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BundesverfassungsgerichtKarlsruhe verhandelt über Finanzierung AfD-naher Stiftung

25. Oktober 2022, 17:56 Uhr

Die AfD fühlt sich von der Regierung und den anderen Parteien benachteiligt: Die Afd-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung wird, anders als andere politische Stiftungen, nicht staatlich bezuschusst. Aus diesem Grund hatte die Partei vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Das berät seit Dienstag darüber, ob es ein Recht auf Gleichheit bei der Stiftungsförderung gibt und ob für die Stiftungsfinanzierung ein eigenes Gesetz her muss.

Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag mit der mündlichen Verhandlung über die Finanzierung der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung begonnen. Die Stiftung wird, anders als andere politische Stiftungen, nicht staatlich bezuschusst. Die Afd sieht sich dadurch in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt und hat vor dem Karlsruher Gericht geklagt. Die Partei ist der Ansicht, dass der Stiftung wegen ihrer breiten Vertretung in den Landtagen schon seit 2018 Fördergelder zustehen. Zwei Eilanträge auf Auszahlung hatte das Verfassungsgericht 2020 und 2022 zurückgewiesen.

Stiftungsfinanzierung nicht gesetzlich geregelt

Ein Finanzierungsgesetz, dass die Zuschüsse an parteinahe Stiftungen regelt, gibt es nicht. "Eine eigenständige gesetzliche Regelung existiert nicht", sagte Gerichtsvizepräsidentin Doris König am Dienstag in ihrer Einführung.

Der Zweite Senat will nach ihren Worten nun klären, ob es überhaupt ein Recht auf "gleichheitsgerechte Stiftungsförderung" gibt.

Und die Richterinnen und Richter wollen vor allem eine Antwort auf die Frage finden, ob die Zuschüsse in einem besonderen Gesetz geregelt werden müssen. Ein Urteil wird erst in einigen Monat erwartet.

Finanzierung bislang Sache des Bundestags

Über die Finanzierung parteinaher Stiftungen entscheidet bislang der Bundestag im Zuge der Haushaltsberatungen. Er orientiert sich dabei unter anderem an einer gemeinsamen Erklärung der etablierten politischen Stiftungen von 1998. Demnach sollen Stiftungen dann gefördert werden, wenn die ihnen nahe stehende Partei mindestens zweimal hintereinander in den Bundestag einzieht.

Im aktuellen Haushaltsgesetz wurde festgelegt, dass nur solche Stiftungen Zuschüsse bekommen sollen, die für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten. Sie dürfen nicht gewährt werden, "wenn begründete Zweifel an der Verfassungstreue von Organen oder Beschäftigten bestehen". Auf Basis dieser Bestimmung ist im Bundeshaushalt kein Geld für die Afd-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung vorgesehen, obwohl die AfD 2021 bereits das zweite Mal in den Bundestag gewählt wurde.

Weder können wir mit den jährlich rund 12.000 Bildungsveranstaltungen der anderen Stiftungen mithalten, noch ist es uns möglich, Stipendien zu vergeben oder ein Parteiarchiv aufzubauen. Von den geforderten Auslandskontakten ganz zu schweigen.

Erika Steinbach, Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung | dpa

AfD findet übrige Parteien "anmaßend"

Es sei "absurd", dass andere Fraktionen und Parteien sich "anmaßten, Richter zu spielen" über die Verfassungsmäßigkeit von Stiftungen, sagte AfD-Vize Peter Boehringer vor der Verhandlung in Karlsruhe. Die beiden Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel erklärten, die Stiftung und über sie die AfD würden "von den Konkurrenzparteien und der Bundesregierung seit 2018 systematisch benachteiligt".

Die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach ist Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung und AfD-Mitglied Bildrechte: imago images / Metodi Popow

Die Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung, Erika Steinbach, bemängelte, dass ihre Stiftung mit den jährlich rund 12.000 Bildungsveranstaltungen der anderen Stiftungen nicht mithalten könne. Es sei ihnen außerdem nicht möglich, Stipendien zu vergeben oder ein Parteiarchiv aufzubauen.

Die AfD will daher feststellen lassen, dass der Ausschluss von der Förderung gegen Verfassungsrecht verstößt. Ihre Organklage richtet sich gegen den Bundestag, den Haushaltsausschuss, die Bundesregierung, das Innen- und das Finanzministerium.

Es darf kein Geld aus Bundesmitteln dazu verwendet werden, rechte Kaderschmieden zu fördern.

Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion | AFP

FDP will Stiftungsgesetz mit festen Kriterien

Die FDP fordert stattdessen, staatliche Zuschüsse für die Desiderius-Erasmus-Stiftung per Gesetz zu verhindern. Es dürfe kein Geld aus Bundesmitteln dazu verwendet werden, "rechte Kaderschmieden zu fördern", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".   

FDP-Politiker Stephan Thomae will, dass eine Stiftung erst dann Fördermittel erhält, wenn die ihr nahestehende Partei mindestens drei volle Wahlperioden im Bundestag vertreten ist. Bildrechte: IMAGO / Jürgen Heinrich

Nach seinen Worten braucht es "ein Stiftungsgesetz mit festen Kriterien". Darin solle festgelegt werden, dass eine Stiftung erst dann Fördermittel erhält, wenn die ihr nahestehende Partei mindestens drei volle Wahlperioden im Bundestag vertreten ist. Auch die den Grünen und Linken nahe stehenden Stiftungen hätten staatliche Gelder erst zwölf beziehungsweise 15 Jahre nach dem erstmaligen Einzug in den Bundestag erhalten, sagte der FDP-Politiker.

Stiftungen müssen wirtschaftlich und organisatorisch unabhängig sein

Gefördert werden politische Stiftungen, weil sie einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung leisten. Voraussetzung ist, dass die Angebote allen offen stehen. Die Stiftungen müssen deshalb von den Parteien, denen sie ideell nahe stehen, wirtschaftlich und organisatorisch unabhängig sein.

Im Moment erhalten die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU), die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD), die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP), die Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linke), die Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne) und die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU) staatliche Zuschüsse. 2022 wurden die genannten Stiftungen mit insgesamt 148 Millionen Euro gefördert. Für bestimmte Aufgaben können die Stiftungen auch noch Geld aus den Etats anderer Ministerien und vom Bundestag bekommen.

AFP/dpa

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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. Oktober 2022 | 08:30 Uhr