Hörer machen Programm Warum setzt China auf Ballons als Spionagetechnik?

17. Februar 2023, 05:00 Uhr

Es war schon kurios, als die USA Anfang des Monats plötzlich einen großen Ballon vor der Küste South Carolinas abgeschossen haben. Der Verdacht: Es handele sich um einen chinesischen Spionageballon. Die chinesische Botschaft stellt den Vorfall dagegen als verunglücktes Wetter-Forschungsprojekt dar. Das bringt unseren Hörer zu der Frage, warum man heute noch Spionage-Ballons nutzt.

Ein MDR-AKTUELL-Nutzer, der lieber anonym bleiben möchte, beschäftigt sich mit dem abgeschossenen Ballon vor der Küste der USA. Seit Tagen wird gerätselt, ob es sich um einen Wetter-Ballon handelt, so wie es China darstellt, oder um Spionage. Der Nutzer fragt: "Was macht die USA so sicher, dass es nicht Wetter-Ballons sind und warum benötigt man in Zeitalter von Satelliten noch Spionage-Ballons?"

Was gegen die Wetter-Ballon-These spricht

Dass es sich bei dem abgeschossenen Ballon vom 4. Februar wohl um einen Spionage-Ballon handelt, hält Erich Schmidt-Eenboom, Vorsitzender des Forschungsinstituts für Friedenspolitik für sehr wahrscheinlich. "Offensichtlich haben die ersten wehrtechnischen Untersuchungen der CIA und FBI ja ergeben, dass dieser Ballon nicht nur Foto- und Radar-Aufklärung gemacht hat, sondern auch funkelektronische Spionage, das heißt: Radioverkehre der amerikanischen Streitkräfte abgehört hat."

Zumal Wetter-Ballons laut Deutschem Wetterdienst normalerweise zwischen 100 und 200 Kilometer zurücklegen und rund drei Stunden in der Luft sind. Auch müssen sie klar gekennzeichnet und bei der Flugsicherung angemeldet sein. Auf einer öffentlich zugänglichen Internetseite lassen sie sich zudem orten.

Und noch etwas spricht gegen die Wetter-Ballon-These, sagt Florian Schimikowski, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Spionagemuseum: "Die Experten in den USA versuchen zum Beispiel die Routen der Ballons zu analysieren. Das war eines der Hauptkriterien, weswegen der erste Spionage-Ballon als Spionage-Ballon eingeordnet wurde, weil er über bestimmten Gegenden verweilt ist, die interessant sind. Also wichtige Militärbasen beispielsweise."

Der Nutzen von Spionage-Ballons

Übrigens bestätigen die beiden Experten den Eindruck, dass Spionage-Ballons eher vom alten Schlag sind. So setzten die USA sie zu Tausenden im Kalten Krieg ein. Die Chinesen hätten diese Technik nun wohl wiederbelebt, vermutet Schmidt-Eenboom: "Weil sie eine gewisse Schwäche in der Satelliten-Aufklärung haben. So ein Spionage-Ballon ist eine sehr kostengünstige Alternative zu einem Satelliten, der ja auch eine gewisse Umlaufbahn hat und nur zeitweise über einem Zielgebiet ist, während man die Ballons über einem kritischen Zielgebiet durchaus stehen lassen kann."

Zumal man damit auch den Funkverkehr oder bestimmte behördliche Frequenzen überwachen kann, fügt Florian Schimikowski vom Spionage-Museum hinzu. Und trotz ihrer optisch sehr auffälligen Größe, seien diese Spionage-Ballons ausgesprochen schwer zu entdecken, sagt Schmidt-Eenboom: "Mit einer Stehhöhe von 30 Kilometern sind sie oberhalb der Radar-Erfassung. Und so ein Ballon ist wegen der geringen technischen Anteile und weil er sicherlich einen entsprechenden Anstrich hat, von Radaren kaum zu erfassen."

Doch der über South Carolina abgeschossene Ballon war relativ niedrig unterwegs – in einer Höhe von rund 18 Kilometern. Absicht oder nicht? Das ist bisher ungeklärt. Im Gegenzug beschuldigte Peking die USA vor Kurzem, dass seit vergangenem Jahr mehr als zehn US-Ballons in den chinesischen Luftraum eingedrungen seien. Die USA widersprechen vehement. Auch der Vorsitzende des Forschungsinstituts für Friedenspolitik Schmidt-Eenboom findet das unwahrscheinlich. Zumal die USA ihr Ballonprogramm vor einiger Zeit eingestellt haben. Florian Schimikowski merkt jedoch an: "Das ist grundsätzlich das Problem mit Geheimdiensten. Wenn sie richtig arbeiten, dann bleibt es am Ende auch geheim. Das heißt: Ganz ausschließen kann man das nie und manchmal ist ja gerade die Methode, die nicht erwartet wird, wo alle Experten sagen: 'Nie im Leben benutzen sie das' vielleicht die beste Methode zum Spionieren."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 17. Februar 2023 | 06:00 Uhr

9 Kommentare

Shantuma am 17.02.2023

Die 1. Regel von erfolgreichen Geheimdiensten ist stets, nie zu sagen was man weiß.

Die 2. Regel lautet, alles zu leugnen bis es nicht mehr zu leugnen geht.

Tom0815 am 17.02.2023

Ach, Mensch @harzer
Sie sind doch hier als Kommentator vielfach unterwegs. Und ganz, ganz oft werden und wurden Fragen/Kommentare hier mit "Bitte genau lesen" oder "Bitte alles lesen" beantwortet und haben -den entsprechenden Willen vorausgesetzt- zur Auflösung beigetragen.
Das hätte auch in diesem Fall geholfen und Ihr Kommentar hätte sich erübrigt.

Woran liegt's denn, dass dieselben Dinge immer und immer wieder erklären muss? 🤷‍♂️

goffman am 17.02.2023

Lesen Sie eigentlich mehr als die Überschriften? Focus:
"Die drei rätselhaften, jüngst vom US-Militär abgeschossenen Flugobjekte waren US-Präsident Joe Biden zufolge höchstwahrscheinlich zu Forschungszwecken unterwegs. Nach Einschätzung der Geheimdienste gehörten sie wohl Privatunternehmen oder Forschungseinrichtungen, wie Biden am Donnerstag in Washington sagte. ... Nachdem das US-Militär am 4. Februar einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon abgeschossen hatte, holte es seit Ende vergangener Woche drei weitere bisher nicht identifizierte und kleinere Flugobjekte vom Himmel."

Der Ballon, um den es hier beim MDR geht, war nachweislich aus China, höchstwahrscheinlich zu Spionagezwecken. Danach wurden drei weitere Flugobjekte abgeschossen, bei denen Zweck und Herkunft zumindest offiziell noch unklar sind.

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