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WetterKachelmann kritisiert vorschnelle extreme Hitze-Vorhersagen

13. Juli 2022, 15:02 Uhr

Wenn in der kommenden Woche die Sommerferien beginnen, prognostizieren Wettermodelle in Deutschland Temperaturen um die 40 Grad Celsius – und das gleich mehrere Tage am Stück. Von einer drohenden Extrem-Hitze ist schon die Rede. Darüber sprechen wir mit einem der bekanntesten Wetterexperten im deutschsprachigen Raum, mit Jörg Kachelmann.

Herr Kachelmann, was kommt da wirklich auf uns zu?

Jörg Kachelmann: "Im Moment sieht es nicht nach den ganz großen Drama aus. Also zunächst wird es vor allem mal kühler werden jetzt in der zweiten Wochenhälfte. Da geht es dann wieder runter, vor allem auch so das Wochenende. Das werden gemütliche 22 bis 27 Grad werden im Sendegebiet, das ist nichts Wildes. Nächste Woche wird es dann nach dem jetzigen Stand zwei, drei heiße Tage geben, nämlich der Dienstag und der Mittwoch, wenn es 30 bis 35, nach jetzigem Wissen vielleicht 36 Grad geben wird. Es war ja da von 45 Grad zu lesen. Das ist halt das übliche "dumm klickt gut", und das ist in der Zeit der Online-Medien eine Richtschnur. Ich werde auch nicht mehr lange zu warten haben, bis es dann irgendwann mal 50 Grad heißen wird. Wie gesagt, das klickt halt gut. Und deswegen kommt mit den seriösen Meldungen auch ganz viel Schwachsinn mit dazu."

Dennoch nehmen die Hitzeperioden zu. Inwieweit lässt sich das mit Hitzephasen in der Vergangenheit vergleichen?

Jörg Kachelmann: "Nein, das ist jetzt nichts Wildes, was wir bisher erleben. Ich meine, wir sind einfach konstant auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau. Das ist schon eine Weile so, und das ist der Klimakrise geschuldet. Das wird auch so weitergehen, irgendwann werden auch diese 45 Grad vorkommen. Aber wir müssen auch im Auge behalten, das jetzt ein oder zwei Tage über 30 Grad nicht etwas ist, was es noch nie gegeben hat. Also es ist nicht jede Hitze jetzt immer gleich Klimawandel. Es kann auch mal ganz normal Hitze geben. Aber das bedeutet nicht, dass jeder einzelne Tag mit 30 Grad etwas ist, worüber wir jetzt ein großes Gewese machen sollten."

Was wir auch gelernt haben: Es gibt nicht das eine Wettermodell. Es gibt da verschiedene Ansätze, auf die sich die Experten beziehen. Wie entsteht das richtige Maß für die Wettervorhersage?

Jörg Kachelmann: "Es ist so, dass man halt auf viele Tage hinaus doch ganz große Unsicherheiten hat. Und das eine Modell hat zum Beispiel für diesen berühmten Tag diese 45 Grad in Köln, von denen man gehört hat. Andere Modelle haben für denselben Tag nur 24 Grad vorhergesagt. Das bedeutet, man kann eigentlich acht, neun Tage voraus, bei einer solchen Wetterlage gar nichts sagen. Aber das bringt ja keine Klicks. Und deswegen muss man manchmal ein bisschen länger warten, bis sich das einigermaßen eingrenzt.

Diese Wettermodelle haben einfach unterschiedliche Berechnungsarten, unterschiedliche Rezepte. Die werden in unterschiedlichen Ländern gerechnet, und es ist wie bei einem Rezept für Quarkkeulchen. Am Ende heißt es Quarkkeulchen. Aber wenn man in 20 Restaurants geht und zu 20 Omas geht und vielleicht auch Opas, die das machen, dann ist es immer ein bisschen anders, weil die immer sagen: 'Ja, bei der Ausgangssituation mache ich ein bisschen was anders'. Und so ist das bei den Wettermodellen auch. Und erst wenn alle ganz nah beieinander sind – da wird das Beispiel mit den Quarkkeulchen dann ein bisschen schlechter, weil ich nicht genau weiß, wie ich das übersetzen soll – aber wenn sie sich sozusagen einig sind, dann sind wir auch relativ sicher, dass es dann wirklich so kommt."

Das Gespräch mit Jörg Kachelmann hat Sven Kochale geführt.

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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 13. Juli 2022 | 07:18 Uhr