Thomas Brandenburg
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Tschüss Kohle, hallo Zukunft – 2023 Ein Kraftwerk trotzt der Gaskrise

10. Februar 2023, 05:00 Uhr

Thomas Brandenburg hat ein Kraftwerk hochgezogen, das mit grünem Wasserstoff betrieben werden soll. Damit wollte er eine Brücke zu einer grünen Zukunft schlagen. Doch nun ist Gas extrem teuer. Trotzdem hat er sein Kraftwerk jetzt hochgefahren.

Auf den ersten Blick sieht es noch nach Baustelle aus: "Es ist immer noch schlammig, es gibt immer noch Pfützen", sagt Thomas Brandenburg. Er läuft vorbei an Baggern und Kränen durch graubraunen Matsch. Früher stand hier in Leipzigs Süden ein Kohlekraftwerk.

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Neues Heizkraftwerk Süd der Stadtwerke Leipzig. 11 min
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Nun steuert der Kraftwerksplaner einen eingerüsteten Neubau an. Die Fassadenverkleidung fehlt noch, aber im Kern ist das Gebäude fertig. Es ist das neue Heizkraftwerk Süd der Stadtwerke Leipzig: "Letztes Jahr im Juli hatten wir den First-fire-Event sozusagen: das erste Mal eine Zündung in der Gasturbine mit dem ersten Block. Vier Wochen später mit dem zweiten Block und wir sind jetzt seit Ende Dezember im kommerziellen Dauerbetrieb mit beiden Kraftwerksblöcken", erklärt Brandenburg.

Das Kraftwerk ist ein Vorzeigeprojekt. Es soll Leipzig einmal klimafreundlich mit Strom und Fernwärme beliefern, angetrieben durch grünen Wasserstoff – als eines der ersten dieser Bauart überhaupt.

Betrieb mit grünem Wasserstoff geplant

Vorerst läuft es allerdings mit Erdgas. Thomas Brandenburg ist trotzdem zufrieden. Der 40-Jährige hat mitten im Material- und Handwerkermangel ein Kraftwerk hochgezogen. Im Zeitplan. Doch nun ist Erdgas viel teurer als gedacht. "Sagen wir mal so: Seitdem die Anlage steht, läuft sie eigentlich auch kontinuierlich. Der Strommarkt sieht auf jeden Fall den Bedarf, dass die Anlage angeht und bis jetzt ist auch immer Erdgas aus der Leitung gekommen", erzählt Brandenburg.

Brandenburg meint, das Schlimmste in der Energiekrise sei vorbei. Erdgas werde zwar nicht wieder so billig wie vor dem Krieg. Aber angesichts der LNG-Terminals, die Deutschland zügig aufgebaut habe, sieht er die Versorgung kaum noch gefährdet.

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Viel spannender ist allerdings die Frage, wann in das Kraftwerk wirklich grüner Wasserstoff kommt. Die Turbinen könnten heute 75 Volumenprozent Wasserstoff verbrennen und das würde sofort gehen: "Die Kraftwerkstechnik, die hier eingebaut ist, kann das. Es bräuchte dann noch ein paar zusätzliche Komponenten, die wir im Erdgasbetrieb nicht brauchen, die müssten wir nachrüsten. Aber wir müssen von dem, was wir hier gebaut haben, nichts wieder abreißen und neu bauen", erklärt Brandenburg.

Moderner Energiepark geplant

Trotzdem bleibt der Betrieb mit Wasserstoff vorerst eine Vision. Denn Wasserstoff ist knapp und teuer. Es gibt kaum Elektrolyseure in Deutschland, die ihn aus Ökostrom und Wasser herstellen können. Kraftwerksplaner Brandenburg würde am liebsten einen eigenen Elektrolyseur bauen, gleich neben das Kraftwerk. Das gesamte Gelände soll ein moderner Energiepark werden.

Geplant sind auch Kollektoren, die Sonnenwärme einfangen und ins Fernwärmenetz der Stadt einspeisen. Leider steht genau auf dieser Fläche eine alte Kohle-Lagerhalle, die unter Denkmalschutz stehe: "Genauer dieses Lichtband auf dem Dach da oben, das komplett zugesprüht ist. Wir werden da kein Geld reininvestieren und möchten zeitnah diese Halle abreißen und dann hier eine Solarthermie-Anlage errichten. Das ist eigentlich die Idee und hinreichend kommuniziert."

Bislang stellt sich aber der Denkmalschutz quer. Thomas Brandenburg versteht das nicht. Besucherinnen und Besucher bekämen die Halle ohnehin nie zu Gesicht. Ein Abriss würde dagegen vielen nützen. Es ist ein klassischer Konflikt zwischen den Bewahrern des Alten und den Erschaffern der neuen Welt. Brandenburg findet, das Neue müsse jetzt Vorrang haben.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. Februar 2023 | 06:00 Uhr

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