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Schadenersatz-ForderungenBisher mindestens 20 Klagen gegen Hersteller von Corona-Impfstoffen

05. Oktober 2022, 12:55 Uhr

Impfschäden nach einer Corona-Impfung sind selten, aber es gibt sie. Deutschlandweit haben Betroffene bereits mindestens 20 Klagen eingereicht und kämpfen um Entschädigung. Von der Politik fühlen sie sich allein gelassen. Die bisherige Quote der Anerkennung eines Corona-Impfschadens vom Staat ist mit 134 Fällen bei 4.835 gestellten Anträgen gering.

von Christiane Cichy, MDR Wirtschaftsredaktion

Kampf um Schadenersatz und Schmerzensgeld

Mindestens 20 Klagen gegen Hersteller von Corona-Impfstoffen wurden mittlerweile deutschlandweit eingereicht. Es geht um Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen schwerer Impfnebenwirkungen, wie Thrombosen, Herzschäden, Schlaganfälle und Autoimmunerkrankungen.

Nach Auskunft der Patientenanwälte seien die Hersteller Astrazeneca, Biontech aber auch Johnson&Johnson betroffen. Die Hürden für die Kläger seien hoch: Nicht nur die Pharmakonzerne wehren sich gegen die Schadenersatzzahlungen, auch die Bundesregierung hat noch vor dem Beginn der Impfkampagne Verordnungen erlassen, die nicht nur die Hersteller von bestimmten Pflichten befreien, sondern auch die rechtliche Situation der Geschädigten verschlechtern könnten.

Prozess gegen Astrazeneca am weitesten fortgeschritten

Aktuell ist ein Prozess gegen den Hersteller Astrazeneca am Landgericht Köln angelaufen. Im Vergleich zu den anderen Verfahren ist dieser damit am weitesten fortgeschritten. In einem Beweisbeschluss, der dem MDR vorliegt, haben die Richter mittlerweile einen Sachverständigen beauftragt – ein erster Erfolg für den 37-jährigen Kläger Sebastian Schönert.

Der Fall Sebastian Schönert (Bitte aufklappen für mehr Informationen.)

Sebastian Schönert erlitt als einer von Hunderten in Deutschland eine sogenannte Sinusvenenthrombose, eine seltene aber lebensgefährliche Nebenwirkung der Impfung. Er sei dem Tod nur knapp entkommen, so der junge Mann. Dass er nun, ohne Rechtsschutzversicherung, mit seinen eigenen Ersparnissen, den Hersteller auf Schadenersatz verklagen muss, hält er für unverantwortlich: "Nachdem man sich als junger Mensch aus Solidarität für andere hat impfen lassen, wäre es für mich eine Selbstverständlichkeit gewesen, dass der Hersteller, der mit den Impfstoffen Milliardengewinne macht, letztlich auch für die Schäden, die beim Impfen entstehen können, haftet."

Als sich Sebastian Schönert im Mai 2021 gegen Astrazeneca impfen ließ, tat er das nicht für sich, sondern vor allem, um eine pflegebedürftige Familienangehörige zu schützen. Wenige Tage nach der Impfung plagten ihn Kopfschmerzen. Trotz Schmerzmittel hörten sie nicht auf. Da er in den Urlaub fliegen wollte und sein Hausarzt nicht da war, ging er in die Notaufnahme eines naheliegenden Krankenhauses. Dort habe er das große Glück gehabt, so der 37-Jährige heute, dass die Ärztin vor Ort schnell die richtige Entscheidung traf: "Mehr oder weniger per Zufall hatte sie mich gefragt, ob ich denn geimpft wurde. Denn für mich war ganz klar, die Impfung hatte nichts mit meinen Kopfschmerzen zu tun." 

Mit Blaulicht und Martinshorn auf die Intensivstation

Ein Bluttest brachte dann das alarmierende Ergebnis: erhöhte Thrombosewerte. Ein Hinweis also auf Blutgerinnsel, die sich irgendwo in seinem Körper gerade festsetzten. Mit Blaulicht und Martinshorn wurde der junge Mann in die nächste Uniklinik gebracht. Statt in den Urlaub zu fliegen, landete er auf der Intensivstation. Nach seiner Entlassung ist er noch wochenlang arbeitsunfähig, fühlt sich erschöpft und  schwach. Erst Wochen später realisiert er, dass er dem Tod tatsächlich nur knapp entkommen war: "Ich war vor der Impfung kerngesund und dann landetet ich auf der Intensivstation mit der Information, noch ein paar Stunden, ein Tag, maximal zwei, dann wäre ich tot gewesen."

Ärzte bestätigen Impfnebenwirkung bei Kläger

Die Diagnose der Ärzte ist eindeutig: die Sinusvenenthrombose bei Sebastian Schönert, ein Gefäßverschluss im Gehirn, war "vakzin­induziert", wurde also durch die Impfung ausgelöst. Auch die Uniklinik Greifswald bestätigt dem jungen Mann die schwere Impfnebenwirkung. Der Blutwert, der dafür spricht, war noch monatelang nach der Impfung stark positiv.

Fast ein Jahr lang musste der 37-Jährige deshalb blutverdünnende Medikamente nehmen. In der Hoffnung auf eine außergerichtliche Einigung übergibt er Astrazeneca all seine medizinischen Unterlagen. Zumindest die Stornierungskosten für den durch die Impf-Nebenwirkungen ausgefallenen Urlaub wollte er ersetzt haben.

Astrazeneca lehnt Haftung ab

Der Hersteller Astrazeneca lehnt jegliche Haftung ab. In einem Schreiben, das dem MDR vorliegt, betont der Konzern ein "positives Risiko-Nutzen-Verhältnis" seines Impfstoffes. Zudem habe man auf das sehr geringe Risiko einer Sinusvenenthrombose in den Produktinformationen hingewiesen. Dem MDR schreibt das Unternehmen, man wolle sich nicht zu laufenden Verfahren äußern, man sei aber überzeugt, dass Astrazenenca "zu jeder Zeit ethisch einwandfrei gehandelt und alle Gesetze und Vorschriften eingehalten hat".

Die Behauptung, dass er über die lebensgefährliche Nebenwirkung umfassend aufgeklärt wurde, sei falsch, sagt Sebastian Schönert heute. Auch das positive Risiko-Nutzen Verhältnis bezweifelt der junge Mann inzwischen. Nachdem die schwere Nebenwirkung bei Astrazeneca bei einigen Hundert, vor allem jüngeren Menschen, auftrat, wurde der Impfstoff ab Dezember 2021, also sechs Monate nach der Impfung von Sebastian Schönert, in Deutschland nicht mehr eingesetzt. "Wenn das Risiko, dass ein Impfstoff vielleicht mal vom Markt genommen wird, im Raum gestanden hätte, hätte ich mich damit nicht geimpft", sagt der 37-Jährige heute.

Politik propagierte, es sei nur ein "Piks"

Der Anwalt des jungen Mannes, Joachim Cäsar-Preller, hat nicht nur für Sebastian Schönert Klage eingereicht, sondern in zehn weiteren Fällen – nicht nur gegen Astrazeneca sondern auch gegen den Hersteller Biontech. Die Behauptung der Hersteller, den Geimpften seien die Risiken bekannt gewesen, hält auch er für zweifelhaft.

Nach Auffassung des Anwaltes wurde gerade zu Beginn der Impfkampagne von der Bundesregierung propagiert, die Impfung sei nur ein Piks, abgesehen von kleineren Beschwerden an der Einstichstelle müsse man sich keine Sorgen machen. Selbst der jetzige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach habe immer wieder in den Medien die Impfung als sicher und nahezu nebenwirkungsfrei dargestellt, so Cäsar-Preller: "Die Menschen wurden in der Gewissheit gelassen, dass die Impfung für sie kein gesundheitliches Risiko darstellt."

Die Menschen wurden in der Gewissheit gelassen, dass die Impfung für sie kein gesundheitliches Risiko darstellt.

Cäsar-Preller, Anwalt

Lähmung nach Impfung: Klage gegen Biontech

Auch der 22-jährige Oliver Janke aus der Nähe von Potsdam vertraute der Impfkampagne, als er sich im Sommer 2021 mit Biontech impfen ließ. Nie hätte er gedacht, dass sich sein Leben danach komplett ändern würde. Doch kurz nach der zweiten Impfung wurde bei ihm das so genannte Guillain-Barré-Syndrom diagnostiziert, eine Autoimmunerkrankung, die zu Lähmungen des gesamten Körpers führen kann: "Ich war komplett gelähmt, ich konnte gar nichts mehr machen. Ich konnte nicht sprechen, ich nicht essen. Ich konnte nur mit den Augen blinzeln und das auch nur bedingt." Der zuvor kerngesunde Mann verbrachte fast ein Dreiviertel Jahr in Krankenhäusern und Rehaeinrichtungen. Immer wieder kam es zu Rückschlägen und Verschlechterungen seines Gesundheitszustandes.

Ohne Schadenersatz – wirtschaftlicher Totalschaden für Kläger

Die Ärzte melden seinen Fall dem zuständigen Paul-Ehrlich-Institut. Sie sehen es als wahrscheinlich an, dass die Impfung mit Biontech die Autoimmunerkrankung ausgelöst hat. Nach fast einem Jahr hat sich Oliver Janke aus dem Rollstuhl gekämpft. Er lernt wieder laufen, doch noch immer benötigt er eine Gehhilfe.

Nach jetziger Prognose seiner Ärzte wird er wohl nie wieder in seinen Beruf als Baumaschinenführer arbeiten können, dasselbe gilt für seine Arbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr. Der Medizinische Dienst bescheinigt dem jungen Mann Pflegegrad 2. Derzeit bekommt er befristet eine Erwerbsunfähigkeitsrente.  "Verglichen mit meinem früheren Verdienst, ist das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wenn meine Schadenersatzklage nicht durchgeht, dann sind die Folgen der Impfung ein wirtschaftlicher Totalschaden für mich", sagt er.

Mit Hilfe seiner Rechtsschutzversicherung hat Oliver Janke unterdessen Klage gegen den Hersteller Biontech am Landgericht Potsdam eingereicht. Es geht um Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 150.000 Euro. Ein Verfahren wurde in seinem Fall noch nicht eröffnet. Auf unsere Anfrage schreibt das Unternehmen, dass die konkrete Klage ihnen noch nicht zugestellt wurde, grundsätzlich äußere man sich aber nicht zu laufenden Verfahren. Auch der Anwalt des Klägers, Tobias Ulbrich aus Düsseldorf, vertritt mehrere Geschädigte, derzeit habe er zehn Klagen gegen den Hersteller Biontech eingereicht. 

Anwalt kritisiert sogenannte Spahn-Verordnung als "Wunschzettel der Pharmaindustrie"

Was Anwalt Tobias Ulbrich für die Geschädigten besonders ärgert: Das Bundesgesundheitsministerium habe bereits vor dem Beginn der Impfkampagne Regelungen erlassen, die seines Erachtens nicht nur die Patientensicherheit einschränken sondern auch die rechtliche Situation der Geimpften verschlechtern könnten. Konkret geht es um die Verordnung (VO) zur "Sicherstellung und Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs bei der durch das Corona Virus Sars-CoV-2 verursachten Epidemie".

Jens Spahn, damaliger Gesundheitsminister, hatte sie schon im Mai 2020 erlassen, also lange bevor die ersten Impfstoffe auf den Markt kamen. Die darin enthaltenen Vorschriften erleichtern dem Bund, in Notsituationen die Beschaffung und Verteilung von medizinischem Material und Arzneimittel schnell zu organisieren. Nach einer Analyse von Rechtsanwalt Ulbrich umfassen die noch immer geltenden Änderungen aber auch Punkte, die definitiv zum Nachteil der Geimpften seien: "Die sogenannte Spahn-Verordnung wirkt auf uns wie ein Wunschzettel der Pharmaindustrie. Sie ist im höchsten Maße skandalös, weil sie all das an Sicherheitsmechanismen außer Kraft setzt, was wohlgemerkt bei zugelassen Arzneimitteln greift." Was der Anwalt meint: Nach der Verordnung können die Hersteller die Impfstoffe auch ohne Beipackzettel in den Verkehr bringen, auch Impfstoffe, deren Verfallsdatum abgelaufen sind, können angewendet werden. 

Die sogenannte Spahn-Verordnung wirkt auf uns wie ein Wunschzettel der Pharmaindustrie.

Tobias Ulbrich, Anwalt

Hersteller sollen nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz haften

Zudem wurde die im Arzneimittelgesetz geregelte Gefährdungshaftung offenbar außer Kraft gesetzt. Nach der Spahn-Verordnung sollen Hersteller nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haften, erklärt der Anwalt: "Es wird nachträglich durch eine Verordnung die Gefährdungshaftung zu einer verschuldensabhängigen Haftung. Also auf einmal wird von den Geschädigten verlangt, beim Hersteller Vorsatz oder Fahrlässigkeit nachweisen zu müssen. Das war eben in einer Gefährdungshaftung, wie sie der Gesetzgeber im Arzneimittelrecht geregelt hat, nicht erforderlich." Für den Anwalt ist nicht ersichtlich, weshalb eine Verordnung, die eigentlich die Versorgung mit Impfstoffen sicherstellen soll, ein Haftungsprivileg zugunsten der Hersteller enthalten muss.

Auf einmal wird von den Geschädigten verlangt, beim Hersteller Vorsatz oder Fahrlässigkeit nachweisen zu müssen.

Tobias Ulbrich, Anwalt

Bundesgesundheitsministerium hält Verlängerung der Verordnung für notwendig

Auf die Frage, welchem Ziel es diente, die Hersteller offenbar derart zu begünstigen, antwortete das Bundesgesundheitsministerium, dass die Ausnahmen von den arzneimittelrechtlichen Vorschriften erforderlich seien, "um die benötigen Arzneimittel schnell verfügbar zu machen". Doch warum wurde die Verordnung und die damit verbundenen Änderungen bis Ende 2023 verlängert? "Dies sei erforderlich, um die … Impfstoffe gegen Covid-19 auch weiterhin zur Versorgung der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen", heißt es.

Warum man für die Versorgung der Bevölkerung die Hersteller mit einem Haftungsprivileg begünstigen muss, wird aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums allerdings nicht ersichtlich. Unseren Recherchen zufolge gibt es derzeit weder einen Mangel an Corona-Impfstoffen, noch ist dieser in naher Zukunft abzusehen. Mit der Verlängerung der Verordnung sei "die Bundesregierung zum verlängerten Arm der Pharmaindustrie verkomme"“, so die Kritik des Anwaltes Tobias Ulbrich.

Verträge der EU mit Impfstoffherstellern

Es gibt noch weitere Privilegien für die Hersteller: In den Lieferverträgen mit den Impfstoff-Herstellern haben sich die Bundesregierung, wie auch die anderen EU Mitgliedstaaten, verpflichtet, im Falle einer Haftung, für die Hersteller Anwalts- und Gerichtskosten sowie die entstandenen Schadensersatzansprüche zu übernehmen. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt dazu: "Um die von den Herstellern …eingegangenen Risiken auszugleichen, sehen die Vereinbarungen vor, dass die Mitgliedstaaten gegenüber den Herstellern finanzielle Verpflichtungen für mögliche Haftungsansprüche auf Grund von unbekannten Nebenwirkungen übernehmen."

Während die Bundesregierung also für die Hersteller, die Milliardengewinne mit den Impfstoffen machen, die Risiken übernimmt, fühlen sich Geschädigte komplett allein gelassen. So muss der 37-jährige Sebastian Schönert, anders als die Pharmaunternehmen,  mit seinem Ersparten das volle Risiko im Gerichtsverfahren tragen: "Das beschert mir schon so manche schlaflose Nacht, wenn ich daran denke, was passiert, wenn ich den Prozess verliere und ich sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten tragen muss." Um das Kostenrisiko so gering wie möglich zu halten, habe er seinen Anspruch, der sich vor allem aus der Dauer des Krankenhausaufenthaltes berechnet, auf gerade mal 30.000 Euro angesetzt.

Infektionsschutzgesetz sieht staatliche Rente bei Impfschäden vor

Neben den Schadenersatzansprüchen gegenüber den Herstellern steht Betroffenen auch eine staatliche Entschädigung zu. Diese ist im Paragraf 60 des Infektionsschutzgesetzes vorgesehen. Zuständig sind die Versorgungsämter der Bundesländer. Eine Entschädigung ist dann möglich, wenn die Behörden nach Prüfung der eingebrachten medizinischen Unterlagen der Ansicht sind, dass die Impfung den Schaden auch verursacht hat.

Auch hier sind die Geimpften in der Beweispflicht. Nach dem Bundesversorgungsgesetz sind vorübergehende Gesundheitsstörungen dabei nicht zu berücksichtigen. Der Schaden muss mindestens sechs Monate andauern. Je nach Schweregrad steht Impfgeschädigten eine Grundrente von 164 bis 854 Euro pro Monat zu.

Der 22-jährige Oliver Janke stellte bereits im Februar 2022 einen entsprechenden Antrag an das zuständige Versorgungsamt seines Bundeslandes. Bisher ohne Resultat. Doch selbst wenn er eine staatliche Rente bekäme, eine Familie könnte der junge Mann damit nicht ernähren: "Es ist natürlich schade, dass sich der Staat hier komplett aus der Affäre herauszieht. Und eine echte Entschädigung, von der man auch leben kann,  vom Staat eigentlich überhaupt nicht von statten geht."

Es ist natürlich schade, dass sich der Staat hier komplett aus der Affäre herauszieht.

Oliver Janke, Impfgeschädigter

Impfgeschädigte werden vom Staat allein gelassen

Der junge Mann ist offenbar kein Einzelfall. Auch der Wiesbadener Anwalt Joachim Cäsar-Preller habe bei seinen 500 Mandanten, die er mittlerweile wegen Corona-Impfschäden betreue, keinen Fall erlebt, der schon einen positiven Bescheid hat. In der Regel sei die Bearbeitung extrem schleppend oder es kämen Ablehnungen: "Ich hätte ja erwartet, dass, nachdem die Politik, so viel Verve in die Impfkampagne gelegt hat, dann auch dafür sorgt, dass am Ende, wenn jemand Impfschäden davon trägt, eine schnelle unbürokratische Anerkennung erfolgt. Leider ist dies nicht so. Im Gegenteil. Die Menschen werden mit ihren gesundheitlichen und finanziellen Sorgen allein gelassen."

Die meisten Anträge werden abgelehnt oder sind noch offen

Eine bundesweite Umfrage des MDR bei den zuständigen Versorgungsämtern und Ministerien der Bundesländer ergab, dass insgesamt in Deutschland bisher 4.835 Anträge auf Anerkennung eines Corona-Impfschadens gestellt wurden. Die meisten Verfahren seien noch offen. 963 wurden abgelehnt und 134 anerkannt.

Im einwohnerstärksten Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden 695 Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens gestellt. Der überwiegende Teil sei auch dort noch in Bearbeitung. 60 Anträge wurden abgelehnt und 26 anerkannt. Mit 1.059 wurden die meisten Anträge im Bundesland Bayern gestellt. 302 wurden hier abgelehnt und 36 bewilligt.

Antragslage in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

In Sachsen wurden bisher 310 Anträge auf Anerkennung eines Corona- Impfschadens gestellt. Im Vergleich zu anderen Impfungen wie Masern oder Tetanus ist die Anzahl der Anträge hoch. So wird nach einer Masernimpfung durchschnittlich ein einziger Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens pro Jahr in Sachsen registriert. Die meisten der eingegangenen Anträge seien noch offen.  Der in Sachsen zuständige kommunale Sozialverband begründet die lange Bearbeitungsdauer dem MDR gegenüber damit, dass "die Sachaufklärung und insbesondere die medizinische Prüfung mit den darin enthaltenen Kausalitätserwägungen … eine gewisse Zeit brauchen, gerade vor dem Hintergrund der auch wissenschaftlich dynamischen SARS-CoV-2-Thematik".

120 Fälle wurden in Sachsen, vor allem wegen fehlender Kausalität, abgelehnt. 13 Verfahren endeten mit einer Anerkennung. Diese gliedern sich in drei Verfahren mit Anerkennung vorübergehender Gesundheitsstörungen (von weniger als sechs Monaten Dauer), sechs Verfahren mit einer Anerkennung dauerhafter Schädigungsfolgen, drei Verfahren mit Anerkennung einer Hinterbliebenenversorgung und ein Verfahren mit der Anerkennung eines Anspruchs auf Bestattungsgeld.

In Sachsen-Anhalt wurden bisher insgesamt 160 Anträge gestellt. 91 seien noch in Bearbeitung . 73 wurden abgelehnt und vier anerkannt. Unter diesen vier Fällen sei nur einer mit einer dauerhaften Schädigung gewesen, so die Angaben des zuständigen Landesverwaltungsamtes. Eine monatliche Rentenleistung werde derzeit in keinem Fall gewährt.

In Thüringen wurden 198 Anträge gestellt. 166 seien nach Auskunft des zuständigen Sozialministeriums noch offen. 21 Anträge wurden abgelehnt und elf anerkannt. Ob bzw. in welcher Höhe Entschädigungsleistungen in diesen Fällen gewährt wurde, darüber konnten keine konkreten Angaben gemacht werden. 

Zahlen aller Bundesländer in der Übersicht

MDR-Erhebung; Quelle: Bundesländer
BundeslandAnträge*abgelehntbewilligt
Sachsen-Anhalt160734 **
Sachsen31012013
Thüringen1982111
Brandenburg 142403
Mecklenburg Vorpommern148191
Bayern105930236
Baden Württemberg 404258
Hessen325851
Nordrhein Westfalen6956026
Niedersachen342328
Bremen36190
Berlin379254
Hamburg77233
Saarland82282
Rheinland Pfalz 295313
Schleswig Holstein1836011
Alle Bundesländer4.835963134

Anmerkungen:

* Die meisten Anträge sind noch nicht beschieden (abgelehnt oder bewilligt).
** Davon ein anerkannter dauerhafte Schaden und drei vorübergehende Bewilligungen.

MDR Wirtschaftsredaktion

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Umschau | 04. Oktober 2022 | 20:15 Uhr