Erinnerungskultur KiKa-Studie: Montessori und Pestalozzi häufigste Schulnamen in Deutschland

14. Januar 2025, 11:36 Uhr

Nach einer Studie des KiKa und der Universität Gießen werden Schulen in Deutschland am häufigsten nach den Pädagogen Maria Montessori und Heinricht Pestalozzi benannt. Auch Namen von Kinderbuchautoren, Dichtern und NS-Widerstandskämpfern sind beliebt. Weniger als 20 Schulen tragen hingegen den Namen jüdischer Widerständler.

Deutschlands Schulen werden am häufigsten nach den Pädagogen Maria Montessori und Johann Heinrich Pestalozzi benannt. In Westdeutschland tragen ein Prozent der knapp 25.000 Schulen den Namen Montessori, in Ostdeutschland ist Pestalozzi Namensgeber von zwei Prozent der rund 5.500 Schulen. Beide Pädagogen sind mit umfassenden Schulkonzepten verbunden.

Namen sind eben mehr als Schall und Rauch.

Sascha Feuchert Studienleiter

Die meisten Namenspatrone von Schulen sind Schriftsteller, Geistliche und Heilige sowie Politiker, wie aus einer Studie der Arbeitsstelle Holocaustliteratur der Justus-Liebig-Universität Gießen und des KiKA, des Kinderkanals von ARD und ZDF, hervorgeht, die am Dienstag in Gießen vorgestellt wird.

Coverbild Staffel Magisches Mikro Folge Maria Montessori 26 min
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Schulname als Teil der Erinnerungskultur

Schulnamen seien ein zentrales Feld der Erinnerungskultur, das bislang kaum systematisch untersucht wurde, heißt es von den Studienmachern. Dabei sorge die Namensgebung mancherorts immer wieder für heftige Diskussionen.

"Namen sind eben mehr als Schall und Rauch - die erinnerten Personen geben uns schließlich auch ihre Werte mit. Deshalb darf es Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern sowie den Eltern nicht egal sein, wie eine Schule heißt", erklärte der Studienleiter Sascha Feuchert.

Namenspatrone: Kinderbuchautoren, Dichter und Denker

Die Studie stützt sich auf eine Datenbank mit rund 30.500 Schulen in Deutschland. Rund 40 Prozent dieser Schulen haben demnach überhaupt einen Namensgeber, laut Studie sind es 4.300 verschiedene Menschen.

Neben Montessori (273 Schulen) und Pestalozzi (253 Schulen) gibt es bundesweit auch besonders viele, die nach den Geschwistern Scholl benannt sind (182). Sie stehen den Wissenschaftlern zufolge "nachgerade ikonisch für die Erinnerung an den (deutschen) Widerstand gegen das NS-Regime".

Die Top 10 der Schulnamen
Name Anzahl
Maria Montessori 273
Johann Heinrich Pestalozzi 253
Geschwister Scholl 182
Astrid Lindgren 173
Albert Schweitzer 171
Maria 158
Erich Kästner 152
Johann Wolfgang von Goethe 138
Friedrich Schiller 136
Martin von Tours, auch bekannt als Sankt Martin 92

Unter den Top 10 befinden sich ebenfalls Kinderbuchautoren wie Astrid Lindgren (Platz 4) und Erich Kästner (Platz 7). Zudem sind zwei der bedeutendsten Dichter und Denker Deutschlands, Johann Wolfgang von Goethe (Platz 8) und Friedrich Schiller (Platz 9), ebenfalls vertreten.

Auch die christliche Religion spielt bei der Namensgebung von Schulen eine wichtige Rolle: Etliche Bildungseinrichtungen sind nach Maria, der Mutter Jesu, benannt (Platz 6), viele nach Martin von Tours, auch bekannt als der heilige Martin (Platz 10).

Montessori-Messestand
Die meisten Schulen in Deutschland tragen den Namen der Pädagogin Maria Montessori. Das hat eine Studie im Auftrag des KiKa herausgefunden. Bildrechte: picture alliance/imageBROKER/Arnulf Hettrich

Das sind die meistverwendeten Schulnamen in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt

In Thüringen sind die meistverwendeten Schulnamen Johann Pestalozzi, Geschwister Scholl und Friedrich Schiller. In Sachsen-Anhalt sind es Johann Pestalozzi, Adolph Diesterweg und Geschwister Scholl. Die meistverwendeten Namen in Sachsen sind schließlich Johann Pestalozzi, Maria Montessori und Johann Wolfgang von Goethe.

Jüdische Widerstandskämpfer selten Namensgeber

Mit Blick auf die NS-Vergangenheit werden neben den Geschwistern Scholl Schulen laut Studie auch nach anderen Mitgliedern der NS-Widerstandsgruppe Weiße Rose benannt, etwa nach Alexander Schmorell oder Marie-Luise Jahn. Auch die Beteiligten rund um das versuchte Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 wie Claus Schenk Graf von Stauffenberg oder Bernhard Letterhaus sind Namenspatrone.

Weiterhin werden Schulen auch nach Vertretern des kirchlichen Widerstands gegen das NS-Regime benannt, beispielsweise nach Dietrich Bonhoeffer oder Kardinal Clemens August Graf von Galen. Laut Auswertung wird an den jüdischen Widerstand hingegen so gut wie nicht erinnert. Nach einer ersten Auszählung tragen demnach weniger als 20 Schulen den Namen jüdischer Widerständler wie zum Beispiel Else Hirsch oder Max Windmüller.

Das KiKa-Geschichtsformat "Triff..." will eigenen Angaben zufolge parallel zur Studie in mehreren animierten Kurzbeiträgen von den häufigsten Namensgebern deutscher Schulen berichten - im Fernsehen und digital.

MDR (cfr)/KNA

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 14. Januar 2025 | 19:00 Uhr

3 Kommentare

wodiho vor 3 Wochen

@UZet
Dieses Gefühl bzw. Wahrnehmung habe ich auch. Deshalb hätte man ja in diesem Beitrag wenigstens kurz darauf verweisen können. Ist aber leider nicht geschehen.
Nur einen Link zur letzten verbliebenen Thälmannschule in Thüringen gibt es.
Traurig...

UZet vor 3 Wochen

Die Historiker sind seit 30 Jahren bemüht, den Anteil der kommunistischen und anarchistischen Widerstandskämpfer gegen die nationalsozialistische Diktatur kleinzureden. Irgendwann hat es diesen dann nie gegeben.

wodiho vor 3 Wochen

@MDR-Team
Sie schreiben:
-Schulname als Teil der Erinnerungskultur
-Namen sind eben mehr als Schall und Rauch - die erinnerten Personen geben uns schließlich auch ihre Werte mit.
-Mit Blick auf die NS-Vergangenheit werden neben den Geschwistern Scholl Schulen laut Studie auch nach anderen Mitgliedern der NS-Widerstandsgruppe Weiße Rose benannt, etwa nach Alexander Schmorell oder Marie-Luise Jahn. Auch die Beteiligten rund um das versuchte Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 wie Claus Schenk Graf von Stauffenberg oder Bernhard Letterhaus sind Namenspatrone.
-Nach einer ersten Auszählung tragen demnach weniger als 20 Schulen den Namen jüdischer Widerständler wie zum Beispiel Else Hirsch oder Max Windmüller."

Da für mich aber auch der kommunistische Widerstand zur Erinnerungskultur gehört, der hier aber mit keinem Wort erwähnt wird, wäre meine Frage: Warum nicht?
Absicht oder auch schon bei Ihren Mittarbeitern aus der "Erinnerungskultur" gelöscht?

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