Exil-Communities Wie Russen und Ukrainer nach zwei Jahren Krieg in Deutschland zusammenleben
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17. Mai 2024, 13:12 Uhr
Seit mehr als zwei Jahren führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Knapp 1,2 Millionen Kriegsflüchtlinge leben daher aktuell in Deutschland. Hier treffen die Geflohenen auf mehr als eine halbe Million Russinnen und Russen. Wie funktioniert das Zusammenleben der beiden Exil-Communities in Deutschland?
Sie könnten sich hassen: Kateryna Tytenko und Anna Reshetova. Oder anders gesagt: Es würde nicht verwundern. Die eine, Tytenko, ist geflohen aus einem Land, das das Land der anderen, Reshetova, angegriffen hat. Eine Ukrainerin, eine Russin. Sie arbeiten zusammen. Statt sich zu hassen, reden sie über: "Pediküre, Maniküre, Wimpernverlängerung", sagt Anna Reshetova, die Russin.
Sie hat 2022 den Kosmetiksalon Ivory im Leipziger Stadtteil Möckern gegründet. Ihre inzwischen drei Angestellten stammen aus der Ukraine, darunter eben Kateryna Tytenko. Der Krieg in der Ukraine spiele zwischen Nagelfeile und Wimperntusche keine Rolle – und zwar nicht, weil ihre Chefin ein Verbot ausgesprochen hätte, erklärt die Ukrainerin. Man spreche hier über das, worum es in einem Kosmetiksalon nun mal gehe: über Schönheit. "Weil wir hier arbeiten. Wir können im Café, im Theater oder sonst wo zusammen sprechen. Aber hier arbeiten wir."
Beide hätten auch privat Kontakte zu Menschen der jeweils anderen Nationalität. Doch auch hier meide man den Krieg. "Wir wollen kein schlechtes Klima in den Gesprächen", meint Tytenko.
Verdrängung als Strategie
Das konfliktbehaftete Thema wird umschifft. Verdrängung als Strategie für ein friedliches Zusammenleben? Jonna Rock, Wissenschaftlerin am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung, kommt das bekannt vor. Sie hat Menschen aus der Ukraine und aus Russland zu ihrer Lebenssituation in Deutschland befragt. "Frauen haben mir über Konflikte erzählt. Dass sie in Gesprächen gelandet sind, in denen sie sich nicht unbedingt wohl gefühlt haben und eher versucht haben solche Gespräche zu vermeiden", sagt Rock.
Einige ukrainische Geflüchtete berichteten, dass sie sich von russischsprachigen Ärzten und Dolmetschern schlecht behandelt gefühlt hätten in Deutschland. Viele Menschen aus der ganzen ehemaligen Sowjetunion hätten inzwischen aber auch in Solidaritätsnetzwerken für die Ukraine und ukrainische Geflüchtete in Deutschland zusammengefunden. Dass die Gruppen dann auch zusammenkommen.
Krieg als Nährboden für Straftaten
Doch das dürfte ein Mindestmaß an kritischer Distanz zur Linie Putins voraussetzen. Bei der Präsidentenwahl im Frühjahr haben der Zentralen Wahlkommission zuoflge 71 Prozent der Russinnen und Russen im Ausland für Putin gestimmt. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen, dürften aber eine Tendenz anzeigen.
Dass der Krieg ein Nährboden für Straftaten ist, zeigen polizeiliche Zahlen. Das Bundeskriminalamt ordnete seit Kriegsbeginn rund 10.000 Straftaten der Rubrik "Angriffskrieg Russland gegen die die Ukraine" zu. Die gute Nachricht: Tendenz sinkend je länger der Krieg dauert.
Zurück ins Kosmetikstudio, gleich kommt die erste Kundin. Der Krieg bleibe hier draußen, erklärt Anna Reshetova. "Hier haben wir eine Insel. Leute können ohne Krieg in Frieden zusammenleben und sich sicher fühlen." Die überwiegende Mehrheit ihrer Kundschaft spreche russisch – Herkunftsland: egal.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 17. Mai 2024 | 06:00 Uhr
Volontaer45 vor 29 Wochen
Warum wird immer unterschlagen das bereits seit 10 Jahren Krieg in der Ukraine ist. Vergessen Alle 2014 als der russische Diktator seine "grünen Männchen in die Ukraine und Krim schickte und seitdem Krieg in der Ukraine herrscht?
Slava - Ukraine
uwe bewersdorf vor 29 Wochen
Mal ehrlich muss man über so ein Thema eine Reportage machen. Das ist genau das Problem in unserer Gesellschaft alles muss öffentlich gemacht werden. ARD ist schon lange nicht mehr das was es einmal war.
ElBuffo vor 29 Wochen
Na klar, sonst gibt es doch wieder den Vorwurf, dass nicht darüber berichtet würde.