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Mit Beginn der Corona-Pandemie ist die Anzahl der Schwangeren im Beschäftigungsverbot gestiegen. Bildrechte: imago images/YAY Images

Arbeit und SchwangerschaftImmer mehr Beschäftigungsverbote für Schwangere

26. Juni 2022, 16:35 Uhr

Manche Schwangere dürfen in der Schwangerschaft generell oder zeitweise nicht mehr arbeiten. Zum Schutz des ungeborenen Kindes können Arbeitgeber ein Beschäftigungsverbot aussprechen. In den letzten fünf Jahren kam das immer häufiger vor. Daran gibt es aber auch Kritik.

Cornelia Hösemann ist seit fast 30 Jahren Frauenärztin und hat eine Praxis in Großpösna, südlich von Leipzig. Die Landesvorsitzende des Berufsverbands der Frauenärzte Sachsen sagt über das Beschäftigungsverbot für Schwangere: "Dass diese Nachfrage sich häuft oder vermehrt, kann ich jetzt nicht wirklich aus meiner Praxis sagen. Es ist immer ein Thema." Entscheidend sei aber, dass alle Ärztinnen, Ärzte und Frauen verstünden, dass das Beschäftigungsverbot fast immer etwas mit dem Arbeitgeber zu tun habe.

Frauen, die mit giftigen Dämpfen arbeiten, im Kühlhaus oder schwer heben müssen, können schnell von Beschäftigungsverboten betroffen sein, die dann vom Arbeitgeber ausgesprochen werden. Konkrete Zahlen, wie häufig es dazu kommt, gibt es kaum. Ein Interview mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände kommt nicht zustande, ein Sprecher erklärt am Telefon, man erhebe generell keine Statistiken.

Immer mehr Beschäftigungsverbote für Schwangere

Also Nachfrage bei den großen Krankenkassen. Die AOK Plus hat ihre Zahlen ins Verhältnis zu den Geburten gesetzt. Bis 2019 ist die Zahl der Beschäftigungsverbote demnach im Verhältnis mit mehr Geburten angestiegen. Die Trendwende: "Mit Beginn der Corona-Pandemie 2020 steigt die Anzahl der Mütter im Beschäftigungsverbot stärker. Der Anteil der betrieblichen Beschäftigungsverbote ist seit 2020 um 9 Prozent auf 35 Prozent gestiegen", so die AOK Plus.

Auch wenn sich dieses Jahr wieder ein leichter Rückgang zeigt, macht eine Zahlenreihe der Barmer Krankenkasse deutlich: In den letzten fünf Jahren haben Beschäftigungsverbote stets zugenommen – ob vom Arzt oder von der Ärztin oder vom Betrieb ausgesprochen. Nur das Jahr 2019 bildet eine Ausnahme.

Die DAK-Gesundheit schreibt: "Es lässt sich festhalten, dass in den letzten Jahren die Zahl der AAG-Anträge zum Beschäftigungsverbot allgemein kontinuierlich angestiegen sind." AAG-Anträge beziehen sich auf das sogenannte Aufwendungsausgleichsgesetz. Heißt, Arbeitgeber, die ein Beschäftigungsverbot aussprechen, können dann das Entgelt der Schwangeren als sogenannten Mutterschutzlohn über die Kassen erstattet bekommen.

Individuelle Lösungen statt Verbot

Andrea Ramsell, Beirätin für den Angestelltenbereich im Deutschen Hebammenverband, sieht zunehmende Beschäftigungsverbote für Schwangere kritisch – oft machten es sich Betriebe zu einfach: "Wie kann man den Arbeitsplatz so anpassen, dass das kompatibel ist für beide Seiten: für den Arbeitgeber und die Schwangere. Die Lösung kann nicht sein, dass viele Schwangere ins Beschäftigungsverbot gehen, sondern dass wir einfach als Gesellschaft überlegen: Wie können wir denn Schwangerschaft gut in ein Arbeitsleben integrieren?" Ramsell glaubt, dass es für jede Schwangere und ihren Arbeitsplatz eine individuelle Lösung braucht.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 25. Juni 2022 | 06:00 Uhr