Hörer machen Programm Wie funktioniert das Notvertretungsrecht für Ehegatten?
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16. Februar 2023, 14:08 Uhr
Wenn Menschen durch Unfälle oder Krankheiten plötzlich entscheidungsunfähig werden, können Ehegatten seit Anfang des Jahres wichtige Entscheidungen für die jeweils andere Person übernehmen. Ein MDR AKTUELL-Hörer fragt sich, wie das neue Notvertretungsrecht für Ehegatten genau funktioniert.
- Durch das Notvertretungsrecht für Ehegatten können diese Entscheidungen über die Gesundheitssorge treffen, wenn die andere Person entscheidungsunfähig ist und keine andere Regelung getroffen wurde.
- Ausgenommen sind Entscheidungen, die langfristige Auswirkungen haben oder das Vermögensrecht betreffen.
- Die Stiftung Patientenschutz empfiehlt, eine Vorsorgevollmacht zu erteilen und eine Patientenverfügung zu erstellen.
Gehen wir von folgendem Beispiel aus: Max Müller erleidet einen Schlaganfall und ist plötzlich entscheidungsunfähig. Da er keinerlei Vorkehrungen für diesen Fall getroffen hat, gibt es niemanden, der über seine Behandlung entscheiden kann – auch nicht seine Frau. Zumindest war das bis Ende vergangenen Jahres so. Wer für Max Müller in Zukunft Entscheidungen treffen darf, das hätte erst ein Gericht feststellen müssen.
Um die Gerichte zu entlasten und solche Situationen schneller zu regeln, gibt es jetzt das sogenannte Notvertretungsrecht für Ehegatten. Max Müllers Frau dürfe damit jetzt die Entscheidungen treffen – allerdings nur in Fragen der Gesundheitssorge, sagt Daniela Flaig, Anwältin für Betreuungs- und Vorsorgerecht. Nach ihren Worten geht es dabei um Heilbehandlungen und ärztliche Eingriffe. Und man dürfe sich auch Einsicht in Krankenunterlagen holen. "Nicht erfasst sind dagegen vermögensrechtliche Angelegenheiten, auch wenn sie im Zusammenhang mit der Gesundheitssorge stehen könnten", erklärt Daniela Flaig.
Ein typisches Beispiel dafür wäre ein langfristiger Vertrag mit einem Pflegeheim. Den kann Max Müllers Frau nicht abschließen. Denn es handelt sich eben nur um eine Regelung, die den Notfall regelt.
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung erstellen
Nach sechs Monaten endet das Notvertretungsrecht automatisch. Und spätestens dann müsste ein Gericht über die Betreuung von Max Müller entscheiden, erklärt die Anwältin: "Daher kann ich eigentlich nur empfehlen, dass man sich von seinen Lieben eine Vorsorgevollmacht erteilen lässt, weil eben das Notvertretungsrecht wirklich nur in bestimmten Grenzen funktioniert. Wenn man hundertprozentig abgesichert sein will und nicht darauf angewiesen sein will, in den engen Grenzen des Notvertretungsrechts handeln zu müssen, dann sollte man sich eine Vorsorgevollmacht machen lassen."
Festzuschreiben, wer im Ernstfall Entscheidungen treffen darf, sei das eine, sagt Eugen Brysch, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Wer zusätzlich noch eine Patientenverfügung erstelle, sei auf der sicheren Seite. Deswegen empfiehlt er, beides zu formulieren: "Eine Bevollmächtigung – das kann im Übrigen, das ist meine praktische Erfahrung, oft nicht der Lebenspartner sein, weil man genau weiß, in der Situation ist er sehr stark emotional belastet – und darüber hinaus eine Patientenverfügung, wo ich genau detailliert schreibe, für welchen besonderen Krankheitszustand ich letztendlich welche Therapie wünsche und welche ich ablehne."
Wenn diese beiden Dokumente vorliegen, tritt das Ehegatten-Notvertretungsrecht gar nicht erst in Kraft. Auch wenn das Ehepaar getrennt lebt, gilt die Regelung nicht.
Wer grundsätzlich nicht möchte, dass Ehemann oder Ehefrau in Notsituationen Entscheidungen treffen, kann im zentralen Vorsorgeregister, das alle Ärztinnen und Ärzte einsehen können, einen Widerspruch dagegen eintragen lassen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. Februar 2023 | 06:00 Uhr