Tanzende Partygäste anlässlich einer Techno-Party im Haus der Kulturen der Welt in Berlin.
Bildrechte: imago/David Heerde

Angriffe in Berliner Clubs Heimlich mit Spritze betäubt – Clubszene alarmiert wegen "Needle Spiking"

09. Juni 2022, 05:00 Uhr

Ein Thema schockiert gerade die Technoszene in Berlin: das sogenannte "Needle Spiking". Vor allem im Netz berichten Frauen dabei von Angriffen mit einer Spritze, die ihnen Unbekannte in Clubs heimlich verabreichen und sie so unter Drogen setzen. Auch im Ausland kommt es vermehrt zu solchen Angriffen. Gibt es sie auch bei uns in Mitteldeutschland und was tun Clubbetreiber dagegen?

"Auf der Tanzfläche habe ich auf einmal Atemnot bekommen und bin zusammengebrochen. Dann bin ich blau angelaufen und hatte Krämpfe auf dem Boden. Später haben wir einen Nadeleinstich an meinem Arm gefunden." So beschreibt es die Sängerin Zoe Zanias auf ihrem Instagramaccount. Im Berliner Technoclub Berghain ist sie Opfer des sogenannten "Needle Spiking" geworden.

Was ist "Needle Spiking"?

Unbekannte verabreichen dabei heimlich eine Spritze mit betäubenden Substanzen. Warum, kann die Referentin im Berliner Drogennotdienst, Andrea Piest, nur vermuten. "Es gibt drei potenzielle Motive: Das erste Motiv wäre sexualisierte Gewalt. Das zweite wäre Raub, also persönliche Bereicherung. Und das dritte Motiv wäre eine Art positiver Effekt für die Persönlichkeit, Macht über andere auszuüben. Das spielt ja bei sexualisierter Gewalt auch immer eine Rolle."

Der Fall im Berliner Berghain ist nicht der einzige – in Frankreich wurden seit Jahresbeginn schon mehr als 100 Fälle gemeldet. Die Polizei in Großbritannien spricht laut eines Berichts der Zeitung "The Guardian" sogar von 1.300 Fällen innerhalb von sechs Monaten.

Leipziger Clubbetreiber: Bislang keine Fälle bekannt

Steffen Kache betreibt den Leipziger Club "Distillery" und hat in Leipzig bislang noch von keinem Fall gehört. "Wir sind auch ehrlich gesagt ein bisschen ratlos, was wir davon halten sollen. Weil wir uns überhaupt nicht einen Reim daraus machen können, mit welcher Motivation die das machen. Und zum anderen die reine technische Umsetzbarkeit: Wir hatten uns auch schon mit Ärzten unterhalten, die sich nicht vorstellen können, dass man das im Vorbeigehen macht, ohne dass die angegriffene Person das bemerkt. Also bei uns gibt es noch ganz große Fragezeichen."

Auch Übergriffe mit anderen Drogen sind in den Technoclubs seit Längerem ein Thema – besonders GHB, auch als Liquid Ecstasy bekannt, das heimlich in Getränke gemischt wird. Steffen Kache: "Wir reagieren darauf noch mit verstärkten Kontrollen an den Türen. Dass wir also wirklich Bodychecks machen und schauen, dass wir das Zeug draußen halten. Aber das ist natürlich ein riesengroßes Problem und es gibt auch die entsprechenden Awareness-Teams in den Clubs, die darauf aufmerksam machen, das Getränk nicht unbeaufsichtigt stehen zu lassen."

Auch in Dresden keine Meldungen von "Needle Spiking"

Ein sogenanntes Awareness-Team hat die Aufgabe, dass sich alle Gäste wohl und sicher fühlen. Dafür laufen sie regelmäßig durch den Club und sind als Ansprechpersonen da. Tim Frait arbeitet in einem solchen Team im Dresdner Technoclub oka. "Needle Spiking" hat es auch in Dresden noch nicht gegeben – das bestätigt auch die Dresdner Polizeidirektion MDR AKTUELL.

Aber im Club oka und in seinem Freundeskreis ist es ein großes Thema, sagt Tim. "Die Leute bekommen es mit. Aber ich habe eher das Gefühl, dass es von der Position von Dresden aus ist, also dass die Leute denken, dass man sich in Dresden sehr sicher fühlt. Und dass man dann eher Angst hat, nach Berlin zu gehen oder dass es da eher schlummert. Es wäre naiv zu denken, dass es nicht auch irgendwann bei uns ankommt."

Tim findet es deshalb wichtig, das "Needle Spiking" regelmäßig zu besprechen. Die Berliner Clubkommission hat auch für kommende Woche einen runden Tisch mit dem Titel "Gemeinsam gegen Spiking" einberufen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 09. Juni 2022 | 06:00 Uhr

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