Eine Spaziergängerin mit Hund passiert ein Warnschild, das Wanderer im Waldgebiet um den Kaiserstuhl auf Rügen auf Zecken-Gefahr aufmerksam macht
Nach einem Spaziergang mit dem Hund sollte man sich und das Tier gründlich nach Zecken absuchen. Bildrechte: picture-alliance/ dpa | Erwin Elsner

Zeckenstiche und Infektionen Wie Zecken vom Klimawandel profitieren und was das für Mensch und Tier bedeutet

03. April 2023, 16:02 Uhr

Es wird wieder wärmer und mit den frühlingshaften Temperaturen werden auch Zecken aktiver. Doch wärmer wird es auch im Winter – was die Blutsauger wiederum freut. Was bedeutet das für den Menschen und das Infektionsrisiko mit Borreliose und FSME?

MDR AKTUELL Mitarbeiterin Alicia Müller
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Mit dem Frühjahr beginnt auch die Zeit der Zecken in Deutschland. Sobald es wärmer wird, sind die Blutsauger in Feldern, Parkanlangen, Gärten und Wäldern zu finden. Mit ihrer Fähigkeit, Krankheitserreger zu übertragen, sind sie für Mensch und Tier nicht ungefährlich.

Erst Anfang März hat das Robert Koch-Institut (RKI) weitere Regionen als Risikogebiete für Frühsommer-Meningoenzephalitis-Viren (FSMEV) definiert, darunter der Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt. Der Klimawandel könnte diese Entwicklung vorantreiben.

Um an den Menschen oder Tiere zu gelangen, halten Zecken sich meist am obersten Punkt einer Pflanze auf. So werden sie bei einem Gang durchs hohe Gras abgestriffen und halten sich an Mensch oder Tier fest. Sie fallen nicht etwa von Bäumen und springen könnten sie auch nicht, erklärt das RKI. "Die meisten Zecken warten in einer Höhe von weniger als einem Meter, häufig sogar nur zwischen zehn und 50 cm über dem Boden", informiert das Institut auf seiner Internetseite. Die Spinnentiere werden demnach ab einer Temperatur von sechs bis acht Grad Celsius aktiv.

Klimawandel kommt Zecken zugute

Mit Blick auf die vergangenen milden Winter stellt sich die Frage, ob Zecken damit zu einem ganzjährigen Problem werden. Stefan Bosch vom NABU Baden-Württemberg sagt, dass der gemeine Holzbock vermehrt das gesamte Jahr aktiv sei und deshalb auch ein größeres Risiko darstelle. "Zudem fällt es südeuropäischen Zeckenarten zunehmend leichter, bei uns zu überleben, sich zu vermehren und zu etablieren."

Der Epidemologe Martin Pfeffer vom Institut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen an der Universität Leipzig kann diese Beobachtung bestätigen. Das wärmere Klima trage dazu bei, dass nicht heimische, aber regelmäßig eingetragene Zecken irgendwann die klimatischen Voraussetzungen in Deutschland finden, um sich hier zuhause zu fühlen.

Tipps zum Absuchen und Entfernen der Zecke

  • Absuchen: Zecken stechen häufig nicht sofort zu, sondern laufen noch auf Körper oder Kleidung umher. Nachdem man im hohen Gras unterwegs gewesen ist, sollte man deshalb den Körper gründlich absuchen und abduschen. So können laufende Zecken abgespült werden.
  • Entfernen: Um das Infektionsrisiko zu minimieren, sollte die Zecke sobald wie möglich herausgezogen werden. Dabei sollten möglichst alle Teile der Zecke entfernt werden, um eine Entzündung zu vermeiden. Das geht zum Beispiel mit einer Pinzette, die man nahe der Hautoberfläche ansetzt, aber zur Not auch mit den Fingernägeln. Man sollte beachten, die Zecke nicht an ihrem vollgesogenen Körper zu packen, sondern an ihren Mundwerkzeugen. Das Tier sollte dabei nicht gereizt werden, denn das könnte dazu führen, dass es mögliche Infektionserreger über seinen Speichel abgibt.
  • Untersuchung auf Erreger: Die Einstichstelle sollte dann regelmäßig beobachtet werden. Ein roter Ring kann ein früher Hinweis auf eine beginnende Borreliose sein. Wird dieser deutlicher, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Wenn man nach einem Zeckenstich in einem FSME-Risikogebiet Grippesymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, Unwohlsein, Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen entwickelt, sollte man einen Arzt aufsuchen.
  • Haustiere: Das Gleiche gilt auch für Haustiere. Nachdem sie im Freien waren, sollten sie auf Zecken gründlich abgesucht und gefundene Tiere sofort entfernt werden. Zusätzlich sollte man das Haus oder die Wohnung auf importierte Zecken absuchen, rät auch NABU-Experte Stefan Bosch.

Hierzulande und damit auch in Mitteldeutschland sei der gemeine Holzbock die häufigste Zeckenart, sagt Stefan Bosch. Sie ist der Wirt für Borrelien, FSME-Viren und Anaplasmen. Infektionen mit diesen Erregern können im schlimmsten Fall zu Entzündungen von Hirn, Hirnhaut, Nerven sowie Gelenken oder Taubheit und Lähmungen führen. Den Holzbock selbst interessiert das Wärmerwerden eher weniger. Viel mehr sind es seine Wirte, die besser durch die milden Winter kommen. Nagetiere könnten früher ihre Population aufbauen, sagt Martin Pfeffer. "Diese Tiere sind die Kinderstube für die Larvenstadien der Zecken und gleichzeitig das Reservoir für die Erreger."

Weniger bekannt und erst seit wenigen Jahren vermehrt in Deutschland sind Auwald-, Hyalomma-, Relikt- und Hundezecken. Diese Arten seien im Vergleich zum Holzbock zwar auch bräunlich, aber meist größer, flacher und auffälliger gemustert, sagt Stefan Bosch. Nach Untersuchungen des RKI macht die Auwaldzecke etwa ein bis zwei Prozent der Zeckenstiche aus. Alle genannten Arten können ebenso FSME-Viren übertragen.

Das RKI empfiehlt vor allem Menschen, die in einem FSME-Risikogebiet wohnen oder reisen wollen eine Impfung gegen die Viren. Das gelte auch für Auslandsreisen.

In FSME-Risikogebieten nur wenige Zecken mit FSME infiziert

Wer eine Zecke an sich entdeckt, reagiert also nicht selten erschrocken. Eine Infektion mit Borrelien und FSME-Viren muss jedoch nicht in jedem Fall mit schweren Symptomen und Krankheitsverläufen einhergehen. Dennoch sollte man die Zecke so schnell wie möglich entfernen, sagt auch der Biologe und Zeckenforscher Olaf Kahl am Rande eines Zecken-Symposiums, wo er mit Kolleginnen und Kollegen den neuesten Erkenntnisstand rund um die Zecke erarbeiten will.

Den Angaben des RKI nach sind in den FSME-Risikogebieten nur wenige Zecken mit dem FSME-Virus infiziert. Im Mittel trägen in diesen Gebieten 0,1 bis fünf Prozent der Zecken die Viren in sich. Daraus ein Erkrankungsrisiko nach einem einzelnen Zeckenstich abzuleiten, sei jedoch schwer möglich. Dennoch nehmen die FSME-Risikogebiete in Deutschland zu.

Das Vorkommen von Borrelien in Zecken schwanke kleinräumig sehr stark und kann bis zu 30% betragen. Untersuchungen aus Deutschland und der Schweiz zeigten, dass sich nach einem Zeckenstich bei 2,6 bis 5,6 Prozent der Betroffenen eine Borrelien-Infektion nachweisen ließ.

Auwaldzecke gefährlich für Haustiere

Zecken können jedoch nicht nur uns Menschen gefährlich werden, sondern auch für unsere Haustiere. Die Auwaldzecke sei zwar recht gut zu sehen, könne jedoch unentdeckt ein tödliches Risiko für den Hund sein, weiß Martin Pfeffer. Sie kann Babesiose auf den Vierbeiner übertragen, auch Hundemalaria genannt.

Pfeffer erklärt, dass die Krankheit mit Blutarmut einhergehe. Deutlich zu erkennen sei das an blassen Schleimhäuten im Maul. Die Hunde seien schlapp, lethargisch, könnten Fieber haben und Blut im Urin. Auch Erbrechen könne auftreten. Typisch sei, dass die Symptome ganz plötzlich auftreten.

Einen hundertprozentigen Schutz vor Zecken gebe es nicht, jedoch etliche Präparate, mit denen man eine deutliche Reduzierung einer Infektion herbeiführen könne, sagt Martin Pfeffer. "Sie wirken entweder sofort, das heißt, die Zecken lassen nach einer gewissen Zeit vom Wirt ab, weil sie sich quasi die Füße verbrennen, oder sie stechen, werden während des Blutsaugen "getötet" und fallen so ab", erklärt der Professor.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hauptsache gesund | 30. März 2023 | 21:00 Uhr

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