Arbeitsrecht Gewerkschaft kritisiert vorweihnachtliche Zusatzarbeiten bei Deutscher Post

Um die Postbotinnen und -boten in der Vorweihnachtszeit zu entlasten, bittet die Deutsche Post jedes Jahr ihre Büro-Angestellten um Mithilfe bei Sortierung und Zustellung. Der Appell hat Tradition. Die Gewerkschaft dagegen kritisiert das und fordert mehr Personal.

Gestern noch am Schreibtisch, heute vielleicht schon auf dem gelben Postfahrrad: Dass die Deutsche Post ihre Büromitarbeiter bittet, zur Vorweihnachtszeit auch in der Sortierung oder Zustellung zu helfen, sei absolut nichts Neues, sagt Mattias Persson, Pressesprecher der Deutschen Post in Sachsen. "Es hat sogar eine gewisse Tradition. Wir appellieren jedes Jahr an unsere Kolleginnen und Kollegen, dort mit anzupacken, wo sehr viel Arbeit anfällt. Alles auf freiwilliger Basis, und wer sich dazu entscheidet, kann auch selbst bestimmen, wann und wie oft er eingesetzt wird. Aber wir merken immer wieder, dass es unseren Verwaltungskräften auch ein Bedürfnis ist, den Betrieb mit zu unterstützen."

Gewerkschaft kritisiert die Post

So rosig, wie das klingt, sei es aber nicht, sagt Christina Dahlhaus. Sie ist die Bundesvorsitzende der DPVKOM, einer Fachgewerkschaft, die Beschäftigte der Callcenter, Telekom, Postbank oder Post vertritt. Die Aushilfe in anderen Bereichen findet Dahlhaus nicht gut. "Das ist ja alles eine Verschleierung dessen, dass die Personaldecke einfach zu dünn ist und die Arbeit auf zu wenig Schultern verteilt ist. Die Post hat Milliardengewinne gemacht, auch in den zwei Coronajahren war sie ganz klar ein Gewinner der Krise. Aus meiner Sicht muss die Post grundsätzlich mehr Geld in das Personal investieren."

Beim Personal sieht Dahlhaus gleich mehrere Probleme: Die Verträge bei der Deutschen Post seien oft befristet, die Löhne zu niedrig und das Unternehmen setze viel auf Leiharbeitsfirmen. Das führe zu verschiedenen Gehältern für die gleiche Arbeit. Dazu hätten in der Coronazeit viele Menschen gemerkt, wie bequem der Onlinehandel ist – die Arbeitsbelastung nehme zu, meint Dahlhaus. "Der ein oder andere Zusteller hat 200, 250 oder auch 300 Pakete. Das heißt, wir haben hier nochmal eine deutliche Steigerung. Und die Pakete können bis zu 31,5 Kilo wiegen. Wenn ich davon ein paar habe, zum Beispiel eine Weinlieferung, und sie dann in die vierte Etage ohne Aufzug trage, dann ist das Leistungssport und vor allen Dingen auch Stress."

Arbeitsvertrag regelt die Aushilfe in anderen Bereichen

Aber darf die Post ihre Angestellten aus der Verwaltung überhaupt woanders einsetzen? Es kommt auf den Vertrag an, sagt Simone Sperling, Anwältin für Arbeitsrecht in Dresden. "Grundsätzlich hat der Arbeitgeber ein Weisungsrecht. Dort kann er entsprechende Anweisungen geben, eben auch temporär eine andere Tätigkeit auszuführen. Es sei denn, es ist im Arbeitsvertrag oder durch den Tarifvertrag ausdrücklich bestimmt, dass derjenige ausschließlich in der Verwaltung arbeitet."

Bei der Post scheint das nicht der Fall zu sein – dort war es in den vergangenen Jahren üblich, als Büroangestellte ein bis zwei Tage woanders auszuhelfen. Jetzt will der Vorstand in einem Bericht der "Rheinischen Post" offenbar mehr. Dort ist von einer ganzen Woche die Rede.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. November 2022 | 06:00 Uhr

6 Kommentare

MDR-Team vor 47 Wochen

Hallo Micha R,
danke für den Hinweis. DHL stellt für das Weihnachtsgeschäft also Aushilfen ein. Im Artikel geht es aber um arbeitsrechtliche Belange im Zusammenhang damit, dass die Deutsche Post Mitarbeiter aus der Verwaltung in anderen Bereichen einsetzt. Und so stellt sich gar nicht die Frage, ob es Arbeitssuchende gibt, die diese Arbeit übernehmen könnten, wenn dafür gar keine Arbeitnehmer gesucht werden.

Micha R vor 47 Wochen

@mdr-Team
Letzteres stimmt!
Allerdings verkündete die Deutsche Post DHLGroup via Pressemitteilung vom 19.10.2022 unter der Überschrift " Weihnachtsgeschäft 2022: Deutsche Post DHL Group erwartet 11 Millionen Sendungen an Spitzentagen" selbst, das spätestens ab Mitte November mit einem signifikanten Anstieg der Paket- und warentragenden Briefsendungen zu rechnen sei. In dem Zusammenhang verkündete das Unternehmen außerdem, aufgrund zu erwatender Steigerung der Paketmengen gegenüber September diesen Jahres um bis zu 70% (mit Spitzentagen vor Heiligabend von bis 11 Mio Pakete täglich) " und ...auch in diesem Jahr mehr als 10.000 Aushilfskräfte insbesondere für die Bereiche Zustellung, Sortierung und Verladung..." einzustellen und zusätzlich 4.000 Zustellfahrzeuge zur eigenen Bestandsflotte anzumieten, siehe auch hier:
https://www.dpdhl.com/de/presse/pressemitteilungen/2022/weihnachtsgeschaeft-2022-deutsche-post-dhl-group-erwartet-11-millionen-sendungen-an-spitzentagen.html

steka vor 47 Wochen

Finde ich gut, das nannt man Praxisnähe, kann sich positiv auf die nächsten Verwaltungsentscheidungen auswirken. War früher bei der Bahn auch so. Heute zweifle ich ob die Bahnverantworlichen jemals Praxisluft geschnuppert haben, kennen die Bahnhöfe nur wenn Bändchen feierlich durchgeschnitten werden.

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