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Bundesweite Razzien haben es auf Banden abgesehen, die in Führerscheinprüfungen mit technischen Mitteln betrügen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

Razzien in mehreren BundesländernBetrug bei Führerscheinprüfungen nimmt drastisch zu

30. Oktober 2024, 10:24 Uhr

Immer häufiger wird bei theoretischen Führerscheinprüfungen betrogen. Das belegen Zahlen des TÜV-Verbandes. Und offenbar stecken in vielen Fällen organisierte Banden dahinter. In sieben Bundesländern hat die Polizei am Montag Razzien durchgeführt – auch in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Um was geht es da und welche Erfahrungen haben heimische Fahrlehrer damit gemacht?

Angesprochen auf die Betrugsversuche ist Reiner Nuthmann nicht überrascht. Der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Sachsen-Anhalt kennt die Tricks. Da gebe es die schon seit Jahren bekannten "Stellvertreter-Prüfungen, wo eine ähnlich aussehende Personen anstatt des Bewerbers dann halt zur theoretischen Prüfung geht".

Darüber hinaus wird laut Nuthmann aber auch mit einer gewissen Raffinesse und krimineller Energie betrogen: "Das ist so ein Wettlauf, den man wahrscheinlich kaum gewinnen kann." Durch die fortschreitende Technik gebe es immer mehr Möglichkeiten mit Kamera und Funktechnik.

Betrüger nutzen etwa Videotechnik

Was der Magdeburger Fahrlehrer hier anspricht, waren und sind Ermittlungsschwerpunkte der Polizei und der Staatsanwaltschaft in Hannover. Seit Mitte 2022 sind sie einer mutmaßlichen Bande von Urkundenfälschern auf der Spur, die in mehren Bundesländern aktiv gewesen sein soll. Wie betrogen wird, weiß Richard Goebelt vom TÜV-Verband in Berlin:

"Das hört sich alles wirklich nach James Bond an. Hier kommen insbesondere Betrügereien mit Audio- und Videotechnik zum Einsatz. Prüfungsfragen werden aus der Ferne gelesen und entsprechend beantwortet." Ein weiterer typischer Täuschungsversuch der auch strafbewehrt sei, sei insbesondere der Identitätsbetrug. Dabei würde Ausweispapiere gefälscht.

Das hört sich alles nach James Bond an. [...] Prüfungsfragen werden aus der Ferne gelesen und entsprechend beantwortet.

Richard Goebelt, TÜV-Verband Berlin

Anstieg bei Betrugsversuchen von 300 Prozent

Schon für das Jahr 2022 hatte Goebelts Verband eine Rekordzahl an Betrugsversuchen gemeldet. Im vergangenen Jahr sei das nochmal getoppt worden. Über 3.700 Fälle hat der TÜV gezählt. "Die Anzahl ist in den letzten fünf Jahren um mehr als 300 Prozent gestiegen und wir sprechen ja auch nur von den aufgedeckten Fällen", betont Goebelt: "Man muss davon ausgehen, dass die Dunkelziffer der Täuschungsversuche natürlich noch deutlich höher ist, die tagtäglich bei theoretischen Fahrerlaubnisprüfungen in Deutschland stattfinden."

Gemessen an den rund zwei Millionen Prüfungen sei die Zahl der Betrugsfälle zwar überschaubar, sagt Goebelt. Die Dynamik der vergangenen Jahre sei aber besorgniserregend. Goebelt kann nur mutmaßen, warum die Zahlen so rasant steigen. Nur so viel: Das Strafenszenario schrecke Prüflinge jedenfalls nicht ab. Häufig seien die Fälle strafrechtlich nicht relevant und falls doch, würden Ermittlungen meist nach kurzer Zeit wieder eingestellt.

Fahrlehrer: Viele wollen mangelnde Sprachkenntnisse ausgleichen

Eine mögliche Erklärung für die Betrugsversuche liefert Fahrlehrer Reiner Nuthmann aus Magdeburg: "Die Gründe dafür liegen meistens darin, dass das Sprachverständnis halt nicht da ist." Es werde versucht, ein mangelndes Sprachverständnis auszugleichen, um zum Führerschein zu gelangen. Es sei zwar möglich, die Prüfung in anderen Sprachen zu absolvieren – aber nicht in jeder. Für Menschen aus dem Ausland ohne ausreichende Deutschkenntnisse sei es dann eben schwierig, die Theorieprüfung mit ihrer zum Teil anspruchsvollen Wortwahl zu überstehen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. Oktober 2024 | 06:18 Uhr