Hier sei wichtig, dass Kinder sich als das verkleiden dürften, was sie wollen, sagt Kulturwissenschaftlerin Nina Reuther. Aber es sei Aufgabe der Eltern, die Kostüme zu hinterfragen und die problematischen Aspekte ihren Kindern zu erklären.

Während viele anerkennen, dass "Blackfacing" zum Beispiel inakzeptabel ist, gibt es gegenüber Native Americans eine gewisse Gleichgültigkeit. Dass das Verkleiden als Native American okay ist. Und damit bringen sie der nächsten Generation bei: Manche Formen von Rassismus sind okay. Das ist inakzeptabel.

Red Haircrow, Native American und Filmemacher

Was bei der ganzen Debatte dazukommt, ist die Narrenfreiheit – der Ursprung des Karnevals, meint Nina Reuther. Bereits im Mittelalter durfte die Obrigkeit kritisiert werden, ohne dass man mit Konsequenzen rechnen musste. Daher könnte also der Gedanke kommen, dass man sich in dieser Zeit alles erlauben darf.

Mehr bei recap

Warum die Diskussion um problematische Kostüme an manchen Menschen anscheinend abprallt, darum geht es in unserer aktuellen recap-Folge.

Dieses Thema im Programm: recap bei Youtube | 17. Februar 2023 | 17:00 Uhr

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