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Volle Regale – aber dennoch sind Medikamente wie zum Beispiel Fiebersaft für Kinder gerade Mangelware in Apotheken. Bildrechte: IMAGO / Future Image

ArzneimittelknappheitApotheken gehen vor allem Fiebersaft und Nasenspray aus

13. Juli 2022, 14:09 Uhr

Fiebersaft für Kinder, Elektrolytpulver bei Durchfallerkrankungen, abschwellendes Nasenspray – Medikamente wie diese sind momentan vielerorts schwer zu bekommen. Oft gibt es Alternativen anderer Hersteller – aber nicht immer.

Anfang der Woche erst hatte das Robert Koch-Institut von einer bundesweit erhöhten Zahl von Atemwegserkrankungen berichtet. Das RKI ging zuletzt binnen einer Woche von 4,5 Millionen Erkrankungen aus. Das sorgt für eine besonders große Nachfrage nach schmerzlindernden und fiebersenkenden Medikamenten in Apotheken.

Und egal ob Fiebersaft für Kinder, Nasensprays oder auch Elektrolytlösungen, die bei Durchfallerkrankungen helfen: Vermehrt melden sich dieser Tage Menschen in den sozialen Medien zu Wort, die nicht an die nötigen Medikamente, etwa für ihre kranken Kinder, kommen. Der Grund: Lieferengpässe. Auch ein Blick ins Angebot diverser Online-Apotheken zeigt: Vor allem Fiebersaft ist ausverkauft, gleiches gilt für Elektrolytpulver.

Wie die Lage in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist, haben die Landes-Apothekerverbände MDR AKTUELL geschildert.

Sachsen: Erhöhte Nachfrage nach Fieber- und Schmerzmitteln

Die Lage in Sachsen unterscheide sich nicht von der in der Bundesrepublik, teilt der sächsische Apothekerverband auf Nachfrage mit.

"Aufgrund der aktuell kursierenden Erkältung und steigenden Corona-Inzidenzen besteht wieder eine erhöhte Nachfrage nach Fieber- und Schmerzmitteln und abschwellenden Nasensprays." Ob solche Medikamente in Apotheken sofort verfügbar seien, hänge vom Patientenkreis ab, aber auch vom Vorrat der jeweiligen Apotheke. Ist ein Mittel nicht mehr verfügbar, können "in den Apotheken Alternativpräparate empfohlen werden", heißt es auf Anfrage.

Das Problem: Auch die Alternativen können nicht immer geliefert werden. Dann sei ein Import aus Nachbarländern erforderlich. "Mittlerweile führt fast jede Apotheke eine Liste von Präparaten mit längeren Wartezeiten, die regelmäßig beim Großhandel nachgefragt werden, um versorgungsfähig zu bleiben."

Sachsen-Anhalt: Mehraufwand für Apotheken und Arztpraxen

In Sachsen-Anhalt betreffen die Lieferengpässe dem Landesapothekerverband zufolge das gesamte Sortiment. "Also nicht nur selten benötigte Arzneimittel für spezielle Fälle, sondern auch häufig verordnete Standardmedikamente sind manchmal kaum oder gar nicht zu bekommen", erklärt der Vorsitzende des zuständigen Landesapothekerverbandes Mathias Arnold.

Welche Präparate konkret betroffen sind, sei sehr variabel. "Ein ärgerlicher Engpass besteht momentan bei Paracetamol-Säften. Aber nur die, Zäpfchen und Tabletten sind verfügbar", sagt Mathias Arnold. Schon seit längerem sei etwa das Schmerzmittel Ibuprofen knapp, oder auch bestimmte Blutdruckmittel, die "Sartanen". "Aber auch bei Impfstoffen, Antibiotika, Antidiabetika, Schilddrüsenpräparaten und anderen kommt es immer wieder zu Problemen".

Auch er weist darauf hin, dass es zwar häufig gleichwertige Alternativen von anderen Herstellern gebe – jedoch nicht immer. "Dann telefonieren wir manchmal stundenlang mit Kollegen, dem Großhandel oder dem Hersteller, um die benötigten Arzneimittel doch noch zu bekommen, oder mit dem verordnenden Arzt, um mögliche Alternativen zu besprechen", sagt der Apotheker. Ziel sei immer, dass der Patient versorgt wird. In der Mehrzahl der Fälle sei bisher eine Lösung möglich gewesen. Das, gibt Arnold zu bedenken, sei jedoch mit erheblichem Mehraufwand verbunden – für die Apotheken, aber auch für die sowieso schon stark belasteten Arztpraxen.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat sich deshalb für eine Verlängerung der SARS-CoV-2-Ausnahmeregelungen über den 25. November 2022 hinaus ausgesprochen. Die ermöglichen beispielsweise den erleichterten Austausch nicht verfügbarer Arzneimitteln gegen vorrätige Ersatzmedikamente – ohne bürokratische Hürden und lange Telefonate.

Thüringen: "Lieferengpässe gehören zum Alltag"

Dass bestimmte Arzneimittel knapp werden, liegt nicht allein an den Folgen der Corona-Pandemie. "Lieferengpässe gehören leider schon seit Jahren zum Alltag in den Apotheken", sagt auch der Geschäftsführer des Apothekerverbands Thüringen, Alexander Schneeberg.

Auch Schneeberg bestätigt den aktuellen Lieferengpass bei abschwellenden Nasensprays und fiebersenkenden Medikamenten. Dafür, dass manche Medikamente nicht verfügbar seien, macht er die derzeitige Erkältungslage und damit verbundene hohe Nachfrage einerseits, aber etwa auch die Ausstattung der Reiseapotheke vor dem Sommerurlaub verantwortlich.

Ursachen für Lieferengpässe

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) nennt vielfältige Ursachen für Knappheit bei einigen Medikamenten. So etwa den Kostendruck im Gesundheitswesen. "Global betrachtet findet die Wirkstoffproduktion für den Weltmarkt aus Kostengründen oft in wenigen Betrieben in Fernost statt", heißt es in einem Faktenblatt zum Thema Lieferengpässe.

Antibiotika etwa würden häufig in China und Indien produziert. "Steht die Produktion zeitweilig still oder wird eine Charge aus Qualitätsgründen nicht freigegeben, können auch große Hersteller in Europa ihre Fertigarzneimittel nicht liefern."

Auch die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg wirken sich demnach durch erhöhte Nachfrage von Kunden und Kliniken die Versorgungssituation aus.

Darum ist Paracetamol besonders knapp

Der Mangel an Medikamenten mit dem Wirkstoff Paracetamol hat dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zufolge noch einen anderen Grund: den Marktrückzug eines Zulassungsinhabers. "Die betroffenen Marktanteile konnten nicht kurzfristig von den weiteren Marktteilnehmern übernommen werden, wodurch es zu einer Unterversorgung des Marktes kam", heißt es zur Erklärung. Die Nachfrage für Alternativen mit dem Wirkstoff Ibuprofen ist demnach sehr hoch, was wiederum zu Engpässen führen könne.

Andere Hersteller wollen Bedarf an Fiebersaft decken

Paracetamolhaltige Säfte, die vor allem Kindern bei Fieber und gegen Schmerzen verabreicht werden, werden von verschiedenen Pharma-Herstellern produziert. Die seien darum bemüht, der erhöhten Nachfrage gerecht zu werden, teilte ein Pressesprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel auf Nachfrage mit. Im Herbst, heißt es, soll das Angebot die Nachfrage auch wieder decken.

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 13. Juli 2022 | 16:00 Uhr