Einrichtungsbezogene Impfpflicht Pflegeheimbetreiber befürchten Personalnot
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Ab dem 15. März soll im Gesundheitssektor die einrichtungsbezogene Impfpflicht gelten. Alle Mitarbeitenden müssen dann geimpft oder genesen sein, andere dürfen nicht mehr in dem Bereich arbeiten. Pflegeheime und -dienste befürchten eine Personalnot, da Teile ihres Personals wegbrechen würden.

- Pflegebetreiber sehen die geplante einrichtungsbezogene Impfpflicht mit Sorge, da ein Teil ihres Personals wegbrechen würde.
- Schon jetzt gibt es Heime, die keine neuen Pflegebedürftigen aufnehmen können.
- Mit der Impfpflicht drohe ein Versorgungsnotstand in der Pflege.
Andreas Haustein blickt mit großer Sorge auf den März. Sollte die einrichtungsbezogene Impfpflicht wie geplant eingeführt werden, stünde er nur noch mit der Hälfte seines Personals da. "Wir schätzen das so ein, dass wir auf circa 300 Mitarbeiter verzichten müssen. Das sind also knapp 50 Prozent von den 620 Beschäftigten."
Beschäftigte sorgen sich um Pflegeversorgung
Haustein führt die Geschäfte der Sozialbetriebe Mittleres Erzgebirge, die mehrere stationäre Einrichtungen und ambulante Pflegedienste in der Region betreiben. Nicht nur er zerbricht sich den Kopf darüber, wie es ab März weitergehen soll. Auch die Beschäftigten treibe dieser Gedanke um, sagt Haustein. Einerseits die Ungeimpften, um deren berufliche Zukunft es gehe. Und auf der anderen Seite seien diejenigen, die bleiben dürfen und sich fragen, wie es weitergehen solle, da die Arbeit dann nicht mehr zu schaffen sei. "Weil die Leute natürlich wissen, dass wir im vollstationären Bereich, also in den Heimen, keinen Pflegebedürftigen kündigen können oder nach Hause schicken können, weil das Zuhause ist ja das Pflegeheim", erklärt Haustein.
Es gebe nur eine Möglichkeit, die geimpften Beschäftigten zu entlasten, sagt Haustein: keine neuen Bewohnerinnen und Bewohner mehr aufzunehmen. Das würde aber allenfalls mittelfristig etwas bringen. Also bliebe die anfallende Arbeit an den Geimpften hängen? "So ist es und es gibt auch keine Alternative, dass man kurzfristig Personalersatz bekommen würde", sagt Haustein.
Pflegeeinrichtungen müssen Bedürftige abweisen
Die gleichen Probleme hat man bei der Diakonie Mitteldeutschland – wenn auch nicht ganz so schwerwiegend. Laut einer internen Umfrage sind in den Diakonieeinrichtungen nur zwischen 5 und 18 Prozent der Beschäftigten nicht geimpft. Ein Versorgungsnotstand drohe trotzdem, sagt Sprecher Frieder Weigmann.
Um die geimpften Beschäftigen nicht zu überlasten, signalisierten stationäre Pflegeeinrichtungen schon jetzt, dass sie keine neuen Pflegebedürftigen aufnehmen. Außerdem würden in der ambulanten Pflege auch Dienste reduziert. "Das ist zum Nachteil der Betroffenen und wir wissen aus vielen Regionen von den Diakonieeinrichtungen, dass sie ein ethisches Problem hätten. Wir weisen die Leute ab, weil wir den Dienst nicht abdecken können. Wir wissen genau, dass die auch keinen anderen Dienst finden in der Region", sagt Weigmann.
Forderung, die Impfpflicht auszusetzen
Ein Szenario, das auch André Sinkwitz Sorge bereitet, aber durchaus auch in seinem Unternehmen Realität werden könnte. Sinkwitz ist Geschäftsführer der privaten Miacosa Pflegegruppe, die Pflegedienste in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen betreibt. Rund 10 Prozent seiner Beschäftigten seien nicht geimpft. Sollten sie wegen der Impfpflicht ausfallen, will er sein Pflegeangebot entsprechend eindampfen.
Überstunden wolle er den geimpften Beschäftigten jedenfalls nicht aufbrummen. "Zumal ich auch aus meiner persönlichen Sicht damit die Spaltung der Gesellschaft weiter vorantreibe, dass die geimpften Mitarbeiter dann zu Recht sagen: Prima, jetzt darf ich die Arbeit der nicht geimpften Kollegen auch noch mitmachen. Das will ich natürlich nicht", sagt Sinkwitz.
Sinkwitz hofft, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht noch mal überdacht wird. Es könne nicht im Sinne der Gesundheitsbehörden sein, wenn die Versorgung von vielen Pflegebedürftigen plötzlich wegbricht. Auch die Diakonie Mitteldeutschland fordert von den Landesregierungen, die Regelung auszusetzen – zumindest bis der Bundestag über eine allgemeine Impfpflicht entschieden hat.
MDR AKTUELL
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 26. Januar 2022 | 06:00 Uhr
Altmeister 50 vor 17 Wochen
So geht "gute" Politik. Es wird alles an Restriktionen getan, um die Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern und gleichzeitig wird ein Gesetz verabschiedet, dass die ohnehin angespannte, personelle Lage in der Altenpflege, den Kliniken und Arztpraxen bis hin zur Betriebsschließung verschärft. Dann wird von den verantwortlichen Politikern auch noch behauptet, alle Massnahmen dienen dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung.
Da kann ich mich nur noch an den Kopf fassen und muss an die frische Luft.
Der Pegauer vor 17 Wochen
Wenn ungeimpftes Pflegepersonal nicht mehr in ihrem Beruf bzw. sagen wir es mal genauer - in ihren Arbeitsstätten nicht mehr arbeiten darf, weil sie eben nicht geimpft sind, dann sollte man auch den ungeimpften Insassen im Heim den Vertrag kündigen und sie wieder bei ihren Angehörigen abladen. Eine Impfpflicht kann keine Einbahnstraße sein. Basta!
astrodon vor 17 Wochen
@O.B.: Mit Speck fängt man Mäuse, mit Geld lockt man zukünftige Mitarbeiter. Krankenhäuser stehen an der Spitze der "Nahrungskette" in Puncto Bezahlung. Für die dürfte es also am einfachsten werden.
Beim nicht-medizinischen Personal noch unproblematischer, es gibt genug Arbeitskräfte in diesen Branchen, die geimpft sind - und die ein gutes Angebot sicher annehmen würden. Einarbeitung ist da auch kein Thema, die "Neuen" sind wenige im Vergleich zu den "alten Hasen".
"Mehrere weigern sich jetzt schon das durchzuziehen ... " - mit Weigern wird das bei Bundesgesetzen aber nichts.
"... also können wir gespannt sein auf das was da noch kommt." Dem stimme ich zu - es wird "interessant".