Tarifverhandlungen Zehntausende beteiligen sich an Warnstreik im Öffentlichen Dienst

08. März 2023, 21:22 Uhr

Bundesweit haben sich am Mittwoch Zehntausende Beschäftigte an Warnstreiks im Öffentlichen Dienst beteiligt. Insbesondere Kitas und andere Sozialeinrichtungen blieben geschlossen, auch in Mitteldeutschland. Am Internationalen Frauentag riefen die Gewerkschaften gezielt Frauen zur Arbeitsniederlegung auf. Die Arbeitgeber kritisierten das Ausmaß der Warnstreiks.

Für viele Familien war die Kinderbetreuung am Mittwoch schwierig zu organisieren: Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi streikten bundesweit etwa 70.000 Beschäftigte in Kindergärten, Krippen und anderen sozialen Einrichtungen. Eine Sprecherin sagte, man habe am Internationalen Frauentag bewusst diesen Schwerpunkt gewählt, weil in den sozialen Bereichen 83 Prozent der Beschäftigten Frauen seien.

Wir wollen Brot und Rosen, wir wollen Anerkennung und Macht, und wir wollen höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen.

Yasmin Fahimi DGB-Vorsitzende

Einschränkungen gab es den Angaben zufolge auch in Stadtverwaltungen, Arbeitsagenturen und anderen Bereichen des öffentlichen Lebens. Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, sagte bei einer Kundgebung im brandenburgischen Hennigsdorf: "Wir wollen Brot und Rosen, wir wollen Anerkennung und Macht, und wir wollen höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen".

Das von Bund und Kommunen als Arbeitgeber zuletzt vorgelegte Angebot in den Tarifverhandlungen sei ein Hohn. "Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten und muss sie anständig bezahlen", sagte Fahimi.

Warnstreiks in Mitteldeutschland

Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen legten insgesamt mehrere Tausend Beschäftigte die Arbeit nieder, inbesondere in Kitas. In Sachsen waren mehrere Hundert Einrichtungen von den Ausständen betroffen, sagte Verdi-Bezirksgeschäftsführer Daniel Herold. Die Schwerpunkte lagen in Dresden, Leipzig und Chemnitz. In Dresden wurden die Verkehrsbetriebe und das Städtische Klinikum bestreikt. Hier ein Überblick über die Streiks in Sachsen.

in Sachsen-Anhalt nahmen nach als 500 Beschäftigte aus kommunalen Kitas und Horten an dem ganztägigen Warnstreik teil. In Halle beteiligten sich etwa 250 Menschen, wie ein Verdi-Sprecher erklärte. In Magdeburg schlossen sich rund 150 Beschäftigte dem Warnstreik an. Kleinere Veranstaltungen gab es in Wittenberg sowie im Burgenlandkreis. Hier ein Überblick zu den Streiks in Sachsen-Anhalt.

In Thüringen unterstrichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Helios Klinikums in Erfurt mit einem Warnstreik ihre Forderungen nach besserer Bezahlung. In Jena wurden Kitas und Teile der Stadtverwaltung bestreikt.

Tarifpartner weit auseinander

Der Städte- und Gemeindebund bezeichnete die Streiks in Kitas als ärgerlich und unverständlich. Der Beigeordnete Uwe Lübking sagte MDR AKTUELL, erst im vergangenen Jahr habe es einen Sondertarifabschluss für die Beschäftigten gegeben. Die jetzigen Gewerkschaftsforderungen summierten sich auf 15 Milliarden Euro. Das sei für die Kommunen nicht darstellbar. Lübking verwies darauf, dass die Arbeitgeber bereits in der zweiten Verhandlungsrunde ein Angebot vorgelegt hätten. Das sei unüblich und unterstreiche den Verhandlungswillen.

Verdi-Chef Frank Werneke wies zuletzt mehrfach auf die Möglichkeit eines Scheiterns der Verhandlungen hin. Gewerkschaften und Arbeitgeber lägen weit auseinander. Mit Blick auf die dritte Verhandlungsrunde Ende März sagte er, alles sei offen. Gebe es bis dahin keine Einigunge, werde Verdi den Weg der Urabstimmung einleiten – über sogenannte Erzwingungsstreiks.

Lohnforderung doppelt so hoch wie das Angebot

Betroffen von den Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst beim Bund und in Kommunen sind Angehörige vieler Berufsgruppen – neben Erzieherinnen auch Beschäftigte im Nahverkehr, in Verwaltungen, Pflegeeinrichtungen, Kliniken, bei der Feuerwehr, in Klärwerken oder auch Förster.

Angesichts der hohen Inflation fordern Verdi, GEW und der Beamtenbund dbb 10,5 Prozent mehr Lohn. Mindestens soll es für die rund 2,5 Millionen Beschäftigte der Kommunen und des Bundes aber 500 Euro mehr geben. Das letzte Angebot der Arbeitgeber umfasste unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen als Inflationsausgleich von insgesamt 2.500 Euro.

 MDR AKTUELL, dpa (ans,ala)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 08. März 2023 | 11:30 Uhr

18 Kommentare

Wessi am 10.03.2023

"Die Funktionäre" @ Nelke?Haben Sie Belege?Kein Politiker "sorgte mit" für hohe Inflation.Warum lügen Sie?Haben Sie vielleicht Belege? Putin hat die Weltordnung kaputt gebombt,unsere Poltik musste reagieren. Tatsache ist: die Gewerkschaftsmitglieder haben demokratisch für eine Vereinigung der kleinen Gewerkschaften zu einer großen und mächtigen gestimmt.Nun wollen fleissige ArbeitnehmerInnen ein Stückchen vom Kuchen abhaben!Das ist nur gerecht!Auch, daß zur Erreichung das Grundrecht des Streiks angewandt wird.Wer selbstständig ist trägt eben selbst die Verantwortung, aber hier geht es auch nicht um kleine Betriebe, hier geht es um den Öffentlichen Dients der Kommunen und des Bundes.

Nelke am 09.03.2023

EU-und Bundespolitiker sorgten mit für die hohe Inflation. Strom-und Gaspreis-börse mit Orientierung an den teuren Preisen, während das Verschenken von Strom bei Überkapazitäten keine Rolle spielt. Dazu kommen stetig gesteigerte Abgabenlasten, welche die Staatskasse angenehm füllen. Die Inflation ist so hoch, daß ein annähernder Ausgleich durch höhere Löhne nicht mehr möglich ist, ohne zu einer "galoppierenden" Inflation beizutragen. Ein Faktor ist der Unsinn, keine SV-Beiträge auf Umsätze zu erheben. So zahlen nur die personalintensiven Betriebe, Handwerker, Bäcker, Fleischer, Reinigungsfirmen usw. den Löwenanteil. Von 100 EUR mehr "Gesamt"-brutto kommen ggf. nur 40 EUR mehr netto raus. Und mit dem "Aufgehen" der Einzelgewerkschaften in verdi sicherten sich die Funktionäre hohe Einkommen für sich. Das ist wichtig, sonst können sie nicht auf Augenhöhe mit Politik und Konzernen verhandeln.

Eulenspiegel am 09.03.2023

Hallo Anneliese
Also ich frage mich was sie eigentlich wollen. Sie schreiben doch selber das sie als Einzelkämpferin nicht weit gekommen sind.
Es ist nun mal so Die besten Arbeitsbedingungen und die besten Löhne gibt es dort wo der Organisationsgrad am höchsten ist. Denn schließlich ist die Gewerkschaft ja keine staatliche Einrichtung sondern ein ein Verein der für seine Mitglieder da ist. Und das ist gut und richtig so. Und diese Möglichkeit steht ihnen auch offen. Da sie dieses aber offenbar ablehne müssen sie die Nachteile natürlich in kauf nehmen.

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