Auto oder Zug9-Euro-Ticket lohnt sich für Pendler nur bedingt
Morgens früher aufstehen und abends spät zu Hause sein: So sieht mancher Pendleralltag aus. Wenn es schlecht läuft, steht man mit dem Auto dann noch im Stau. Eine Alternative könnte das 9-Euro-Ticket darstellen. Doch der Umstieg auf den Zug rechnet sich MDR-Recherchen zufolge zeitlich für die meisten wohl nur bedingt.
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Das 9-Euro-Ticket soll die Bürgerinnen und Bürger bei den aktuell hohen Spritpreisen unterstützen und einen Umstieg auf den Nahverkehr finanziell erleichtern. Für neun Euro im Monat den öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen, ist da schon verlockend – vor allem für Pendler und Pendlerinnen, die sonst auf das Auto angewiesen sind.
Preislich scheint das Ganze ein riesiger Vorteil zu sein. Ob sich der Umstieg für Pendlerinnen und Pendler vom Auto auf den Zug aber auch zeitlich lohnt, hat der MDR anhand von neun Strecken mit Start in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen durchgerechnet.
Über die Daten
In den Streckenbeispielen wird von einer Pendlerin oder einem Pendler ausgegangen, der seiner Arbeit in einem klassischen Nine-to-five-Job nachgeht. Da, wie im realen Leben, meist auch ein zeitlicher Puffer auf dem Arbeitsweg eingeplant wird, bewegt sich die Ankunftszeit der Züge in allen Beispielen um 08:30 Uhr herum. Gemessen wird hier die Zeit, die ein Zug im Nahverkehr von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof benötigt. Bei der Fahrstrecke für den PKW ist der Ausgangspunkt jeweils das Stadtzentrum. Die Rush-Hour-Zeiten wurden hier nicht berücksichtigt.
Untersucht wurden die Strecken:
Halle – Magdeburg
Halle – Leipzig
Stendal – Wolfsburg
Dresden – Leipzig
Mittweida – Chemnitz
Kamenz – Dresden
Jena – Erfurt
Erfurt – Eisenach
Altenburg – Leipzig
Auf diesen Strecken spart man mit dem Zug am meisten Zeit
Von den neun untersuchten Strecken spart man mit dem Zug auf der Strecke von Jena nach Erfurt in Thüringen mit 18 Minuten am meisten Zeit ein. Hier sitzen Pendler statt 47 Minuten im Auto lediglich 29 Minuten in der Regionalbahn.
Ähnlich schnell sind Pendlerinnen und Pendler auf der Strecke zwischen Mittweida und Chemnitz in Sachsen. Hier ist der Zug 18 Minuten schneller als das Auto – statt 31 Minuten auf der Straße, verbringt man 13 Minuten auf der Schiene.
Strecke | Zug am 01. Juni 2022 | Auto |
---|---|---|
Jena-Erfurt | 29 Minuten mit RB um 07:38 Uhr | 47 Minuten über A4 |
Mittweida-Chemnitz | 13 Minuten mit RB um 08:33 Uhr | 31 Minuten über A4 |
Erfurt-Eisenach | 44 Minuten mit RB um 07:05 Uhr | 58 Minuten über A4 |
Auf Platz drei ist die Strecke von Erfurt nach Eisenach in Thüringen. Hier können Pendler 14 Minuten Zeit gewinnen, indem sie statt mit dem Auto mit der Regionalbahn fahren.
Diese Strecken sind mit dem Auto schneller
Etwas weniger als die Hälfte der untersuchten Strecken ist mit dem Auto schneller zu bestreiten als mit dem Zug. Im Vergleich lohnt sich die Fahrt mit dem Zug von Dresden nach Leipzig eher weniger. Hier ist die Fahrt mit dem Auto mit 17 Minuten Differenz deutlich schneller. Statt einer Stunde und 44 Minuten Zugfahrt verbringt man nur eine Stunde und 27 Minuten im Auto.
Mit sechs Minuten Unterschied ist das Auto auf der Strecke von Halle nach Magdeburg in Sachsen-Anhalt schneller und belegt im Vergleich der neun Strecken somit den zweiten Platz. Statt einer Stunde und acht Minuten im Regionalexpress verbringen Pendlerinnen und Pendler auf der Straße eine Stunde und zwei Minuten.
Fast ausgeglichen ist hingegen die Zeitersparnis auf der Strecke zwischen Kamenz und Dresden. Lediglich zwei Minuten ist das Auto hier theorethisch schneller als die S-Bahn.
Strecke | Zug am 01. Juni 2022 | Auto |
---|---|---|
Dresden-Leipzig | 1 Stunde 44 Minuten mit RE um 06:06 Uhr | 1 Stunde 27 Minuten über A14 |
Halle-Magdeburg | 1 Stunde 8 Minuten mit RE um 07:14 Uhr | 1 Stunde 2 Minuten über A14 |
Kamenz-Dresden | 52 Minuten mit S-Bahn um 07:29 Uhr | 50 Minuten über A4 |
Bis auf zwei Strecken keine Umstiege
Bis auf die Strecken Altenburg – Leipzig und Stendal – Wolfsburg kann man bequem mit dem Zug von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof fahren.
Auf beiden Strecken ist jeweils nur ein Umstieg vorgesehen. Auf der Strecke von Stendal nach Wolfsburg spart man trotz des Umstiegs sogar zwölf Minuten im Vergleich zur Fahrt mit dem Auto. Während man mit dem Auto eine Stunde und 18 Minuten fährt, braucht man mit dem Zug im Nahverkehr eine Stunde und sechs Minuten.
Zug am 1. Juni 2022 | Umstiege |
---|---|
Stendal-Wolfsburg mit RB, RE um 07:03 Uhr | 1 Umstieg in Oebisfelde (4 Minuten Umsteigezeit) |
Altenburg-Leipzig mit Bus, S-Bahn um 07:22 Uhr | 1 Umstieg in Regis-Breitingen (10 Minuten Umsteigezeit) |
Auf der Strecke zwischen Altenburg und Leipzig ist man da theoretisch mit dem Auto deutlich schneller – und zwar ganze sechs Minuten. Statt 59 Minuten im Zug verbringt man nur 53 Minuten im Auto.
Das Ticket lohnt sich nur bedingt
Ob sich durch das 9-Euro-Ticket ein Umstieg für Pendler vom Auto auf den Zug lohnt, hängt von Faktoren ab, die hier nicht berücksichtigt werden können. Dazu zählen Staus, Zugausfälle und Rush-Hour-Zeiten. So ist anhand der reinen Fahrzeit aber zu erkennen, dass sich das Ticket hier nur auf bestimmten Strecken richtig lohnt.
Auf den Strecken, auf denen Pendler mit dem Zug schneller als mit dem Auto sind, beträgt die Zeitersparnis im Durchschnitt 13 Minuten. Allerdings brauchen Pendler auch Zeit, um zum Bahnhof und vom Bahnhof zum Zielort zu kommen. Am Ende ergibt die Zeitersparnis wahrscheinlich Plus-Minus Null.
Wer aber statt Zeit Spritkosten und Stress im Berufsverkehr sparen will, für den lohnt sich das Ticket allemal. Vorraussetzung ist aber dann auch ein pünktlicher Zug.
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MDR (Maximilian Fürstenberg)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT | 23. Mai 2022 | 06:00 Uhr
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