
Grüne wollen "Vollstreckungsoffensive" Bürokratie und fehlendes Geld verhindern Vollstreckung offener Haftbefehle
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05. Februar 2025, 06:40 Uhr
Die Grünen fordern eine Vollstreckungsoffensive von Abschiebe-Haftbefehlen. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sieht derzeit jedoch wenig Möglichkeiten für den Vorschlag. Laut Sachsens Landesvorsitzendem Torsten Schmortte bremse beispielsweise der Haushaltsstopp bei der sächsischen Polizei die Fahndung nach Kriminellen aus, die abtauchen, um der Abschiebung zu umgehen. Um Haftbefehle schneller zu vollstrecken, brauche man mehr Personal und eine bessere digitale Vernetzung der Behörden.
- Die Grünen fordern mit ihrer Idee einer "Vollstreckungsoffensive" die Umsetzung aller Haftbefehle von Islamisten und Extremisten.
- Wegen Personalmangel und dem Haushaltsstopp können die vorhandenen Gesetze nicht umgesetzt werden.
- Torsten Schmortte vom Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert deswegen mehr Personal und eine bessere digitale Vernetzung der Behörden.
Plenarsitzung im Bundestag am 29. Januar: Nachdem CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz für eine Verschärfung der Asylpolitik geworben hat, tritt Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck ans Pult. Er sagt: Ja, die Sicherheit in Deutschland ist bedroht.
Dann skizziert Habeck, was jetzt Eingang in sein Zehn-Punkte-Programm gefunden hat: "Wir haben in Deutschland 170.000 nicht vollstreckte Haftbefehle – 37.000 davon in Bayern. 1.000 davon sind gegenüber Gewalttätern oder Straftätern, die Gewaltverbrechen begangen haben. Eine Vollstreckungsoffensive würde das Land sofort sicherer machen." Im Blick hat er vor allem Islamisten und Extremisten.
Haushaltsstopp erschwert Arbeit der Behörden
Die Gesetze sind da, sie werden aber nicht ausreichend umgesetzt. So in etwa sieht das auch Hans Vorländer. Er ist Direktor des Dresdner Mercator Forums Migration und Demokratie. Ende Januar sagte er am Rande einer Diskussionsveranstaltung über die europäische Migrationspolitik: "Wir wissen ganz genau, dass beispielsweise der Attentäter in Magdeburg schon bei vielen Stellen in den Behörden vorstellig geworden ist, angedroht hat, dass er Anschläge machen will. Soweit man das rekonstruieren kann, gibt es etwa 100 solcher Vorgänge und die Verwaltung." Die Behörden hätten darauf nicht reagiert.
Torsten Schmortte ist sächsischer Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Das Problem, das Vorländer beschreibt, kennt er. Die Gründe: Bürokratie, ineffiziente Strukturen und fehlendes Personal bei Polizei und Justiz. "Aktuell haben wir das Problem, dass wir einen Haushaltsstopp haben bei der sächsischen Polizei. Es werden die essenziellen Aufgaben priorisiert. Kriminelle tauchen häufig unter, um der Abschiebung zu entgehen. Der ganze derzeitige Haushaltsstopp bremst aber auch die Fahndung und den operativen Zugriff, weil gespart wird, wo es nur geht."
Mehr als 10.000 nicht vollstreckte Haftbefehle
Wie viele Haftbefehle in Sachsen-Anhalt und Thüringen derzeit offen sind, ist unklar. Das Landeskriminalamt in Sachsen nennt auf Anfrage von MDR AKTUELL gut 10.500 nicht vollstreckte Haftbefehle zum Stichtag 1. Januar. Die Zahl ist eine Momentaufnahme und kann sich bereits geändert haben.
Außerdem können für eine Person mehrere Haftbefehle bestehen. Torsten Schmortte: "Da sehen wir, dass die Aufenthaltsorte der gesuchten Straftäter häufig unbekannt sind. Das ist besonders der Fall bei Personen ohne festen Wohnsitz oder mit wechselnder Identität. Die sind sehr schwer zu lokalisieren und deshalb sind die Haftbefehle schwer umsetzbar. Insbesondere bei der organisierten Kriminalität werden gezielt Schlupflöcher ausgenutzt."
Um Haftbefehle schneller zu vollstrecken, plädiert Torsten Schmortte für mehr Personal. Ausländische Straftäter sollten konsequenter abgeschoben werden, die Behörden müssten sich stärker vernetzen. Das will auch Sachsen-Anhalts Landesregierung und hat jetzt im Bundesrat eine Initiative für einen besseren Datenaustausch eingebracht.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 05. Februar 2025 | 06:08 Uhr