Ein Hund sitzt angeleint an einem Zaun im Gras. Hinter ihm ist am Zaun ein Schild mit der Aufschrift "Tierheim" angebracht.
Viele Tierheime haben nach der Pandemie mit mehr abgegebenen Tieren, höheren Kosten und weniger Spenden zu kämpfen (Symbolbild). Bildrechte: IMAGO/ Shotshop

Haustiere Druck auf Tierheime steigt durch Pandemie, Krieg und Inflation

22. Juni 2022, 14:38 Uhr

Viele Tierheime in Mitteldeutschland stehen durch Pandemie, Krieg und Inflation vor großen Herausforderungen. Bei vielen steigen die Kosten, während die Spenden sinken und immer mehr Tiere aufgenommen werden müssen. Manche Heime befinden sich am Rand ihrer Kapazitäten.

Die Tierheime in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen haben mit zunehmend schwierigen Bedingungen zu kämpfen. Besonders häufig wird die Finanzierung der Betriebe zur Herausforderung. Die Tierheime sind teilweise schon seit Jahren von finanziellen Engpässen betroffen, die sich nun angesichts der aktuellen Preissteigerungen weiter verschärft haben.

Energie- und Futterkosten sind unter anderem als Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine gestiegen, ebenso wie die Personalkosten, die durch die Einführung des Mindestlohns in vielen Einrichtungen weiter steigen werden. Sophia Bigalk vom Tierheim Jena sagte, man rechne mit doppelten Heiz- und Stromkosten in diesem Jahr.

Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund sieht hinter der Finanzierungsunsicherheit der Tierheime ein strukturelles Problem. Sie sagte dem MDR, nahezu alle Tierheime seien auf Spenden, Sponsoren, Mitgliedsbeiträge und ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen. Denn die sogenannten Fundtierpauschalen, die die Kommunen den Tierheimen für die Versorgung entlaufener Tiere zahlen, sind demnach häufig nicht kostendeckend angesetzt. Dies sorge bei vielen Tierheimen für Probleme. Besonders, weil viele Tierheime auch Sanierungs- und Umbauarbeiten durchführen müssten.

Vertragszahlungen für Fundtiere als kommunale Pflichtaufgabe

Eigentlich ist es die Aufgabe der Kommunen, sich um sogenannte Fundtiere, also entlaufene Haustiere, zu kümmern. Viele Kommunen machen diese Arbeit aber nicht selbst, sondern bezahlen Tierheimen eine Pauschale dafür, dass diese sich stellvertretend um solche Tiere kümmern. Die Kommunen können über die Beträge frei entscheiden. Die Gelder sind laut Tierschutzbund und vielen Tierheimen in vielen Kommunen zu knapp bemessen und teilweise nur mit hohem bürokratischen Aufwand abrufbar, so dass die Tierheime für die Versorgung der Tiere draufzahlen müssen.

Auf Nachfrage bestätigten dies mehrere Tierheime aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Maik Hasert vom Tierheim Delitzsch, Carmen Koch vom Tierheim in Gardelegen und Oliver Fasse vom Tierheim Oelzschau berichten zudem, die Spendenbereitschaft habe im Zuge der Pandemie nachgelassen. Das ist aber nicht überall so: In Jena freut sich Tierheimleiterin Sophia Bigalk über eine ungebrochen hohe Spendenbereitschaft, ebenso wie Astrid Finger im Burger Tierheim.

Mehr Tiere müssen betreut werden

Als Folge der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine hat sich laut Lea Schmitz vom Tierschutzbund nicht nur die finanzielle Situation vieler Tierheime verschärft, sondern auch die Anzahl der Tiere erhöht, die in vielen Tierheimen betreuut werden müssen.

In der Corona-Pandemie seien in vielen Tierheimen mehr Tiere als üblich abgegeben worden. So auch in Leipzig, wie Micheal Sperlich vom Ersten Freien Tierschutzverein in Leipzig berichtet. Mutmaßlich liege das daran, dass Menschen sich während der Pandemie ein Tier angeschafft hätten, ohne sich ganz der Verantwortung bewusst gewesen zu sein. Durch den Krieg in der Ukraine seien dann weitere Tiere aus der Ukraine und Rumänien hinzugekommen.

Gleichzeitig sei der Markt für Haustiere gerade gesättigt, weil viele Menschen sich gerade erst Tiere angeschafft hätten. Das sorge dafür, dass weniger Tiere aus den Tierheimen zu neuen Besitzerinnen und Besitzern wechselten. Auch Oliver Fassau vom Tierheim Oelzschau berichtet davon, dass es zeitweise Abgabewellen von Tieren gegeben habe, die meist unüberlegt angeschafft würden. Tierheime aus allen drei Ländern geben an, dass besonders große Hunde und als Gefahrenhunde eingestufte Tiere kaum vermittelbar seien.

Tierheime appellieren an Verantwortung der Tierhalter

Zur Problemlösung appellieren viele Tierheime an erster Stelle an die Tierhalter, sich verantwortungsvoll zu verhalten. Maik Hasert vom Tierheim Delitzsch sagt, eines der größten Probleme der Tierheime und Tiere sei die unüberlegte Anschaffungen von Tieren über Internetplattformen. Ähnlich äußern sich Sophia Bigalk aus Jena und Oliver Fasse aus Oelzschau. Beide sagen, es sei erschreckend, wie leichtfertig Tiere zum Teil bei kleinen Problemen abgegeben würden. Es brauche mehr Verantwortungsbewusstsein für die Tiere.

Beim Punkt der Finanzierung gehen die Meinungen auseinander. Lea Schmitz und Kevin Schmidt vom Tierschutzbund sind der Meinung, dass die Fundtiergelder der Kommunen in vielen Fällen erhöht werden sollten. Sie schlagen vor, übergangsweise Bundesmittel zur Verfügung zu stellen, bis sich die Lage sich entspannt hat. Dagegen sagt Sophia Bigalk vom Tierheim Jena, man wünsche sich weiterhin ein gutes Vertragsverhältnis mit der Stadt und eine koninuierliche Unterstützung durch die Öffentlichkeit und das Land Thüringen.

MDR (Leonard Schubert, Max Hensch)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 18. Juni 2022 | 10:00 Uhr

1 Kommentar

kleinerfrontkaempfer am 22.06.2022

Gut möglich das sich Tierliebhaber entscheiden die Vorräte für Mausi oder Rex auf den eigenen Teller zu platzieren. Und die Kosten für den Tierarzt helfen einen halbwegs warmen Winter zu erleben.

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