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Mehlwürmer als Lebensmittel sind keine Zukunftsvision, sondern schon in der EU erhältlich. Bildrechte: imago images/Laci Perenyi

ErnährungInsekten als Proteinquelle der Zukunft?

26. August 2022, 11:21 Uhr

Mehlwürmer zum Mittag oder Abendbrot? Noch ist das die Ausnahme! Für die Lebensmittelindustrie könnten Insekten aber zur großen Proteinquelle werden, um tierische Lebensmittel zu ersetzen.

von MDR-Wirtschaftsredaktion

Bevölkerungswachstum und Klimawandel machen neue Ressourcen notwendig

Die Weltbevölkerung wächst stetig. Nach Prognosen werden in nicht einmal 20 Jahren mehr als zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Der weltweite Bedarf an eiweißreicher Nahrung wird also größer werden. Die herkömmliche Tierproduktion wird dabei zunehmend an ihre Grenzen stoßen, erklärt Marc Schetelig, Insektenbiotechnologe an der Universität Gießen: "Auch der Klimawandel kommt hier mit dazu. Wenn wir uns vorstellen, wie viel Methan ausgestoßen wird von solchen Produktionen, dann müssen wir auch über neue Formen der Proteinproduktion nachdenken. Da sind Insekten eine tolle Sache. Das ist nicht: Wir ersetzen das Fleisch mit Insekten, da muss jetzt keiner Angst haben. Wem das nicht schmeckt, der kann sicherlich auf andere Dinge auch ausweichen."

Mehlwürmer als Lebensmittel in der EU zugelassen

Magda Riede ist Vegetariern. Sie beschäftigt sich schon seit Jahren mit alternativen Proteinquellen. Mit fünf Mitschülern und Freunden züchtet die 18-Jährige in Halle im Keller ihrer Oma Mehlwürmer. "Unser Ziel ist es, Insekten irgendwann als gängiges Nahrungsmittel in Deutschland zu etablieren", sagt die Schülerin. Die Mehlwürmer, die sie züchten, sollen – nachdem sie getrocknet und zermahlen wurden – zu einem Protein-Pulver verarbeitet werden. "Mit diesem als Rohstoff kann man dann ganz viele andere Produkte entwickeln, wie Burgerpatties als Fleischalternativen", erklärt sie.

Mehlwürmer sind in den EU-Ländern übrigens seit einem Jahr als neuartiges Lebensmittel zugelassen. Dass sie als Lebensmittel auf den Tisch kommen, denen man die Würmer nicht ansieht, steigere die Akzeptanz, sagt Dr. Martin Rühl vom Fraunhofer-Institut in Gießen: "Wenn ich die Käfer und Larven als solche nicht mehr sehe, sondern diese in einer Wurst, in einem Brot oder in Chips verarbeitet sind."

Noch sind wir aber weit davon entfernt, neben der Fleischtheke im Supermarkt auch eine Theke mit Insekten oder aus Insekten hergestellten Wurstscheiben und Burgerpatties zu sehen. "Das wird mit Sicherheit noch ein bisschen dauern. Auch weil erst einmal genügend Insekten zur Verfügung gestellt werden müssen. Das heißt, es müssen Insektenfarmen errichtet werden, um auch genügend Larven zu produzieren", betont Insektenforscher Dr. Martin Rühl.

Futtermitteleinsatz bei Insekten geringer als in der Tierproduktion

Insekten als Proteinquelle sind für die Lebensmittelindustrie von großem Interesse. Der Futtermittelverbrauch ist wesentlich geringer als bei der herkömmlichen Tierproduktion. "Was Sie beim Rind vorn reinstecken, kommt am Schluss zu 30 bis 40 Prozent als Protein wieder raus. Beim Insekt sind das bis zu 80 oder 85 Prozent", erklärt Insektenbiotechnologe Marc Schetelig. "Wenn wir mehr Ertrag haben wollen, müssen wir weniger Futtermittel einsetzen, um an dieselbe Menge an Proteinen zu kommen."

MDR Wirtschaftsredaktion

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Umschau | 23. August 2022 | 20:15 Uhr