Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht während einer Matinee zum Internationalen Frauentag im Schloss Bellevue. Der Internationale Frauentag findet jedes Jahr am 8. März statt.
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Zum Internationalen Frauentag Bundespräsident Steinmeier kritisiert Rückschritte bei der Gleichberechtigung

08. März 2025, 12:29 Uhr

Anlässlich des Internationalen Frauentags hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Rückschritte bei der Gleichberechtigung kritisiert. Er sagte, dass sich Frauen durch die gestiegene Frauenfeindlichkeit immer weiter zurückzögen, was auch Auswirkungen auf die Zusammensetzung des neuen Bundestags habe. Mehrere Organisationen forderten Maßnahmen von der Politik.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum Internationalen Frauentag Rückschritte bei der Gleichberechtigung beklagt. "Gerade viele Männer, häufig auch junge Männer, suchen jetzt verstärkt Halt in traditionellen Rollenbildern", sagte Steinmeier am Freitag bei einer Rede im Schloss Bellevue. Er warnte eindringlich davor, bereits errungene Fortschritte wieder zurückzudrehen.

In der Rede kritisierte der SPD-Politiker auch Bestrebungen aus Politik und Wirtschaft, Frauen weiter zu benachteiligen: "Global erleben wir, wie populistische Parteien den Eindruck erwecken wollen, Gleichstellung sei so etwas wie eine fixe Idee progressiver Kräfte."

Wenn unsere Demokratie ein Frauenproblem hat, dann hat unser Land ein Demokratieproblem.

Frank-Walter Steinmeier Bundespräsident

Frauenfeindlichkeit im Internet

Besonders im Internet nehme Frauenfeindlichkeit zu. Frauen müssten oft "schlimmste Anfeindungen erfahren, Hass, weil sie Frauen sind", sagte Steinmeier weiter. Zudem richtete er seine Kritik an die großen Tech-Unternehmen, die lange stolz auf ihre Modernität gewesen seien, und nun neuerdings und nur auf das Kommando einer neuen amerikanischen Administration hin Diversitätsprogramme einstellten.

Eine Folge sei, dass sich Frauen durch gestiegene Frauenfeindlichkeit immer weiter zurückzögen, Bürgermeisterinnen zurückträten und Abgeordnete ihr Mandat niederlegten. Auch im neuen Bundestag sei der Frauenanteil auf 32,4 Prozent gesunken. Wörtlich sagte Steinmeier: "Wenn unsere Demokratie ein Frauenproblem hat, dann hat unser Land ein Demokratieproblem."

Er verwies darauf, dass dort, wo Frauen und Männer gleichberechtigt seien, Gesellschaften freier, erfolgreicher, demokratischer und offenbar auch glücklicher seien. Es sei kein Zufall, dass "ausgerechnet die Länder, in denen die Gleichstellung am weitesten fortgeschritten und die gesellschaftliche Ungleichheit am geringsten ist – Finnland, Island, Norwegen, Schweden –, dass diese Länder sich Jahr für Jahr die ersten Plätze im 'World Happiness Report' sichern".

Göring-Eckardt beklagt Rückgang der Frauenquote in Politik

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckhardt kritisierte den Rückgang der Frauenquote in der Politik ebenfalls. Die Grünen-Politikerin sagte im MDR-Podcast "Wahlkreis Ost", ob die Gesellschaft politisch und ökonomisch beieinander bleibe, hänge auch davon ab, mit welcher Haltung man Frauen in einer Bundesregierung präsentiere. Göring-Eckardt sagte, sie könne nur hoffen, dass die in der Verfassung niedergeschriebene Gleichberechtigung auch selbstverständlich umgesetzt werde.

Organisationen rufen Politik zu Maßnahmen auf

Mehrere Organisationen riefen die Politik zu wirksameren Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung auf. So forderte etwa die Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Elke Hannack, Investitionen in die Infrastruktur. Bedarfsdeckende Angebote für Kinderbetreuung und mehr Unterstützung bei der häuslichen Pflege seien notwendig, um Frauen mehr Erwerbsarbeit zu ermöglichen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verlangte eine klare Entlastung von Frauen durch mehr planbare freie Zeit, eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit und gesündere Arbeitsbedingungen.

Die Chefin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, sprach sich vor dem Hintergrund der laufenden Sondierungsgespräche für einen ausreichenden Anteil von Frauen im künftigen Kabinett aus. "Gerade die Regierung muss ein Vorbild in Sachen Gleichstellung sein", sagte Bentele. Doch noch immer seien Frauen in Führungspositionen, in Unternehmen und politischen Ämtern, deutlich unterrepräsentiert.

AFP, KNA, MDR (lhi)

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