Eine Spritze wird mit dem Impfstoff AstraZeneca aufgezogen
Astrazeneca hat sich zur Klage bislang nicht geäußert. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Corona-Impfschäden Erste Prozesse gegen Pharmakonzerne laufen an

20. September 2022, 09:48 Uhr

Ein 37-Jähriger fordert von Astrazeneca Schadenersatz in Höhe von 30.000 Euro wegen erlittener Impfschäden. Der Prozess dazu hat begonnen. Ärzte sehen den Impfschaden als erwiesen an.

Verfahren gegen Astrazeneca am weitesten fortgeschritten

Deutschlandweit sind erste Klagen gegen Pharmakonzerne wegen Impfschäden eingereicht worden. Dem MDR liegen Unterlagen verschiedener Gerichtsprozesse vor. Aktuell ist ein Verfahren gegen den Hersteller Astrazeneca am Landgericht Köln angelaufen und ist damit am weitesten fortgeschritten. Kläger ist der 37-jährige Sebastian Schönert. Er hatte sich im Mai vergangenen Jahres mit Astrazeneca impfen lassen und danach eine seltene, aber extrem gefährliche Sinusvenenthrombose bekommen. Dass er überhaupt überlebt habe, sei nur dem schnellen Handeln seiner Ärzte zu verdanken, so der junge Mann heute.   

Hirnvenenthrombose: eine sehr seltene Impf-Nebenwirkung

Nach einer Impfung könnte das Blut klumpen, sich Blutgerinnsel bilden, die die Blutbahn verstopfen können. Wandern sie ins Gehirn, kommt es zu seltenen Sinusvenenthrombosen. Die Universitätsklinik Tübingen beschrieb im Juni 2021 diese Nebenwirkung als "neu definiertes Syndrom, das zur Gerinnselbildung an seltenen Stellen … und zu einer verminderten Blutplättchenzahl führt". Auch das für die Sicherheit der Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut beschreibt diese Erkrankung "als schwerwiegende, in einigen wenigen Fällen auch tödliche Nebenwirkung" der beiden Vektor­impfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson.

Ärzte bestätigen Impfschäden bei 37-Jährigem

Statt auf Rhodos, wo Sebastian Schönert nach seiner Impfung gegen das Coronavirus seinen Urlaub verbringen wollte, landete der junge Mann auf der Schlaganfall-Akutstation der Uniklinik Köln. Nach seiner Entlassung ist er noch wochenlang arbeitsunfähig. Wegen der Gefahr eines erneuten Gefäßverschlusses musste er zudem monatelang sein Blut testen lassen, auch Medikamente nehmen, die sein Blut verdünnen.

Sein Leben sei bis heute belastet, so der 37-Jährige. Sowohl die Uniklinik Köln als auch die Universität Greifswald, die sein Blut untersucht hat, bescheinigen ihm, dass er aufgrund der Impfung den seltenen Impfschaden, eine Sinusvenenthrombose, erlitten hätte. Die Aussagelast der ärztlichen Gutachten sei in diesem Fall extrem eindeutig, so der Wiesbadener Anwalt des Klägers Joachim Cäsar-Preller. Das mache ihn so einzigartig, weil diese medizinischen Daten sonst kaum jemand habe.

Hersteller Astrazeneca lehnt Schadenersatz ab

Trotz der ärztlichen Gutachten lehnt der Hersteller einen außergerichtlichen Vergleich ab. In einem Schreiben, das dem MDR vorliegt, betont der Konzern das "positive Risiko-Nutzen-Verhältnis" seines Impfstoffes Vaxzevria. Das "sehr geringe" Risiko, eine Sinusvenenthrombose mit einer Thrombozytopenie zu erleiden, sei schon zum Zeitpunkt der Impfung bekannt und Teil der Produktinformation gewesen. Deshalb sei man auch dann nicht zu Schadensersatz verpflichtet, wenn sich ein "solches sehr seltenes Risiko" im Einzelfall "bedauerlicherweise verwirkliche".

Anwalt: Verfahren ziehe sich unnötig in die Länge

Sebastian Schönert war mit der Ablehnung einer außergerichtlichen Zahlung gezwungen, den Hersteller zu verklagen. Da er keine Rechtsschutzversicherung habe, musste er mit seinen Ersparnissen, etwa 8.000 Euro, in Vorleistung gehen. Das Risiko im Kampf gegen einen mächtigen Pharmakonzern mit umfangreichen Finanzmitteln, läge damit komplett bei ihm, so der junge Mann. Verliere er den Prozess, müsse er sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten übernehmen. Die Klage wurde schon im März durch den Wiesbadener Anwalt Joachim Cäsar-Preller eingereicht. Doch das Verfahren ziehe sich unnötig hin, monatelang hätte man auf die Klageerwiderung der Gegenseite warten müssen.

Richter beauftragen Gutachten

Die Richter am Landgericht haben nun in einem Beweisbeschluss, der dem MDR vorliegt, einen Gutachter beauftragt. Der soll einerseits die Wahrscheinlichkeit bewerten, dass die Impfung mit dem Astrazeneca-Impfstoff Ursache für die Erkrankung des Klägers war. Andererseits soll geprüft werden, ob in den Fachinformationen des Herstellers "insbesondere – aus damaliger medizinischer Sicht – zutreffend auf eine mögliche Thrombose oder eine Thrombozytopenie eingegangen wurde".

Für den Kläger Sebastian Schönert sei das ein erster Teilerfolg. Doch der Weg bis zu einem möglichen Schadensersatzanspruch ist noch lang. Um das Kostenrisiko so gering wie möglich zu halten, habe er seinen Anspruch, der sich vor allem aus der Dauer des Krankenhausaufenthaltes berechnet, auf gerade mal 30.000 Euro angesetzt: "Es geht hier nicht um Millionen, aber für mich ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass der Hersteller, der mit den Impfstoffen Milliardengewinne macht, letztlich auch für die Schäden, die beim Impfen entstehen können, verantwortlich ist und auch für diese haften muss."

MDR Wirtschaftsredaktion

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Exakt | 14. September 2022 | 20:15 Uhr

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