Elektromobilität Lieferverzug gefährdet staatliche Förderung von E-Autos

10. Juni 2022, 05:00 Uhr

Weil den Herstellern derzeit häufig Teile fehlen, dauert es Monate, manchmal sogar länger als ein Jahr, bis ein bestellter Pkw kommt. Aufgrund der langen Lieferzeit büßen viele Autoköufer dann die Elektroförderung des Staates ein. Besonders vom ADAC kommt deshalb Kritik.

Irgendwann fällt er dann doch: der Vergleich mit dem Trabi. Auf das DDR-Auto habe man ja auch lange warten müssen, sagt Torsten Herrmann.

Der 58-Jährige hat sich im August vergangenen Jahres einen Neuwagen bestellt. Einen Skoda Enyaq, vollelektrisch. Doch bis heute hat Herrmann sein Auto nicht bekommen. "Also das Autohaus, das mich auch sehr gut betreut, hat mir schon signalisiert, dass ich in diesem Jahr mit dem Fahrzeug nicht mehr rechnen kann. Sondern dass das frühestens 2023 zur Auslieferung kommt. Da besteht die Gefahr, dass ich nicht die volle Prämie bekomme, die bei Vertragsabschluss mit eingerechnet wurde."

Elektroförderung erst nach Zulassung

Tatsächlich müssen derzeit zahlreiche Autokäufer um den sogenannten Umweltbonus bangen. Bis zu 6.000 Euro Zuschuss hatte der Staat für ein Elektroauto versprochen und bis zu 4.500 Euro für einen Hybrid.

Das Förderprogramm läuft in dieser Höhe noch bis Jahresende. Doch auch wer sein Auto schon lange bestellt hat, könnte leer ausgehen, wenn die Hersteller nicht rechtzeitig liefern, sagt Thomas Peckruhn, Vizepräsident im Verband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe: "Die Elektroförderung, die sich aus Umweltprämie, Herstellerbeteiligung und Innovationsprämie zusammensetzt, kann erst bei Zulassung des Fahrzeuges beantragt werden und wird dann ausgezahlt."

ADAC fordert Bestellzeitpunkt als Stichtag für Prämie

Peckruhn selbst betreibt in Mitteldeutschland die Autohaus-Kette Liebe. Er sagt, er habe mehrere Kunden, bei denen die Förderung wegen der Lieferschwierigkeiten in Gefahr sei. Wie groß die Zahl der Betroffenen bundesweit ist, vermag er nicht einschätzen. Doch sie ist groß genug, dass sich auch der ADAC damit beschäftigt hat.

Der Autofahrerverband fordert, die Lieferprobleme dürften nicht zum finanziellen Nachteil für die Kunden werden. Wer dieses Jahr bestelle, solle auch die Förderung erhalten. Kfz-Verbandsvize Peckruhn sieht das ähnlich: "Das ließe sich seitens der Politik durch eine ganz einfache Maßnahme reparieren. Nämlich, indem man nicht mehr auf die Zulassung abstellt sondern auf die Bestellung." Das hieße, ein Kunde der 2022 ein Auto mit einer langen Lieferzeit bestellt hätte, hätte sich damit auch sein Recht auf Förderung erworben, weil der Zeitpunkt der Bestellung maßgeblich wäre.

Bundesregierung: zu hoher bürokratischer Aufwand

Doch genau darauf will sich die Bundesregierung nicht einlassen. Das Wirtschaftsministerium teilt schriftlich mit: "Eine Umstellung des Verfahrens weg vom Datum der Zulassung und hin zum Datum des Kaufvertrages wäre mit erheblichem bürokratischem Mehraufwand verbunden. Auch wäre die Missbrauchsgefahr deutlich höher, da Kaufverträge anfälliger für Manipulationen sind."

Im kommenden Jahr werde es ein neues Förderprogramm geben, schreibt das Ministerium. Die Prämie dürfte dann aber niedriger ausfallen. Und es deutet sich an, dass Hybridfahrzeuge gar keine Förderung mehr erhalten. Wer sein Auto also wirklich erst nächstes Jahr geliefert bekommt, muss womöglich auf ein paar tausend Euro vom Staat verzichten.

Skoda-Kunde Torsten Herrmann ärgert das. Schließlich habe er beim Bestellen im vergangenen Sommer fest mit der Prämie gerechnet: "Ich habe einen bestimmten Betrag zur Verfügung, den ich für das Fahrzeug einsetzen möchte. Und da komme ich dann nicht mehr mit hin."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 10. Juni 2022 | 06:14 Uhr

11 Kommentare

Bernd1951 am 10.06.2022

Ergänzung :
Es war am 15.04.2010:
"Wer in der Automobilindustrie jetzt nicht energisch auf Elektromobilität setzt, der wird bald nicht mehr wettbewerbsfähig sein", so Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen heute in seiner Rede auf dem "auto motor sport-Kongress" in Stuttgart. "Die Bundesregierung muss daher gemeinsam mit der Industrie ihre Anstrengungen verstärken, um bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos aus deutscher Produktion auf die Straße zu bringen. Deshalb sollte die Bundesregierung prüfen, ob eine Markteinführung zum Beispiel durch eine nationale Beschaffungsinitiative unterstützt werden kann."
Quelle: Webseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Pressemitteilungen, 15.04.2010

Bernd1951 am 10.06.2022

ich finde es gelinde gesagt schon etwas seltsam für ein Produkt, das nicht zeitnah geliefert werden kann, noch eine Kaufprämie auszuloben. "Normalerweise" kurbelt man mit einer Kaufprämie den Absatz neuer Produkte an. Ich denke immer an die Voraussage auf einer Automobilmesse im Jahr 2012 (?), dass es 2020 eine Million Elektroautos aus deutscher Produktion auf unseren Straßen geben soll. Wenn wir uns bei der Abmilderung der Auswirkungen des Klimawandels auch so viel Mühe geben, dann Gute Nacht Deutschland.

Leachim-21 am 10.06.2022

diese Subvention der E-Autos belegt doch einmal mehr wie tief unsere Land gespalten ist. gut gestellte Käufer Zuschüsse erhalten die Sie eigentlicht überhaupt nicht brauchen.
das lässt tief blicken würde ich behaupten

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