Eine Krankenschwester der Uniklinik Leipzig verschickt eine Rohrpost-Büchse.
Mit Rohrpost-Systemen lassen sich Nachrichten oder Dinge schnell befördern Bildrechte: picture alliance / dpa | Jan Woitas

Transport & Kommunikation Schnell und bewährt: Wo die gute alte Rohrpost unerlässlich ist

04. Juni 2023, 05:00 Uhr

Man nehme eine Nachricht, stecke sie in einen zylindrischen Behälter und dann geht‘s mit Hochdruck über ein Rohrsystem zum Empfänger. Das Prinzip der Rohrpost gibt es seit über 150 Jahren. Zwar hat ihr die E-Mail in Sachen Tempo den Rang abgelaufen. Doch in einigen Branchen ist sie noch im Einsatz – und wird es bleiben.

Ob beim Transport von Blutproben in Krankenhäusern oder von Bargeld in Supermärkten und Banken: Die gute alte Rohrpost ist auch heute noch ein sicheres und schnelles Transportmittel. In Sekundenschnelle rauschen dabei von Druckluft angetriebene Behälter durch oft kilometerlange Rohre. Die durchsichtigen Transportbüchsen mit einem Durchmesser von fünf bis zwanzig Zentimetern erreichen dabei Geschwindigkeiten von bis zu sechs Meter pro Sekunde, das sind 21,6 km/h. Selbst das Bundeskanzleramt hat ein Rohrpost-System

Krankenhäuser setzen auf Rohrpost-Tempo

Häufigster Einsatzort der Haus-Rohrpost sind heute die großen Krankenhäuser. Oft sind mehrere Gebäude durch das System unterirdisch miteinander verbunden. Muss schnell reagiert werden, ist die Rohrpost Gold wert.

Zentralverteilers der Rohrpostanlage im Uniklinikum Leipzig (Sachsen)
Blick in den Zentralverteiler der Rohrpostanlage im Uniklinikum Leipzig. Bildrechte: picture alliance / dpa | Jan Woitas

Im Uniklinikum Rostock zum Beispiel sind bis zu 1.200 Sendungen täglich, teilweise 40 gleichzeitig unterwegs. Wichtig daher: Die Überwachung per Monitor. Häufigstes Frachtgut sind Blutkonserven und Gewebeproben, wie Ralf Breetzmann erklärt. Er ist der Teamleiter Automation und Fördertechnik des Rostocker Uniklinikums: "Der Bote hat bis zu 20 Minuten gebraucht, bis er im Labor war. Rohrpost ist in drei bis acht Minuten garantiert im Labor, also erheblich effektiver."

Insgesamt sind 30 Stationen an die Anlage angeschlossen, darunter auch das Lager und die Apotheke. Um ihr Ziel zu erreichen, werden die Büchsen mittels Verteilern und Weichen in die passenden Linien umgeleitet. Umschlagplatz Nummer eins neben dem Zentrallabor ist die Transfusionsmedizin. Und das hat einen Grund, wie deren Leiter, Thomas Thiele, erklärt: "Unsere Blutbank ist verbunden mit den OP-Sälen, mit der Notaufnahme und auch mit den Intensivstationen." Also: Dort, wo dringend Blut gebraucht werde, könne es mit der Rohrpost schnell hin transportiert werden.

Bargeld kann man nicht per E-Mail verschicken

Ortswechsel, wir bleiben aber in Rostock: Auch im 790 Meter langen Warnow-Tunnel in Rostock ist eine Rohrpostanlage installiert. Diese hier dient einem anderen Zweck, nämlich dem Transport von Bargeld. Für den Transport von Bargeld kommt die E-Mail nun einmal nicht infrage.

Fahrzeuge passieren die Mautstation am Warnowtunnel in Rostock
Die Kassenhäuschen der Mautstation am Warnowtunnel in Rostock. Bildrechte: picture alliance / Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa | Bernd Wüstneck

Den Warnow-Tunnel als schnelle Verbindung von der A19 zur Ostseeküste von Warnemünde nutzen bis zu 16.000 Autofahrer täglich. Da der Tunnel privatwirtschaftlich errichtet wurde, ist eine Mautgebühr fällig. Bei Mautgebühren zwischen 4,70 Euro für einen Pkw und 19,40 Euro für einen Lkw mit Anhänger kommt da einiges an Bargeld zusammen – bis zu 75.000 Euro täglich. Jeder Kassierer in den insgesamt sechs Kassenhäuschen an der Tunneleinfahrt am Ostufer der Warnow schickt deshalb das Geld per Rohrpost an den Schichtleiter.

Für den technischen Geschäftsführer der Warnow-Querung GmbH, Torsten Raths, ist das eine Frage der Sicherheit: "Die Kassierer müssen zwischenzeitlich ihre Bargeldbestände in sichere Bereiche transportieren." Dafür habe man die Rohrpost installiert. Der Kassierer oder die Kassiererin müssten sich so nicht der Gefahr aussetzen, mit dem Bargeld durch die ganze Mautstation spazieren zu müssen.

Wenn der Schichtleiter gut drauf ist, dann schickt er dem Kassierer auch mal eine heiße Tasse Kaffee runter.

Torsten Raths Technischer Geschäftsführer der Warnow-Querung GmbH

Bei hohem Verkehrsaufkommen am Tunnel kann es schon einmal sein, dass drei- bis viermal am Tag Geld mittels Druck und Sog per Rohrpost unter die Erde geschickt wird. Unterwegs ist sie etwa zehn Sekunden. Hier darf immer nur eine Büchse durch die Anlage sausen. Das System verbindet übrigens auch das Angenehme mit dem Nützlichen, etwa während der Nachtschicht: "Wenn der Schichtleiter gut drauf ist, dann schickt er dem Kassierer auch mal eine heiße Tasse Kaffee runter", erzählt Raths.

Die 150 Jahre alte Rohrpost hat sich bis heute bewährt. Das Thema Sicherheit ist einer der Gründe, weshalb sogar das Bundeskanzleramt eine Rohrpostanlage besitzt. Zwar hat die elektronische Akte und E-Mail mittlerweile viele Sendungen ersetzt. Vorzimmer- und Leitungsbüros sowie das Lagezentrum nutzen die analoge und abhörsichere Rohrpost aber noch gern.

30 Stationen sind im Kanzleramt miteinander verbunden. Zwei Linien erstrecken sich auf insgesamt 1.300 Metern. Auch im Kabinettsvorsaal findet sich eine Rohrpoststation. Ob darin immer nur Akten oder auch mal eine Brotdose verschickt wird, ist allerdings nicht bekannt. Der Bundeskanzler selbst nutzt das System wohl kaum. Dennoch wurden hier letztes Jahr immerhin bis zu 14.000 Sendungen verschickt.

Personen-Rohrpost in Schallgeschwindigkeit

Die Rohrpost könnte zukünftig auch den Personentransport revolutionieren.

So machten 2020 in den USA zwei Mitarbeiter eines Forscherteams ihre erste Probefahrt in einem Hyperloop – einer Art Hochgeschwindigkeitsfahrt durch ein geschlossenes riesiges Rohr-System. Auf 500 Metern beschleunigte die Kapsel in sechs Sekunden auf 176 Kilometer pro Stunde.

Mittlerweile beschäftigen sich Start-ups weltweit mit Ideen zum Personentransport per Röhre. Ein deutsches Forscherteam beschleunigte eine Kapsel (ohne Passagiere) jüngst sogar auf fast 500 km/h. Irgendwann soll ein verbundenes Hyperloop-Netz entstehen. Die Vision: Durch das Netz werden Menschen nahezu in Schallgeschwindigkeit von A nach B katapultiert.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 16. Mai 2023 | 20:15 Uhr

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