Positionspapier Leopoldina sieht dringenden Handlungsbedarf beim Klimaschutz

06. März 2023, 16:29 Uhr

"Der kritische Zeitpunkt, an dem Deutschland und Europa die Voraussetzungen für eine Erreichung der Pariser Klimaziele schaffen können, ist bald verstrichen." So steht es in einem am Montag veröffentlichten Diskussionspapier der Leopoldina. Führende deutsche Wissenschaftler fordern darin mehr Tempo beim Klimaschutz. Sie befürworten europaweite klimapolitische Kooperationen, schätzen aber auch, dass wegen des steigenden Stombedarfs nicht so schnell auf Gaskraftwerke verzichtet werden kann.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina fordert ein stärkeres Engagement und Maßnahmen zum Ausbau Erneuerbarer Energien von der Politik.

Die Fokusgruppe "Klima und Energie" hat am Montag Leitideen veröffentlicht, die Grundlage für den Forschungsgipfel sein sollen, der am 28. März in Berlin statt findet. Veranstalter des Gipfels sind der Stifterverband, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) sowie die VolkswagenStiftung.

"Kritischer Punkt ist bald verstrichen"

Die Autorinnen und Autoren fordern in dem Papier, dass es eine Erneuerung des Energiesystems in Deutschland braucht, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Gleich zu Beginn machen sie klar, dass der Handlungsbedarf groß ist: "Der kritische Zeitpunkt, an dem Deutschland und Europa die Voraussetzungen für eine Erreichung der Pariser Klimaziele schaffen können, ist bald verstrichen".

Die Folgen des Klimawandels würden immer spürbarer, daher müsse es globale Anstrengungen geben. "Es gilt, jetzt die Anstrengungen deutlich zu verstärken und zu erweitern sowie durch konsequente Entscheidungen auf nationaler und europäischer Ebene die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation zu schaffen", heißt es in dem Papier. Die Strategien sollten möglichst "technologieoffen" sein, empfehlen sie.

Hohes Potenzial: Photovoltaik, Windenergie und Wasserkraft

In dem Papier formuliert die Expertengruppe als Leitideen. Um die Klimaneutralität zu erreichen und klimaschädliche Emissionen zu vermeiden, müsse auf Stromerzeugung durch Kohle verzichtet werden. Klimapolitisch sollten nach Meinung der Autoren die Kooperationen innerhalb der EU und mit Drittstaaten vertieft werden. "Die Priorität der Klimapolitik sollte der beschleunigte Ausbau des europäischen Emissionshandels zu einem einheitlichen, transparenten, langfristig tragfähigen und alle Emissionen umfassenden Steuerungsrahmen sein".

Grundlage für ein neues Energiesystem sind die erneuerbaren Energie, wobei die Leopoldina ein hohes technisches Potenzial in Photovoltaik, Windenergie und Wasserkraft sieht. Dazu benötige es aber auch eine Verbesserung der Batteriespeicher. Da sich der Stromverbrauch nach Angaben der Experten in Zukunft weiter erhöhen wird, müsse der Netzausbau vorangetrieben werden.

Erhöhter Stromverbrauch sorgt für höheren Erdgasbedarf

Auch wenn schon in Wasserstoff investiert werde, sei zu "erwarten, dass der Verzicht auf Kohle in der Industrie wie in der Stromversorgung auf absehbare Zeit sogar eine Steigerung des Erdgasbedarfes zur Folge haben wird". Daher, und wegen des Verzichts auf Atomstrom, sehen die Leopoldina-Experten einen wachsenden Bedarf an Gaskraftwerken. Diese sollen "perspektivisch aber auf erneuerbar erzeugte stoffliche Energieträger, also Wasserstoff und Derivate, umgestellt" werden.

Die Fokusgruppe stellt klar, dass es bislang "teils erhebliche Forschungslücken bei der Identifikation konkreter politischer Maßnahmen gibt, die zur Klimaneutralität beitragen können". Daher fordert sie, dass in Zukunft die Erkenntnisse der Wirtschafts-, Sozial-, Verhaltens- und Politikwissenschaften noch enger mit technik- und geowissenschaftlich orientierten Disziplinen zusammenarbeiten müssen. Die Kernfusion als Energiegewinnung dürfte laut der Leopoldina voraussichtlich keine Rolle bei der Klimaneutralität bis 2045 spielen.

Forschungsgipfel zu Zukunftsperspektiven

Der Forschungsgipfel, der Ende März in Berlin angesetzt ist, zeigt einmal im Jahr Zukunftsperspektiven für das deutsche Forschungs- und Innovationssystem auf und gibt Orientierung für strategische Entscheidungen.

In der Fokusgruppe, die den Leitfaden ausgearbeitet hat, sitzen unter anderem Ottmar Edenhofer, ein Ökonom mit dem Schwerpunkt Klimapolitik, Jochem Marotzke, ein Klimatologe und Meereskundler und Christoph M. Schmidt, ein Volkswirt, der sich mit Energie-, Gesundheits- und Arbeitsmarktökonomik beschäftigt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 06. März 2023 | 10:00 Uhr

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