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Wie Deutschland seine Lithium-Abhängigkeit minimieren kann
03. August 2021, 05:00 Uhr
Vor allem für die Batterien von E-Autos wird es gebraucht: Lithium. Der Bedarf an dem Rohstoff dürfte im Zuge der Verkehrswende massiv steigen. Lithiumcarbonat wurde in der Vergangenheit überwiegend aus Chile in Südamerika bezogen. MDR AKTUELL-Hörer Markus Hollmann fragt, wie groß die Abhängigkeit Deutschlands beim Bezug von Lithium sei und wie diese verringert werden könne.
- Die Deutsche Lithium erwartet in einer Lagerstätte in Sachsen 125.000 Tonnen Lithium.
- Jens Gutzmer vom Helmhotz-Institut für Ressourcentechnologie geht davon aus, dass Europa genügend Lithiumvorkommen für den Eigenbedarf aufweist.
- Michael Schmidt von der Deutschen Rohstoffagentur spricht von Bergbau in Deutschland, um die Lithium-Abhängigkeit zu reduzieren.
Manche nennen es das weiße Gold: Lithiumcarbonat. Ein weißes Pulver, das in der Atacama-Wüste in Chile gefördert wird. Doch Chile ist längst nicht mehr der einzige Lieferant. Auch Australien, China und Argentinien fördern Lithium. Eine Abhängigkeit von nur einem Land besteht deshalb nicht. Und doch sei Lithium ein kritischer Rohstoff, sagt Michael Schmidt von der staatseigenen Deutschen Rohstoffagentur. Denn der Elektroauto-Boom lasse die Nachfrage weltweit wachsen: „Wir haben aktuell eine Nachfrage so um die 100.000 Tonnen. Und diese Nachfrage wird auf über 500.000 Tonnen innerhalb der nächsten acht Jahre steigen. Das sind massive Steigerungsraten, wie ich sie bei einem Rohstoff auch noch nicht gesehen habe.“
Firma in Sachsen sucht nach Lithium
Überall auf der Welt wird deswegen nach Lithium gesucht. Auch in Sachsen. Thomas Dittrich steht neben einem Bohrgerät in Zinnwald im Erzgebirge. Der Geologe holt aus 300 Metern Tiefe Gesteinsproben. "Hier sehen wir unseren Bohrkern, der jetzt gerade aus dem Bohrgerät rausgeholt worden ist. Und dieses grünlich, schwärzlich schimmernde ist der Zinnwaldit. Das ist der lithiumhaltige Glimmer." Dittrich arbeitet für die Deutsche Lithium. Die Firma erwartet in der Lagerstätte von dem Rohstoff 125.000 Tonnen. Das würde für hunderttausende Elektroautos reichen.
Gutzmer: Europa hat genügend Vorkommen
Das Zinnwald-Projekt macht allerdings schon seit Jahren Schlagzeilen, ohne dass bislang etwas gefördert wurde. Ist Lithium-Bergbau in Deutschland überhaupt realistisch? Ja, sagt Jens Gutzmer. Der Direktor des Freiberger Helmholtz-Instituts für Ressourcentechnologie geht sogar noch weiter. "Im Moment sind die Ressourcen in Europa so hoch, dass es kein Problem geben sollte, aus heimischen Rohstoffen die Menge an Lithium zu produzieren, die der europäische Markt für seine eigenen Produkte, also die lokal selbst genutzt werden, dann brauchen würde. Gerade wenn es um Lithium geht, gibt es in Europa genug Rohstoffe, um aus heimischer Produktion Lithium-Ionen-Akkumulatoren herzustellen."
Gutzmer betont, seine Rechnung berücksichtige nur den Eigenbedarf, Exportgüter habe er nicht mit einkalkuliert. Lithium gebe es nicht nur im Erzgebirge, sondern auch in lithiumhaltigen Thermalwässern im Oberrheingraben, in Gesteinen in Serbien, Spanien, Portugal oder Österreich.
Schmidt: Müssen über Bergbau in Deutschland reden
Auch Michael Schmidt von der Deutschen Rohstoffagentur hält eine gewisse Selbstversorgung für möglich: "Wir haben in Summe in Europa die Möglichkeit, unsere Importabhängigkeit um etwa 20 bis 35 Prozent zu senken. Wenn wir bestimmte Technologien wollen und wenn wir von bestimmten Abhängigkeiten wegwollen, dann müssen wir auch wieder über einen Bergbau, über eine Rohstoffgewinnung und -weiterverarbeitung in Deutschland und Europa reden. Das eine bedingt das andere."
Dass es in Deutschland bislang keine Lithium-Förderung gibt, liegt an den langen Genehmigungsverfahren und an Umweltauflagen. Und es lag an den Kosten. Rohstoffe waren auf dem Weltmarkt lange billig. Doch das hat sich geändert. Womöglich wird es in fünf Jahren also tatsächlich nennenswerten Lithiumabbau in Deutschland geben – der dann die Abhängigkeit vom Ausland reduziert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. August 2022 | 06:00 Uhr
hansfriederleistner am 11.08.2022
Gut, daß der Lithiumabbau in Sachsen erfolgen soll. Wenn es um Erdgas durch Fracking aus Niedersachsen geht ist plötzlich der Umweltschutz im Vordergrund. Dabei wird doch Gas auch nötig gebraucht.
C.T. am 11.08.2022
... oder eine Neuwagenprämie beim Kauf eines PKW mit Verbrennungsmotor. Zur Gegenfinanziereung würde ich eine Ökosteuer auf Lithium-Produkte verhängen, um die Umweltschäden und humanitäre Ausbeutung durch die Lithium-Förderung einzudämmen.
Anni22 am 11.08.2022
Einfach ein Embargo verhängen. Das schadet dem Lieferanten und Deutschland ist sofort unabhängig oder eben nicht. Mal sehen ....In Deutschland fördern muss ich wegen der Umwelt ablehnen. So muss man das lösen!